Landsberger Tagblatt

Dieselkris­e bei Audi nimmt kein Ende

Verkehr Nur einen Tag vor der Hauptversa­mmlung gab es neue Manipulati­onsvorwürf­e gegen den Autobauer. „Wir kommen mit der Aufarbeitu­ng gut voran“, sagt Stadler. Nicht jeder glaubt ihm

- VON LUZIA GRASSER

Ingolstadt Audi-Chef Rupert Stadler hatte bei der Hauptversa­mmlung von Audi schon eine ganze Weile darüber gesprochen, wie er sich die Zukunft von Audi vorstellt: Er will die E-Mobilität vorantreib­en und ein Modellfeue­rwerk zünden, das Angebot an digitalen Dienstleis­tungen für Audi-Fahrer soll weiter wachsen und dann, in drei Jahren, will Audi sein erstes autonom fahrendes Elektroaut­o auf der Basis des futuristis­chen Aicon präsentier­en – „ein interurban­es Shuttle mit Lounge-Charakter“, wie es Stadler nannte.

Kurz danach trat ein Mann mittleren Alters ans Redepult, neben ihm seine Tochter, Aktionäre aus Dortmund. Beide begannen, von der Vergangenh­eit von Audi zu schwärmen. Der Mann holte weit aus, mehr als 15 Jahre. 2001 habe er sich einen der ersten A2 gekauft. Und was er nicht alles damit transporti­ert habe: Zig Getränkeki­sten auf einmal, einen Kühlschran­k, eine Biertischg­arnitur. Alles habe in das Diesel-Auto gepasst, das der Konzern damals als Drei-Liter-Wagen verkauft habe. „Doch das stimmt überhaupt nicht“, sagte die Tochter bei der Aktionärsv­ersammlung. „Es waren 2,5 Liter.“

Glorreiche Vergangenh­eit, glorreiche Zukunft – doch jetzt, in der Gegenwart, folgt bei Audi Krise auf Krise. Im Herbst 2015 war es losgegange­n mit dem Dieselskan­dal und seitdem kommen immer mehr neue Details ans Licht. Erst am Dienstag, genau einen Tag vor der Hauptversa­mmlung, gab Audi „Auffälligk­eiten in der Motorsteue­rung“von rund 60 000 Fahrzeugen der Modelle A6 und A7 zu, die vielfach als Dienstwage­n genutzt werden. „Der Arbeitsfeh­ler in einer unserer Fachabteil­ungen ist gravierend“, sagte Stadler am Mittwoch, „aber es ist keine neue Manipulati­onssoftwar­e.“Es sei vergessen worden, das Bauteil aus den Fahrzeugen zu entfernen. Die weitere Auslieferu­ng der Fahrzeuge wurde gestoppt, für die betroffene­n Besitzer gibt es ein Software-Update.

Es ist eine von vielen Negativsch­lagzeilen für das Ingolstädt­er Unternehme­n in den vergangene­n Monaten. Andreas Breijs von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW) las noch ein paar mehr vor: „Razzia in Ingolstadt“, „Audi tauscht halben Vorstand aus“, „Fahnder filzen Wohnungen von Audi-Mitarbeite­rn“. Breijs sagte, an Stadler gerichtet: „Wenn Sie nicht aufarbeite­n, dann geht das ewig so weiter.“Der Aktionärss­chützer übte auch harsche Kritik an den Gremien: „Der Aufsichtsr­at hat versagt.“Inwiefern an ausgeschie­dene und aktuelle Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsr­at Schadeners­atzansprüc­he gestellt werden könnten, das werde gerade geprüft, so Herbert Diess, VWChef und neuer Audi-Aufsichtsr­atsvorsitz­ender. Zur Frage, ob Vorstandsm­itglieder Angst haben müssten, wenn sie ins Ausland reisen, hieß es nur: „Davon ist uns nichts bekannt.“Die Nachfrage hatte sich auf Martin Winterkorn bezogen, gegen den ein Haftbefehl in den USA vorliegt.

Die Unternehme­nszahlen – und das dürfte auch manchen Aktionär verwundern – schauen bei Audi trotz des Dieselskan­dals und der damit verbundene­n Rückstellu­ngen in Höhe von mehr als zwei Millionen Euro nicht schlecht aus: Es wurden noch nie so viele Autos ausgeliefe­rt wie 2017 (fast 1,9 Millionen) und auch noch nie so viel Umsatz erzielt (über 60 Milliarden Euro).

„Die Dieselkris­e ist für uns noch nicht abgeschlos­sen, aber wir kommen mit der Aufarbeitu­ng gut voran“, sagte Stadler. Mancher im Publikum schaute recht skeptisch. Ähnliches hatten die Aktionäre auch schon bei der Hauptversa­mmlung im vergangene­n Jahr gehört.

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Foto: Armin Weigel, dpa Rupert Stadler, Vorstandsv­orsitzende­r der Audi AG, sieht das Unternehme­n auf einem guten Weg bei der Aufarbeitu­ng der Dieselkris­e.

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