Geboren im DP Lager
Erinnerung 1948 gab in Landsberg ein Orchester mit Holocaust-Überlebenden, das Leonard Bernstein leitete, ein Konzert. Jetzt besuchen etliche Gäste die Stadt. Zum Beispiel Anat Bar-Cohen, die 1947 in Türkheim zur Welt kam
Landsberg Im März, als er eigentlich in Landsberg seinen 90. Geburtstag feiern wollte, lag Abba Naor krank danieder. Jetzt ist der Vizepräsident des Internationalen Dachau-Komitees und Überlebende der KZ-Außenlager Kaufering wieder genesen und holt seinen Landsberg-Besuch nach. Vor Ort machte er sich ein Bild von den Vorbereitungen zur Internationalen Jüdisch-Deutschen Festwoche, die gestern Abend mit einer Filmvorführung im Stadttheater begonnen hat.
Außerdem wurde die Ausstellung „Von Litauen nach Landsberg“eröffnet. Sie war bereits im März in der Säulenhalle zu sehen und wird jetzt noch einmal gezeigt, diesmal in einer englischen Version für die rund 20 Gäste aus Amerika, Israel, Kanada, England und Neuseeland, die zur Festwoche kommen – und auch im Hinblick auf weitere Stationen unter anderem in den Vereinigten Staaten. Im Rathausfoyer wird sie bis 27. Mai gezeigt.
Die Ausstellung spannt einen weiten zeitlichen und örtlichen Bogen zwischen Landsberg und Litauen. Denn viele Juden, die später in Osteuropa lebten, wurden im Laufe des Mittelalters aus Mitteleuropa vertrieben. Auch in Landsberg sind Spuren jüdischen Lebens aus dem Mittelalter erkennbar. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges waren viele Litauer in den Außenlagern in Kaufering und Landsberg inhaftiert. Die Ausstellung stellt auch dar, wie sich im 19. und 20. Jahrhundert der Antisemitismus entwickelte, und stellt Biografien von Opfern und Tätern gegenüber.
Einer der Litauer, die die Kauferinger Außenlager überlebten, ist Abba Naor. Er ist auch Schirmherr des Wolf Durmashkin Composition Award. Dieser Wettbewerb für wurde in Erinnerung an ein Konzert am 10. Mai 1948 im Landsberger Displaced-Persons-Lager mit Leonard Bernstein und Musikern, die den Holocaust überlebt hatten, ausgerufen. Die Siegerkompositionen werden im Rahmen des JubiläumskonNachwuchskomponisten zertes am Donnerstag, 10. Mai, jeweils um 13 und 20 Uhr im Stadttheater uraufgeführt. Das hochkarätig ausgerichtete Konzert gestaltet das Kammerorchester der Bayerischen Philharmonie unter Mark Mast mit mehreren Solisten. Dabei werden auch die Kompositionen der Preisträger aufgeführt. Karten für das Leonard-Bernstein-Jubiläumskonzert sind noch zu haben: im Stadttheater Landsberg sowie im Derpart-Reisebüro Vivell.
Unter den zur Jüdisch-Deutschen Festwoche anreisenden ausländischen Gästen befindet sich auch Anat Bar-Cohen: 71 Jahre nach ihrer Geburt hält Anat Bar-Cohen eine Kopie ihrer Original-Geburtsurkunde in der Hand. Sie wurde am 9. Mai 1947 im DP-Lager Türkheim geboren. Ihr Vater Jacob, der drei Jahre in Auschwitz überlebte, erzählte ihr viel über die Ausflüge ins DP-Lager in Landsberg.
Alt-Oberbürgermeister FranzXaver Rößle und die Journalistin und Organisatorin Karla Schönebeck ließen es sich nicht nehmen, ihr
Gäste aus Amerika, Israel, Kanada und Neuseeland
„Ich bin das erste Mal mit meiner Familie hier.“
persönlich zu gratulieren. Anat BarCohen kam eigens aus Israel nach Landsberg, um mit Überlebenden, deren Kindern, Enkelkindern und Landsbergern im Rahmen der Internationalen Jüdisch-Deutschen Festwoche dieses Ereignis zu feiern: „Ich bin das erste Mal mit meiner Familie hier und ich bin überwältigt. Zu sehen, in welcher Region ich geboren wurde, das ist etwas ganz Besonderes in meinem Leben.“
Weitere, allerdings auf geladene Gäste beschränkte Veranstaltungen der Festwoche sind die Verleihung des Wolf-Durmashkin-Preises am Mittwoch, 9. Mai, und ein Festakt zum 70. Jahrestag der Gründung des Staates Israel im Landratsamt. Dazu wird unter anderem die israelische Generalkonsulin für Süddeutschland, Sandra Simovich, erwartet. Die Festrede wird der Geschäftsführer der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten, Dr. JensChristian Wagner, halten.