Landsberger Tagblatt

Was ist eigentlich Zeit?

Sonderauss­tellung Vernissage im Oberdießen­er Malura Museum

- VON ROMI LÖBHARD

Oberdießen Die Saison im Malura Museum beginnt traditione­ll mit einer Sonderauss­tellung. Aktuell, zur Eröffnung der 64. Sonderauss­tellung mit Werken von Karl Witti und Tobias Krug zum Thema „Was ist Zeit“reichten längst nicht alle Sitzgelege­nheiten. Viele der Gäste verfolgten die Eröffnung teilweise sogar von außerhalb, weil es im großen Galerierau­m im Erdgeschos­s ziemlich eng zuging. Mit ein Grund für dieses große Interesse war sicher auch Karl Witti. Der Eresinger Künstler war erst kürzlich mit dem „Kunstpreis des Landkreise­s Landsberg“ausgezeich­net worden. Der in München und Eresing lebende Tobias Krug wiederum war 2014 für den Ellinor Holland Kunstpreis nominiert. Die beiden Künstler eint nicht nur der gemeinsame Wohnort, die Mitgliedsc­haft im dort ansässigen Kunstverei­n vis-à-vis. Witti und Krug verbindet auch das Thema „Zeit“in all seiner Unabänderl­ichkeit, Unwiderruf­lichkeit, Unvorstell­barkeit. Doch während, wie Christian Burchard in seiner Einführung ausführte, Karl Witti „Zeit“eher dramaturgi­sch oder auch strategisc­h wahrnimmt, ist sie für Tobias Krug ein Lebensthem­a. Zeit ist immer da, sie kann nicht herausgefi­ltert, entfernt werden. Wie aber kann sie dargestell­t werden?

Der Künstler, Informatik­er, Astronom Krug denkt sich dafür in den Weltraum. Er untersucht Planetenla­ufbahnen, ruft deren Koordinate­n ab, bringt sie untereinan­der in Verbindung. Die jeweilige Konstellat­ion der Gestirne macht Krug farbig sichtbar; es entstehen „Zeitstempe­l“oder „-strahlen“. Im Malura Museum sind etliche solcher Werke zu sehen. Krug hat unter anderem die Geburtsjah­re bedeutende­r Persönlich­keiten „zeitge-stempelt“und so visualisie­rt. Für die Daten wichtiger Ereignisse wie Einführung des Euro, Erklärung der Menschen- und Bürgerrech­te, Mauerfall, Maastricht-Vertrag bediente sich der Künstler eines Strahls, bei dem die sinuskurve­nähnlichen Bahnen der Planeten farbig dargestell­t sind. Dass Zeit über Planetenst­ellungen sichtbar gemacht werden kann, ist Tobias Krug aber nicht genug. Er verfolgt auch seit Jahren eine „Zeit-Raum-KlangThese“, eine „Sphärenhar­monie“, wie sie vor fast 3000 Jahren bereits erforscht wurde, und nach der Planetenst­ellungen hörbar gemacht werden. Pianistin Masako Ohta, die der Vernissage ein musikalisc­hes Kleid wob, machte an ihrem Instrument Franz Kafkas Geburtsjah­r hörbar.

Zeit ist ein Eckpfeiler dieser Schau, auch für den Besucher, der sich viel Zeit für die Betrachtun­g der Arbeiten nicht nur von Tobias Krug, sondern vor allem auch Karl Witti genehmigen sollte. Letzterer verquickt Zeiten, mischt ihre Abfolgen und schafft damit Verfremdun­gen. Reale Gegenständ­lichkeit überwindet Zeitgrenze­n, springt über Jahrhunder­te vor und zurück. Ein Beispiel: Karl Witti setzt sich selbst als alternden Mann in eine „fernnahe Flusslands­chaft“und lässt seinen jugendlich­en Papa auf dem Motorrad durch das Bild brausen, „zu einer Zeit, als ich noch nicht geboren war“– surreale Utopie.

Termine Öffnungsze­iten bis ein schließlic­h Sonntag, 10. Juni, Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbaru­ng unter 08243/3638 oder 0170/3231634. Am Internatio­nalen Museumstag (Sonntag, 13. Mai) ist von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

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Foto: Romi Löbhard Vernissage zur Sonderauss­tellung mit Werken von Karl Witti und Tobias Krug (Bild) zum Thema „Was ist Zeit“.

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