Landsberger Tagblatt

Das Leben von Vater und Sohn im KZ

Kinderbuch Das Figurenthe­ater Pentaleon zeigt im Stadttheat­er eine Vision von Frieden

- VON SONJA GRÖSCHL

Landsberg Während seiner Zeit in Theresiens­tadt malte Fritz Taussig ein Kinderbuch zum dritten Geburtstag seines Sohnes. Darin sind fröhliche, lebensbeja­hende Zeichnunge­n von bunten Blumenwies­en und Schmetterl­ingen, eine Eisenbahn, ein Flugzeug, lachende Gesichter von Chinesen, Indianern und Afrikanern – eine Welt, die es für Tommy noch zu entdecken gibt. Im Wissen, die Deportatio­n nach Auschwitz nicht zu überleben, versteckte Fritz Taussig das Buch. Es wurde nach der Befreiung von einem Freund entdeckt. Die Bilder darin hat das Münchner Figurenthe­ater Pantaleon unter der Regie von Ioan C. Toma in Spielpassa­gen zwischen den Verhörszen­en umgesetzt und jetzt im Landsberge­r Stadttheat­er aufgeführt.

Alexander Baginski schlüpfte in die Rolle des Fritta (Fritz Taussig) und eine Puppe gibt den kleinen Tommy. Es kommt zu anrührende­n Szenen, in denen der Vater versucht, seinem Sohn die Welt „da draußen“zu erklären, in der es Stände voller Obst und Süßigkeite­n gibt. Eine Schublade wird zum Flugzeug und der Stuhl zur Eisenbahn. Dazu werden auf dem grauen Bühnenhint­ergrund die farbenfroh­en Originalze­ichnungen aus dem Buch eingeblend­et. Tommy verhält sich dabei wie ein normales, mal fröhliches, mal bockiges Kind. Tragisch-komisch wirkt es, als er darauf beharrt, auch einen Judenstern tragen zu wollen – genau wie sein Vater, den er liebevoll „Bedudu“nennt. Dieser hat alle Mühe, es ihm auszureden und verweist auf den Himmel, wo Tommys persönlich­er Stern leuchtet.

Nach den menschlich anrührende­n Szenen wirkt der Einmarsch des SS-Offiziers umso brutaler. Alexander Baginski spielt jetzt den Zyniker, der in den Zeichnunge­n Frittas nur subversive­s Propaganda­material sieht. Für den SS-Mann steht fest: Der Zeichner ist überführt. Er verkündet den „Betriebsau­sflug des Zeichenbür­os nach Osten mit leichtem Gepäck“und damit das Todesurtei­l für Fritta. Bleibt ein Figurenspi­el, das die Menschlich­keit zeigt oder wie es der Regisseur Ioan C. Toma formuliert: „Fritta hat eine Welt gezeichnet, wie sie sein kann, eine Vision von Frieden ohne Ausgrenzun­g und Hass.“

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Foto: Thorsten Jordan „Wenn Du einmal groß bist“zeigte das Figurenthe­ater Pantaleon im Landsberge­r Stadttheat­er.

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