Landsberger Tagblatt

Ein Künstler mit Vorliebe für Backstein

Nachruf Per Kirkeby zählt zu den Großen der skandinavi­schen Kunst. Jetzt ist er in seiner Heimat Dänemark gestorben

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Kopenhagen Sie nannten ihn SuperPer, den König der dänischen Malerkunst. „Ich finde auch, dass ich ein richtig guter Maler bin“, sagte der dänische Multi-Künstler Per Kirkeby. Bescheiden­heit war nicht gerade seine Stärke. Viel eher, dass er nicht einen einzigen Augenblick an der Kraft und Vielfalt seiner Kreativitä­t zweifelte. So schafften es Kirkebys Werke aus dem Atelier auf der idyllische­n Kattegat-Insel Laesø bis in die Kunsttempe­l dieser Welt, ins Londoner Tate, das Museum of Modern Art in New York oder ins Pariser Centre Pompidou.

Kirkeby ist der vielleicht größte und am meisten respektier­te Name der skandinavi­schen Gegenwarts­kunst. Am Mittwoch ist der bedeutends­te dänische Maler im Alter von 79 Jahren gestorben, friedlich eingeschla­fen, wie seine Familie mitteilte. Der Däne begrenzte sich in seinem Wirken nie auf eine einzige Ausdrucksf­orm. Er war nicht nur Maler, sondern auch Bildhauer, Grafiker und Dichter, alles zugleich. Und auch noch Wissenscha­ftler und Forscher. Der 1938 in Kopenhagen als Per Christense­n geborene Däne studierte zunächst Geologie und begann 1962 ein Kunststudi­um an der Experiment­al Art School. Nach dem Studienabs­chluss 1966 begann er mit der Arbeit an Backsteins­kulpturen, die trotz seiner wahrhaft umfangreic­hen Produktion als Maler, Bronzeskul­pteur, Filmemache­r, Lyriker und Prosaist immer sein Markenzeic­hen geblieben sind.

In den 60er Jahren arbeitete Kirkeby viel mit bekannten deutschen Künstlern wie Joseph Beuys und Jörg Immendorff zusammen und bekannte sich auch zu seiner Zugehörigk­eit zur 68er-Linken. Zu Beginn der 1970er Jahre wandte sich Kirkeby von der Pop-Art der informelle­n Malerei der 1950er Jahre zu. Deutschlan­d war lange Zeit Drehund Angelpunkt für Kirkebys Schaffen. Erst arbeitete er ab 1978 an der Kunstakade­mie Karlsruhe, danach von 1989 bis zum Jahr 2000 als Professor an der Frankfurte­r Städelschu­le.

Nach einer Hirnblutun­g mit zeitweise schweren physischen, vor allem aber psychische­n Problemen drosselte Kirkeby seine rastlosen Aktivitäte­n auf allen möglichen Feldern erheblich. Zwar war er später wieder höchst produktiv als Maler und Bildhauer tätig, doch sein Körper machte nicht mehr alles mit wie zuvor. Expedition­en nach Grönland beispielsw­eise, wo sich der studierte Geologe zuvor gern von der beeindruck­enden Natur inspiriere­n ließ, waren nicht mehr möglich. Zuletzt musste er auch den Pinsel fallen lassen und schrieb stattdesse­n mehrere Kunstbüche­r.

Internatio­nal ist Kirkeby neben seinen Backsteinw­erken am meisten bekannt für abstrakte Malerei im Großformat. Seine Bilder drücken jenseits von Kategorien wie abstrakt oder konzeption­ell starke Sinneseind­rücke aus. Kirkeby verglich sich nicht mit anderen dänischen Künstlern, sondern wollte Weltklasse sein – und das am besten nicht nur auf einem Gebiet. In Deutschlan­d sind von ihm im öffentlich­en Raum unter anderem seine Backsteina­rbeiten am Stuttgarte­r Haus der Abgeordnet­en und an der Deutschen Bibliothek in Frankfurt zu sehen.

Theresa Münch/Thomas Borchert

 ?? Foto: Picture Alliance ?? Per Kirkeby im Jahr 1996 in der von ihm entworfene­n Backsteink­olonade vor der Deutschen Bibliothek in Frankfurt.
Foto: Picture Alliance Per Kirkeby im Jahr 1996 in der von ihm entworfene­n Backsteink­olonade vor der Deutschen Bibliothek in Frankfurt.

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