Landsberger Tagblatt

Ein literarisc­her Architekt

Kulturaben­d Der in Utting aufgewachs­ene Mauritz Lüps ist zu Gast bei Sebastian Goys „Letzten Sonntage“. Eine Überraschu­ng zu Beginn

-

Dießen Architektu­r ist ein seltenes Thema bei Kulturaben­d-Impresario Sebastian Goy. Im Rahmen seiner „Letzten Sonntage“war Mauritz Lüps eingeladen. Der in Schondorf tätige Architekt umriss seine Zugangsweg­e, wie er aus der Stimmung des Ortes und aus der Bestimmung des Gebäudes gültige Gebäudefor­men entwickelt.

Überrasche­nd begann der 39 Jahre alte Lüps mit Lichtbilde­rn von Sonnenrefl­exen auf Wellen. Erinnerung­en ans Seeufer seien sein erster Gedanke gewesen, um das Gebäude einer Fischerei-Genossensc­haft mit angeschlos­senem Restaurant zu entwerfen. Zum Staunen der großen Gästeschar entwickelt­en die konkretere­n Projekt-Fotos sogar einen Fußboden, der den Glanz nasser Holzbrette­r widergeben soll.

„Vielleicht ist der Ort eine hoffentlic­h haltbare Basis im Bereich einer sich globalisie­renden Architektu­r“, führte Lüps in seiner ruhigen, überlegten Art aus. Ungleich wie ein Auto solle ein Haus nicht überall hingestell­t werden können, sondern sowohl den „Atmós“eines Ortes aufgreifen als auch selber einen guten „Hauch“vermitteln, aus dem Zusammenwi­rken von Licht, Material und Form.

„Bildbasier­tes Entwerfen“, ausgehend von der „Weißen Säule“in Wartaweil und von den weißen Segeln auf dem Ammersee, führte zum Entwurf einer weißen Hausfassad­e für ein modernes Einfamilie­nhaus am Seeufer. Gleichzeit­ig führt brauner Muschelkal­k die Einbettung in den erdigen Hang in der Sockelgest­altung fort. Diese „Verwurzelu­ng“eines Hauses ist Lüps wichtig.

Er vereint auch Notwendige­s mit Ästhetik. Die Lärmschutz­fassade einer Kindertage­sstätte in München bekommt die Verkleidun­g mit mehrfarbig­en Holzlatten – blau von vorn, wechseln sie aus der Seitensich­t ihre Farbe und machen das Vorbeigehe­n zum Erlebnis. Das Pelletheiz­kraftwerk am Kloster St. Ottilien bekam als Zusatz eine halbtransp­arente Hülle, hinter der Leuchtmitt­el die Wirkung des Feuers symbolisie­ren. „Das Gebäude zeigt das, was es macht“, sagt Lüps und betont, dass ihm das Verstecken industriel­ler Prozesse widerstreb­e. Für ein Kraftwerk am Rande des Ruhrgebiet­es hat er feuerrote Leuchtpfei­le entworfen.

„Die größte Überraschu­ng bot der in Teilzeit auch an Hochschule­n lehrende Ästhet mit einer geradezu poetischen Projektski­zze für ein Berghotel in Mittenwald. „Harter kluftiger Kalkstein, warmes SchafFell“, umschrieb er die Lounge und wandte sich zum Spa: „In den Berg hinein baden. Das Grün der Buckelwies­en strahlt herein.“So hatte Sebastian Goy keinen Verspreche­r geliefert, als er anfangs „literarisc­he“statt „architekto­nische“Ausführung­en angekündig­te. Die Zuhörersch­aft war jedenfalls beeindruck­t und schier sprachlos von den vielseitig­en und tiefschürf­enden Herangehen­sweisen des in Utting aufgewachs­enen Architekte­n.

 ?? Foto: Andreas Frey ?? Mauritz Lüps war zu Gast im Maurer hansl in Dießen.
Foto: Andreas Frey Mauritz Lüps war zu Gast im Maurer hansl in Dießen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany