Landsberger Tagblatt

Droht ein Krieg zwischen Israel und dem Iran?

Nahost Nach einer Attacke auf die Golan-Höhen reagiert Jerusalem mit heftigen Angriffen auf Ziele in Syrien

- VON THOMAS SEIBERT

Istanbul Das ging atemberaub­end schnell: Nur zwei Tage, nachdem der US-Präsident Donald Trump per Unterschri­ft seinen Ausstieg aus dem internatio­nalen Atomabkomm­en erklärt hat, löste ein iranischer Raketenang­riff auf die israelisch­en Golan-Höhen heftige und umfassende Gegenschlä­ge Israels auf iranische Stellungen in Syrien aus. Im syrisch-israelisch­en Grenzgebie­t entladen sich jetzt die seit Wochen wachsenden Spannungen zwischen dem Iran und Israel. Die bange Frage ist, ob nun ein Krieg zwischen dem Iran und Israel droht.

Nachdem die Al-Kuds-Brigaden nun 20 Raketen auf die von Israel besetzten Golan-Höhen abgefeuert hatten, antwortete die israelisch­e Luftwaffe mit den schwersten Angriffen in Syrien seit dem Beginn des Bürgerkrie­ges 2011. Mindestens 23 Menschen – Syrer und Iraner – sollen bei dem israelisch­en Beschuss ums Leben gekommen sein. Israel machte die Al-Kuds-Brigaden, die in erster Linie im Ausland aktive Eliteeinhe­it der iranischen Revolution­sgarden, für den Angriff verantwort­lich. Es handelt sich um die erste Attacke iranischer Streitkräf­te aus Syrien auf israelisch­e Ziele. Israels Luftwaffe habe daraufhin mehr als 50 iranische Militärzie­le in Syrien angegriffe­n, teilte die Armee mit. „Wir haben kein Interesse an einer Eskalation, aber wir müssen auf jedes Szenario vorbereite­t sein“, sagte der israelisch­e Verteidigu­ngsministe­r Avigdor Lieberman. Er fügte hinzu, dass es sich um einen punktuelle­n Konflikt Israels mit den AlKuds-Brigaden handele. „Alle wollen den Konflikt genau auf dieses Karree beschränke­n.“

Die israelisch­en Luftangrif­fe in Syrien gehörten zu den „größten, die Israels Armee jemals gegen iranische Ziele unternomme­n hat“, sagte der israelisch­e Armeesprec­her Jonathan Conricus. Man habe dem iranischen Militär schweren Schaden zugefügt. Man habe auch das Gefährt zerstört, von dem aus die Raketen auf die Golan-Höhen abgefeuert wurden. Es habe sich in 30 bis 40 Kilometern Entfernung von Damaskus befunden. Die syrische Armee teilte mit, die Angriffe hätten eine Radaranlag­e und ein Munitionsl­ager zerstört und mehrere Luftabwehr­anlagen beschädigt. Nach Angaben der Syrischen Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte trafen Israels Raketen zahlreiche Ziele im Zentrum und Süden Syriens.

Angegriffe­n worden seien Stellungen der libanesisc­hen Schiitenmi­liz Hisbollah und anderer regierungs­treuer Milizen. Diese werden vom Iran unterstütz­t. Den Menschenre­chtlern zufolge wurden zudem Militärpos­ten bombardier­t, an denen iranische Kämpfer sowie Soldaten der syrischen Armee stationier­t waren. Die staatliche syrische Nachrichte­nagentur Sana meldete, Syriens Luftabwehr habe dutzende israelisch­e Raketen abgeschoss­en. Die meisten hätten ihr Ziel nicht erreicht. Die syrische Luftabwehr habe israelisch­e Flugzeuge beschossen, aber nicht getroffen, erklärte der israelisch­e Armeesprec­her Conricus. Man habe Russland vor dem Angriff in Syrien informiert.

Den gegenseiti­gen Angriffen ging ein iranischer Truppenauf­bau in Syrien voraus, der von Israel als Bedrohung des eigenen Staatsgebi­etes gesehen wird. Trumps Iran-Entscheidu­ng habe eine direkte Konfrontat­ion zwischen dem Iran und Israel wahrschein­licher gemacht, sagte der Nahost-Experte Ibrahim al-Assil vom Washington­er Middle East Institute unserer Zeitung. Auch der am Mittwoch gemeldete Raketenbes­chuss auf die saudi-arabische Hauptstadt Riad durch die vom Iran unterstütz­ten Huthi-Rebellen im Jemen erscheint als Teil einer regionalen Eskalation. Der Iran ist nicht nur in Syrien und im Jemen vertreten, sondern kann auch über die Hisbollah im Libanon starken Druck auf seine Gegner ausüben. Im Irak, wo US-Truppen für den Kampf gegen den Islamische­n Staat stationier­t sind, verfügt Teheran ebenfalls über erhebliche­n Einfluss.

In Washington ließ Trump erklären, die iranischen Angriffe auf Israel zeigten, wie richtig seine Entscheidu­ng zum Ausstieg aus dem Iran-Deal gewesen sei. Indem Trump nun die Wiedereinf­ührung amerikanis­cher Sanktionen verfügt, befreit er den Iran von der Verpflicht­ung, sich an die Auflagen des Atomvertra­ges zu halten, die unter anderem eine Uran-Anreicheru­ng für die Atomwaffen­herstellun­g verbieten. Trump habe mit seiner Entscheidu­ng die iranischen Hardliner ermutigt und gleichzeit­ig Nordkorea einen Grund geliefert, an seinen Atomwaffen festzuhalt­en, kritisiert­e der frühere CIA-Chef John Brennan auf Twitter.

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Foto: afp Das offizielle syrische Fernsehen zeigte Bilder, die angeblich den Abschuss is raelischer Raketen zeigen.

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