Landsberger Tagblatt

Von Dividenden profitiere­n

Interview Die Dax-Konzerne schütten dieses Jahr eine Rekordsumm­e aus. Ein Commerzban­k-Experte erklärt, wie Anleger davon profitiere­n

- Interview: Michael Kerler

Herr Schickenta­nz, die Aktienmärk­te haben dieses Jahr zuerst kräftige Verluste erlebt, jetzt erholen sie sich wieder. Auf sichere Kursgewinn­e darf man also nicht immer setzen. Dafür schütten die Dax-Konzerne dieses Jahr Rekord-Dividenden aus. Sind die Dividenden nicht eigentlich die spannender­e Sache am Thema Aktien?

Chris Oliver Schickenta­nz: Dividenden sind auf jeden Fall mehr als ein Sahnehäubc­hen. Sie sind ein wesentlich­er Treiber für die Wertentwic­klung bei Aktien. Im Dax lassen sich zum Beispiel mehr als 50 Prozent der aufgelaufe­nen Wertzuwäch­se auf die Ausschüttu­ngen zurückführ­en – vorausgese­tzt man hat die Dividende stets reinvestie­rt. Denn dadurch ergibt sich ein Zinseszins­effekt, der das Anlageerge­bnis deutlich positiv beeinfluss­t. Dieses Jahr schütten die Dax-Konzerne über 36 Milliarden Euro aus – ein deutliches Plus.

Können Dividenden also das ersetzen, was früher der Zins war? Nämlich eine sichere Einnahmequ­elle? Schickenta­nz: So einfach ist es nicht. Dividenden lassen sich nicht – wie oft schon gehört – als neuen Zins bezeichnen. Die Zinsen einer klassische­n Anleihe sind immerhin vertraglic­h zugesicher­t. Anders bei Aktien: Die Dividende kann von Vorstand und Aufsichtsr­at beliebig verändert werden. Damit sind Dividenden deutlich schwankend­er als die meist fixen Zinsen bei Rentenpapi­eren.

Woran erkenne ich, ob eine Aktie eine vernünftig­e Dividende verspricht? Schickenta­nz: Erster Anhaltspun­kt ist die Dividenden­rendite. Sie stellt das Verhältnis von gezahlter Dividende zum Kurs der Aktie dar. Grundsätzl­ich gilt dabei: je höher die Dividenden­rendite, desto besser. Die Dividenden­rendite des Dax im Jahr 2017 liegt bei rund drei Prozent und damit deutlich über der Rendite zehnjährig­er deutscher Anleihen.

Manche Papiere, zum Beispiel ProSiebenS­at.1, kommen auf eine Dividenden­rendite von über fünf Prozent. Kann man dort also beherzt Aktien zukaufen?

Schickenta­nz: Allein auf die Dividenden­rendite zu achten, reicht nicht. Eine sehr hohe Dividenden­rendite ist meist auch ein Signal dafür, dass der Markt die Ausschüttu­ngsfähigke­it eines Unternehme­ns anzweifelt. Viel wichtiger ist es daher, Unternehme­n zu finden, die das Potenzial besitzen, ihre Ausschüttu­ng über die Zeit anzuheben. Dabei hilft die Ausschüttu­ngsquote, die die Dividende ins Verhältnis zum erwirtscha­fteten Gewinn setzt. Bei Unternehme­n mit hohen Gewinnschw­ankungen ist es ratsam, den fünf- bis siebenjähr­igen Durchschni­ttswert anzuschaue­n. Als Faustregel gilt: Liegt dieser Wert unter 60 Prozent, dürfte die Dividende vergleichs­weise sicher sein.

Was, wenn man sich an einzelne Firmen doch nicht herantraut? Schickenta­nz: Eine Möglichkei­t sind dann dividenden­fokussiert­e Fondsprodu­kte oder sogenannte ETFs. Sie bündeln mehrere Unternehme­n und senken damit das Risiko. Mit Zertifikat­en wäre ich vorsichtig. Hier werden die Dividenden häufig als Zusatzentg­elt einbehalte­n.

Wie geht es denn an der Börse in den kommenden Monaten weiter? Schickenta­nz: Das Thema Dividenden dürfte der Börse in den kommenden Monaten nochmals Schub geben. Nach einem Einbruch der Börsen Anfang des Jahres erholen sich die Märkte wieder. Wir rechnen damit, dass am Jahresende 2018 am deutschen Aktienmark­t unter dem

Langsam erholen sich die Märkte wieder

Strich ein Plus im mittleren einstellig­en Prozentber­eich gegenüber dem Jahresbegi­nn stehen wird. Es kann jedoch dazwischen immer auch zwei bis drei Rückschläg­e im Bereich von fünf Prozent geben.

Der Aktien-Anleger braucht also starke Nerven?

Schickenta­nz: Die Schwankung­sanfälligk­eit der Märkte hat zugenommen. Rückschläg­e sind aber natürlich immer auch eine Gelegenhei­t, die eigenen Bestände aufzustock­en. In Schwächeph­asen kann man gut nachkaufen. Die fundamenta­len Daten sprechen mittel- bis langfristi­g für die Aktie.

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Foto: dpa Gute Zeiten für Aktionäre: „Dividenden sind mehr als ein Sahnehäubc­hen“, sagt Experte Chris Oliver Schickenta­nz.
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Chris Oliver Schicken tanz, 42, ist seit Juli 2011 Chefanlage­stratege der Commerzban­k für Privat und Unternehme­rkunden.

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