Ein Ort ganz ohne Plastiktüten
Aktion In Dießen gründet sich eine Initiative. Die Idee kommt bei der Präsentation gut an. Wie sie im Einzelhandel umgesetzt werden soll
Dießen Die Marktgemeinde Dießen könnte die erste Kommune Deutschlands werden, in der auf die Verwendung von Plastiktüten verzichtet wird. Mit dieser Vision wandten sich Miriam Anton und Monika Glas aus der Marktgemeinde an den örtlichen Gewerbeverband. Mit ihrer Bestrebung stießen sie bei den Besuchern der Jahreshauptversammlung, wo sie ihre Gedanken und Pläne präsentieren durften, auf breite Zustimmung.
Die Idee zur Aktion kam den Frauen bei einer Informationsveranstaltung der Grünen. Eine Familie aus Dießen zeigte dabei auf, dass sie in ihrem Alltag nahezu ohne Plastik auskommt. Daraus hat sich nun eine Initiative gegründet, die vor Ort für weniger Plastikmüll sorgen möchte. Beim Einkauf auf Plastiktüten zu verzichten sei ein erster Schritt, so Miriam Anton. Denn weltweit werden jede Minute eine Million Plastiktüten verbraucht und gelangen jährlich zehn Millionen Tonnen Müll in die Weltmeere – 75 Prozent davon Plastik.
„Auch im Ammersee befindet sich Mikroplastik“, sagte Miriam Anton. In der Donau seien vor vier Jahren mehr Plastikteile als Fischlarven gefunden worden. Geschäfte, die keine Plastiktüten mehr ausgeben wollen, könnten mit einem Button im Schaufenster darauf hinweisen und damit dafür werben, schlug die örtliche Gewerbeverbandsvorsitzende Uschi Wacke vor. Das Rad nicht unbedingt neu zu erfinden, sondern die Stofftaschen-Aktion „Einkaufen in Dießen, Vielfalt genießen“von Gewerbe und Marktgemeinde wieder aufleben zu lassen, das kann sich Gemeinderätin Hanni Baur (SPD) vorstellen. Gewerbereferent Thomas Hackl sagte bei der Versammlung schon einmal die Unterstützung der Kommune für die Umweltschutzaktion zu. Dies geschehe nach Rücksprache mit Dießens Bürgermeister Herbert Kirsch
„Der Kunde wird Ihr Engagement schätzen“, sind sich Miriam Anton und Monika Glas sicher. Davon sind auch viele Gewerbetreibende überzeugt. Im Spielwarenladen Kistentoyferl in Dießen werden jetzt schon nahezu keine Plastiktüten mehr ausgegeben, berichtete Anno Gonsior. Und keiner der Kunden bestehe darauf, im Gegenteil. Viele kämen bereits mit dem Korb, in dem sie ihre Einkäufe dann transportieren. Im „Dießener Kopierzentrum“von Uschi Wacke werden Lieferkartons zu Verpackungen umgearbeitet, um Ware darin abzugeben. Bei Regen greifen Kunden allerdings doch noch gerne zu Plastiktüten, hat die Inhaberin beobachtet. Barbara Mastaller-Gastl bietet ihren Kunden des Fischereifachgeschäfts Plastiktüten allerdings gegen eine Gebühr an, um dadurch vielleicht deren Verwendung etwas zu reduzieren.
Den Verbrauch von Plastiktüten einzudämmen ist übrigens keine lokale Idee. Weltweit gibt es Bestrebungen, Plastikmüll weiter zurückzudrängen. Seit 2004 sind die Tüten beispielsweise in Ruanda verboten, seit 2005 in Tansania und seit 2011 in Italien. In Deutschland sind Kommunen wie Fürth, Emsdetten und Koblenz dabei, plastiktütenfrei zu werden, haben die Referentinnen recherchiert.
Für sie ist es höchste Zeit für ein Plastiktütenverbot. Bis dieses in Kraft tritt, wollen sie in Dießen schon einmal dafür werben, beim Einkauf freiwillig auf Plastiktüten zu verzichten und alternativ Stoffbeutel oder Körbe zu benutzen. Biologisch abbaubare Plastiktüten oder Papiertüten sind für sie keine Alternative, da dafür ebenfalls Ressourcen verbraucht werden.
Das Projekt „plastiktütenfreies Dießen“entsprechend zu bewerben empfahl Uwe Jennerwein, Geschäftsführer des Bundes der Selbstständigen (BDS) Oberbayern-West. „Wir sind dabei – plastiktütenfrei“, könnte der Slogan lauten, so Wackes spontane Idee. Unterstützung benötigt die Initiative bei der Kommunikation der Idee, beim Entwurf eines Logos und von Infoplakaten, erklärte Miriam Anton auf Nachfrage des Gewerbereferenten. In Kooperation mit den Grünen vor Ort soll es nun bald eine Informationsveranstaltung für Gewerbetreibende und Bürger geben, erklärte Monika Glas.
Die ortsansässigen Supermärkte seien dabei nicht das Problem auf dem Weg zur plastiktütenfreien Kommune. Viele böten bereits Alternativen an, haben die Initiatorinnen in Erfahrung gebracht.
Das Rad nicht unbedingt neu erfinden