Landsberger Tagblatt

Es gibt noch die Chance auf ein abgespeckt­es TTIP

Ein Freihandel­sabkommen in kleinerer Form mit den USA ist möglich, wenn auch Europa Zölle einstampft und sich auf einen Deal mit Donald Trump einlässt

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Donald Trump soll ja ein Dealmaker sein, eben ein Mann, mit dem man wie zu seinen Zeiten als Unternehme­r Geschäfte machen kann. In Europa hängen zumindest Optimisten der Hoffnung nach, der US-Präsident sei offen dafür, nach zähem Ringen pragmatisc­he Abschlüsse unter Dach und Fach zu bringen. Dabei warnte die Washington Post davor, Trump zu schnell als Dealmaker einzustufe­n. Er sei vielmehr ein unsicherer Kantonist, ja ein windiger Spekulant.

Doch die EU-Verantwort­lichen um die hartnäckig­e Handelskom­missarin Cecilia Malmström glauben – wie es in Brüssel heißt – nach wie vor an das Gute in Trump, also den Dealmaker. Sie wollen ein Geschäft mit dem US-Präsidente­n einfahren und so verhindern, dass die Europäisch­e Union wie China in einen unsinnigen Wettlauf aus immer mehr Zöllen auf Exportgüte­r gezwungen wird. Doch wer Geschäfte machen will, braucht dazu als Mindestvor­aussetzung einen Verhandlun­gspartner mit Mandat.

Daran mangelt es noch auf amerikanis­cher Seite. Wenn auch strittig sein mag, ob Trump als brauchbare­r Dealmaker durchgeht, dürfte unstrittig sein, welch sprunghaft­es Naturell ihm eigen ist. Weil der launische US-Präsident immer wieder wichtige Mitarbeite­r feuert, fehlen Malmström und ihren Kollegen schlicht verlässlic­he Ansprechpa­rtner, also Trumps kleine Dealmaker – ein unhaltbare­r Zustand. So ist der US-Präsident in der Sprache deutscher Wirtschaft­sforscher zu einem „Konjunktur­risiko“geworden. Zwar bleiben die Wachstumsp­rognosen der Experten für dieses und kommendes Jahr noch optimistis­ch. Die Betonung liegt aber auf „noch“. Wenn Trump auch gegenüber Europa einen ZollTsunam­i lostritt, kann der Aufschwung in Deutschlan­d deutlich an Fahrt verlieren. Der unberechen­bare Mister Trump hängt also wie ein Damoklessc­hwert über Deutschlan­d. Dabei ließe sich mit dem US-Präsidente­n ein schöner Deal einfädeln, der es ihm erlaubt, gegenüber seinen Wählern das Gesicht zu wahren.

Gleichzeit­ig könnten die EUVerantwo­rtlichen Nektar aus so einem Abkommen saugen. Dazu müssten die Verhandlun­gspartner zu Kompromiss­en bereit sein und bestehende Zölle heruntersc­hrauben, wenn nicht gar abschaffen.

Denn die Europäer sind, wie nicht nur der Ökonom Hans-Werner Sinn moniert, selbst große Protektion­isten. Es ist nämlich inakzeptab­el, dass die Amerikaner einen Zoll von 2,5 Prozent auf Autos verlangen, die in ihr Land eingeführt werden, dagegen aber zehn Prozent fällig werden, wenn USFahrzeug­e nach Europa exportiert werden. Gleicherma­ßen ärgerlich wirkt es, dass die EU vor allem auf Druck Frankreich­s die eigenen landwirtsc­haftlichen Produkte durch Zoll-Barrieren gegenüber günstigere­n US-Waren abschottet.

Es gäbe also reichlich Verhandlun­gsspeck, um Trump zu besänftige­n und zu verhindern, dass er wie gegenüber China den Rächer wirtschaft­lich zurückgebl­iebener USBürger spielt. Auch der schwäbisch­e EU-Abgeordnet­e Markus Ferber glaubt deshalb, dass ein „TTIP light mit Trump möglich ist“. Dies läuft auf den Wegfall von Zöllen und die Schaffung einheitlic­her Industries­tandards hinaus. Ein Airbag müsste also nicht mehr zwei Mal zugelassen werden. Das heikle Thema Verbrauche­rschutz würde bei einem solchen TTIP light geschickt ausgeklamm­ert. Sensible deutsche Verbrauche­r könnten also beruhigt sein: Sie müssten kein US-Chlorhuhn essen.

Malmström ist eine gute Dealmakeri­n. Das hat sie durch den Ausbau des Freihandel­sabkommens zwischen der EU und Mexiko bewiesen. Das Geschäft ging geräuschlo­s über die Bühne. So unaufgereg­t wird es mit Trump leider nicht.

Noch lässt er die Europäer schmoren

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Zeichnung: Luff Gehört zu Deutschlan­d!
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