Wenn sich ein Verdacht bestätigt
Ausgrabungen Bei der Erweiterung eines Gewerbegebiets wurde in Raisting Historisches aus der Keltenzeit entdeckt
Raisting Das Landesamt für Denkmalpflege hatte schon so eine Ahnung. Daher wurde die Erweiterung des bestehenden Gewerbegebiets im Südosten von Raisting aufmerksam verfolgt. Das Areal dort war als „Verdachtsfläche“deklariert. Das bedeutet: Baut dort jemand, muss vorher ein Archäologe ran. Und ein solcher wurde jetzt fündig.
Der erste Bauwerber hat auf einem rund 3500 Quadratmeter großen Areal bereits mit den vorbereitenden Arbeiten für den Bau einer Fertigungshalle mit Ausstellungsgebäude begonnen. Von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landratsamts Weilheim-Schongau wurde ihm zur Auflage gemacht, einen Archäologen zu beauftragen. Es wurde angenommen, dass in dem Gebiet einst die Römerstraße verlaufen ist und/oder sich dort eine vorgeschichtliche Siedlung befindet.
Vergangene Woche wurde der Archäologe Stefan Mühlemeier von der Firma Phoinix aus Pöcking tatsächlich fündig. Aber die Funde auf dem Gewerbegrund stammen nicht aus der Römerzeit, sondern sind wesentlich älter. Er ist auf eine Gruppe von mehreren Brandgräbern aus der späten Keltenzeit, also aus den Jahren 200 bis 100 vor Christus, gestoßen. Bei den Funden handelt es sich unter anderem um ein verbogenes Schwert, das in Teilen zerlegt aufgefunden wurde, sowie um eine Lanzenspitze aus einem Männergrab. Des Weiteren um eine sogenannte Fibel (Gewandnadel) aus Eisen und einen Glasarmreif aus einem Frauengrab. Auch Reste ver- Knöchelchen wurden ausgegraben, rostige Metallteile und Keramikscherben kamen im Oberboden, etwa 30 bis 40 Zentimeter unter der Erde, zum Vorschein. „Die Funde müssen nun konserviert und möglicherweise restauriert werden“, schildert Stefan Mühlemeier das weitere Vorgehen.
Die Grabstätten an dieser Stelle seien im Laufe der Jahrtausende etwa durch Überschwemmungen der Ammer in Mitleidenschaft gezogen worden. Auch wenn das Areal in den vergangenen Jahrzehnten als Wiese genutzt wurde, sei es möglich, dass der Boden vorher beackert worden ist. Das Gelände sei ursprünglich wesentlich welliger gewesen und die Gräber seien zur dabrannter maligen Zeit auf Kuppen angelegt worden. Der Fund bringt es mit sich, dass bei den weiteren geplanten Gewerbebauten noch genauer hingeschaut wird, so der Archäologe. Auf dem Areal müsse „damit gerechnet werden, dass sich die Funde auf dem Nachbargrundstück fortsetzen“.
Eine Bauverzögerung durch die mehrtägigen archäologischen Grabungen habe es laut Bauwerber nicht gegeben. Rechtlich gesehen ist der Grundstückseigentümer Besitzer der Funde. Doch laut Mühlemeier müssen diese erst dokumentiert und an das Landesamt zur konservativen Behandlung weitergegeben werden. Der Fachmann rät der Gemeinde, nach Durchführung der archäologischen Untersuchungen im Zuge der Straßenbaumaßnahmen in dem Gewerbegebiet zu entscheiden, wie mit den übrigen, noch nicht verkauften Grundstücken, verfahren wird.
Bürgermeister Martin Höck sagt, dass auch für den Straßenbau die denkmalrechtliche Erlaubnis eingeholt und das Gelände archäologisch untersucht werden müsse. Anschließend werde entschieden, wie man damit umgehe. Eines sei jetzt schon klar: „Alle Bauwerber werden gleich behandelt.“