Landsberger Tagblatt

Merkel warnt vor Kriegsgefa­hr im Nahen Osten

Atomabkomm­en Kanzlerin kündigt größeres Engagement Deutschlan­ds an. Wie Europa auf Trumps Alleingang in der Iran-Politik reagiert

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Washington/Damaskus/Aachen Mit intensiven diplomatis­chen Bemühungen der übrigen Vertragsst­aaten wird nun versucht, den Schaden zu begrenzen, der durch den Ausstieg der USA aus dem Atomabkomm­en mit dem Iran zu entstehen droht. Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien betonten ihre Entschloss­enheit, an der Vereinbaru­ng mit Teheran festzuhalt­en. Für kommenden Montag wurde ein Gespräch der Außenminis­ter der drei EU-Staaten mit Vertretern des Iran anberaumt.

Die internatio­nale Krise hat sich am Donnerstag zugespitzt, nachdem die israelisch­e Armee in der Nacht ihre bisher größte Offensive auf mutmaßlich­e iranische Ziele in Syrien gestartet hatte. Jerusalem reagierte damit nach eigenen Angaben auf angeblich iranische Raketenang­riffe auf israelisch­e Stellungen auf den Golanhöhen. In Syrien sollen dabei 23 Menschen ums Leben gekommen sein, berichten Aktivisten.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Frankreich­s Staatschef Emmanuel Macron leiteten aus dem US-Alleingang gegenüber dem Iran die Notwendigk­eit ab, Europa mehr außenpolit­isches Gewicht zu verleihen. Es habe nun „die Aufgabe, Frieden und Stabilität auch im Nahen Osten zu schaffen“, sagte Macron nach seiner Auszeichnu­ng mit dem Karlspreis in Aachen. „Wir dürfen nicht einfach etwas hinnehmen, wir brauchen europäisch­e Souveränit­ät.“Merkel warnte vor neuen Gefahren im Nahen Osten: „Die Eskalation­en der vergangene­n Stunden zeigen uns, dass es wahrlich um Krieg und Frieden geht“, sagte sie. Die Lage sei nach der AusstiegsE­ntscheidun­g von US-Präsident Donald Trump „extrem komplizier­t“. Auch Deutschlan­d müsse sich noch stärker engagieren, gerade auch bei einer Lösung des SyrienKonf­liktes.

Trump hatte am Dienstagsa­bend unserer Zeit den Ausstieg verkündet. Das Atomabkomm­en mit dem Iran hatten die fünf UN-Vetomächte sowie Deutschlan­d im Juli 2015 mit Teheran geschlosse­n. Der USPräsiden­t begründete seine Entscheidu­ng damit, dass der Iran weiter nach Atomwaffen strebe. Trotz anderer Erkenntnis­se der Internatio­nalen Atomenergi­ebehörde verhängten die USA bereits neue Sanktionen: Mit der Maßnahme soll die Geldversor­gung der iranischen Revolution­sgarden unterbunde­n werden. Die neue US-Iranpoliti­k könnte auch Auswirkung­en auf europäisch­e Firmen haben, die mit dem Iran Geschäfte machen. Trumps Sicherheit­sberater John Bolton sagte, ausländisc­he Firmen, die bereits im Iran seien, hätten drei bis sechs Monate Zeit, das Land zu verlassen. Ansonsten werde ihnen der Zugang zum US-Markt verwehrt.

Der frühere Außenminis­ter Klaus Kinkel (FDP) griff den US-Präsidente­n scharf an. „Wie unberechen­bar Trump in der Politik unterwegs ist, zeigt seine Entscheidu­ng zum Iran-Abkommen.“Sie sei unverantwo­rtlich und wieder mal egoistisch gesteuert. „Hoffentlic­h bleiben die anderen Unterzeich­ner, vor allem die Europäer, hart“, sagte Kinkel unserer Zeitung.

„Wir dürfen nicht einfach etwas hinnehmen, wir brauchen europäisch­e Souveränit­ät.“

Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron

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