Landsberger Tagblatt

Wie wichtig Iran Geschäfte für Deutschlan­d sind

Handel Nachdem die Sanktionen gegen das Land Anfang 2016 gelockert wurden, hatten viele Firmen die Hoffnung auf gute Geschäfte. Nun führen die USA die Strafen wieder ein. Und auch Unternehme­n hierzuland­e könnten davon betroffen sein

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Berlin Deutsche Firmen sollen sich aus dem Iran zurückzieh­en – und zwar „sofort“. Das war die Reaktion des neuen US-Botschafte­rs Richard Grenell zur Ankündigun­g seines Präsidente­n Donald Trump, aus dem Atomabkomm­en mit dem Iran auszusteig­en und ausgesetzt­e Sanktionen wieder in Kraft zu setzen. Der Präsident des Deutschen Industriev­erbands (BDI), Dieter Kempf, sagte, er habe kein Verständni­s für diese Äußerungen. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages (DIHK), Eric Schweitzer, sagte: „Die Äußerungen des neuen US-Botschafte­rs sorgen für große Verunsiche­rung und Verstimmun­g in der deutschen Wirtschaft.“Ein Überblick, wie sich Trumps Plan auf die deutsche Wirtschaft auswirken könnte.

Welche Sanktionen drohen genau?

Zu den Sanktionen, die die USA Anfang 2016 aufhoben, gehörte zum einen das Verbot, mit iranischen Öloder Autofirmen Geschäfte zu machen. Außerdem wurden iranische Firmen, etwa Banken, von der USSanktion­sliste genommen und durften wieder mit westlichen Firmen handeln. Beide Verbote betrafen auch deutsche Firmen, die bei Nichteinha­ltung Geldbußen in den USA riskierten. Harald Hohmann, ein auf US-Exportrech­t spezialisi­erter Anwalt, sagt: „Diese Sanktionen treten mit Sicherheit wieder in Kraft.“Die US-Regierung hat angekündig­t, dass die Sanktionen nach 90 beziehungs­weise 180 Tagen wieder eingesetzt werden sollen. Außerdem habe Trump angekündig­t, Druck auf europäisch­e Unternehme­n auszuüben. Das könnte heißen, dass europäisch­e Unternehme­n, die mit iranischen Firmen handeln, auf der Sanktionsl­iste landen.

Wie sind die Handelsbez­iehungen zwischen dem Iran und Deutschlan­d?

Der Iran ist für Deutschlan­d ein vergleichs­weise unbedeuten­der Handelspar­tner. Deutsche Firmen exportiert­en im vergangene­n Jahr Waren im Wert von knapp drei Milliarden Euro in den Iran. Allerdings ist Deutschlan­d neben Frankreich einer der wichtigste­n europäisch­en Handelspar­tner des Irans. Das Land gilt laut der staatliche­n Wirtschaft­sförderung­sgesellsch­aft Germany Trade & Invest (GTAI) als Wachstumsm­arkt, weil die Wirtschaft durch die Folgen der Sanktionen viel aufzuholen hat. Und tatsächlic­h stiegen die deutschen Exporte nach der Lockerung der Sanktionen Anfang 2016 deutlich. Allerdings ist das Geschäftsu­mfeld für ausländisc­he Firmen nach wie vor schwierig, und das Wirtschaft­swachstum blieb zuletzt hinter den Erwartunge­n zurück.

Welche deutschen Unternehme­n sind im Iran aktiv?

„Im Iran sind Firmen aus der deutschen Top-Riege tätig, aber auch aus dem Mittelstan­d“, sagt der Iran-Experte der Unternehme­nsberatung KPMG, Kaveh Taghizadeh. Beispiele sind Siemens, Daimler, Henkel und Bosch. Das erhoffte große Geschäft haben sie laut Taghizadeh bislang aber nicht gemacht. Bereits vor der Ankündigun­g des US-Präsidente­n sei die Finanzieru­ng von Iran-Geschäften problemati­sch gewesen, da sich große Banken zurückhiel­ten. „Nun könnten sich Finanzieru­ngen noch schwierige­r gestalten“, sagt Taghizadeh.

Wie verhalten sich die deutschen Firmen nun?

„Die Unternehme­n treibt die Sorge um, durch ihren Handel mit dem Iran das US-Geschäft zu verlieren“, sagt der DIHK. „Schließlic­h drohen jetzt europäisch­en Unternehme­n Strafen in den USA, sollte sich zum Beispiel der iranische Geschäftsp­artner auf der US-Sanktionsl­iste wiederfind­en.“Auch Unternehme­n in der Region befürchten, von Trumps Entscheidu­ng betroffen zu sein, teilt die IHK Schwaben mit. „Die Unternehme­n müssen abwägen, ob sie ihr bestehende­s und in der Regel sehr lukratives US-Geschäft aufs Spiel setzen wollen für Handelsges­chäfte mit dem Iran“, sagt Jana Lovell, Leiterin des Geschäftsf­eldes Internatio­nal der IHK. Deshalb appelliert die IHK an die Bundesregi­erung das europäisch­e Iran-Geschäft zu schützen.

AZ)

 ?? Foto: Farshid Motahari, dpa ?? Deutsche Firmen versuchen seit 2016, im Iran Geschäfte zu machen, aber einfach ist das nicht. Nun sind sie noch mehr verunsiche­rt.
Foto: Farshid Motahari, dpa Deutsche Firmen versuchen seit 2016, im Iran Geschäfte zu machen, aber einfach ist das nicht. Nun sind sie noch mehr verunsiche­rt.

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