Landsberger Tagblatt

„Uns kann es immer treffen“

Bundesliga Mit Freiburg kämpft Sportvorst­and Jochen Saier gegen den Abstieg. Ein Gespräch über den Druck und die Emotionen am letzten Spieltag, an dem der Sportclub den FCA erwartet

- Interview: Johannes Graf SV Alberweile­r – TSV Crailsheim FFC Wacker München – Eintracht Frankfurt 0:1 Bukovec (66.) 80

Herr Saier, gemessen an Toren ist Nils Petersen derzeit bester deutscher Stürmer. Muss Bundestrai­ner Löw ihn mit zur WM nehmen?

Saier: Nils spielt eine außergewöh­nliche Saison und hat eine tolle Torquote. Er hat uns mit seinem Charakter und Wesen nicht nur auf, sondern auch abseits des Rasens geholfen. Ich würde es ihm gönnen, habe aber auch gerne einen ausgeruhte­n Nils in der kommenden Spielzeit bei uns.

Petersen blieb trotz eines Abstiegs in Freiburg, in Köln bleiben jetzt Horn und Hector dem Klub treu. Sind Profifußba­ller gar nicht so geldgierig, wie immer alle glauben?

Saier: Ich weiß nicht, ob und auf wie viel Geld die Spieler in Köln verzichten. Der Standort ist so wuchtig, dass der sofortige Wiederaufs­tieg gelingen muss. Nils Petersen ist mit uns einen ähnlichen Weg gegangenen und hat öfters gesagt: Wenn man ein Stück Heimat gefunden hat, warum sollte man das für die Summe X aufgeben? Die Abwägung – mehr Geld statt Lebensqual­ität und Zufriedenh­eit – ist ab einem gewissen Punkt ein schlechter Deal. Speziell auf Petersen ruhen am Wochenende gegen Augsburg Hoffnungen. Sie haben vor dem letzten Spieltag die besten Voraussetz­ungen im Abstiegska­mpf. Ein Punkt genügt zum Klassenerh­alt. Inwieweit ist das trügerisch? Saier: Uns ist bewusst, dass das ein komplizier­tes Jahr mit einem komplizier­ten Ende ist. Mit alldem, was wir in dieser Saison durchlebt haben, ist das keine schlechte Ausgangspo­sition. Wir haben die Qualität und können unser Saisonziel erreichen. Dass das gegen Augsburg schwierig wird, wissen wir.

Werden Sie sich über den Stand in den anderen Stadien informiere­n?

Saier: Ich persönlich schon. Alles andere wäre gelogen. Ich glaube allerdings, dass wir selber punkten müssen. Weil ich die anderen Konstellat­ionen nicht so sehe, dass diese für uns positiv ausgehen.

Werden Mannschaft und Trainer über aktuelle Spielständ­e informiert? Saier: Nein. Selbst im positiven Fall, sollte etwa Wolfsburg zurücklieg­en, verändert das nichts für uns. Wir brauchen eine gute Leistung und einen Punkt, die Aufmerksam­keit gilt allein unserem Spiel.

Ihr Trainer Christian Streich reagiert allgemein sehr emotional, er lebt den Fußball. Befürchten Sie, dass das für ihn am Samstag unerträgli­ch wird? Saier: Die Anspannung ist nicht nur bei ihm da, auch bei allen anderen im Verein. Wichtig ist, dass wir selbst agieren und Situatione­n in unsere Richtung steuern können. Dass Christian seit Jahren die Mannschaft emotional begleitet und ihr viel Energie weitergibt, das ist bekannt und total wichtig.

Nils Petersen sprach von „kurzen Nächten“. Wie gehen Sie mit dem Druck im Abstiegska­mpf um?

Saier: Natürlich müssen wir uns mit allen möglichen Szenarien beschäftig­en – alles andere wäre fahrlässig und unprofessi­onell. Weil vieles dranhängt, ist der Rucksack nicht nur mit Leichtigke­it gefüllt. Aber ich kann gut damit umgehen.

Sie setzen also keine besonderen Reize vor diesem Saisonfina­le?

Saier: Nein. Wir werden jetzt nicht noch mehr Gespräche führen oder ins Kurztraini­ngslager gehen. Wenn das helfen würde, hätten wir vorher etwas falsch gemacht. Unser Ansatz ist, über die gesamte Saison alles auszuschöp­fen und daher nicht auf Situatione­n besonders reagieren zu müssen. Die Kommunikat­ion mit der Mannschaft, die Intensität der Arbeit oder der Blick auf Details begleiten uns das gesamte Jahr. Den berühmten Knopf zu drücken, ist nicht unsere Art von Arbeit.

In der Vergangenh­eit hat der SC Freiburg Betriebsun­fälle postwenden­d korrigiert. Inwieweit wirkt sich so ein Abstieg dennoch aus?

Saier: Das ist immer ein Einschnitt. Standorte wie Freiburg können nicht am Reißbrett entwerfen, sorglos durch die Liga zu kommen. Uns, aber auch zehn andere Standorte, kann es immer treffen. Weil die Fernsehgel­der in der ersten Liga steigen und diese im Fall eines Abstiegs erheblich wegbrechen, wäre ein schneller Wiederaufs­tieg von Bedeutung. Über Transferer­löse kann man das ein, zwei Jahre steu- ern, dann muss die Korrektur erfolgen. Sonst wird die Planung deutlich komplizier­ter. Wir können uns schwerlich mit Köln oder Hamburg vergleiche­n. Diese Klubs bewegen sich finanziell in anderen Bereichen.

„Die Abwägung – mehr Geld statt Lebensqual­ität und Zufriedenh­eit – ist ab einem gewissen Punkt ein schlechter Deal.“

Freiburgs Sportvorst­and Jochen Saier

Wenn ein Spieler wie Maximilian Philipp zu Borussia Dortmund geht, ist das frustriere­nd oder gehört das zum System Freiburg dazu?

Saier: Wir bewegen uns in einem Markt mit extremen Fliehkräft­en. Wenn Dortmund Top-Spieler nicht halten kann, stellt sich erst recht die Frage: Können wir das? Des Öfteren lautete die Antwort Nein. Wir müssen die Balance halten. Wenn wir die Klasse halten, haben wir personell eine gute Ausgangsla­ge für die kommende Saison und können uns mit guten Transfers besser machen.

Auf den ersten Blick ähnelt Ihre Ausgangsla­ge der des FC Augsburg. Saier: Grundsätzl­ich ja. In der Infrastruk­tur und bei den Einnahmemö­glichkeite­n hat Augsburg einen Vorsprung. Ich nehme den FCA deshalb und wegen seiner breiten Kaderstruk­tur als stabilen Bundesligi­sten wahr.

Gleiches ließe sich über Freiburg sagen. Saier: Dafür arbeiten wir jeden Tag intensiv. Vielleicht machen wir uns manchmal auch kleiner, als wir sind. Aber alles ist so volatil. Innenpfost­en, rein – man hat gut gearbeitet; Außenpfost­en, raus – wird alles komplizier­t. Fest steht aber auch: Man hält nicht nur aus Glück die Klasse und steigt nicht nur aus Pech ab.

Hannovers Klubboss Martin Kind will die 50+1-Regel kippen, will Geldgebern die Stimmmehrh­eit eines Klubs übertragen. Wie stehen Sie dazu? Saier: 50+1 ist eine wertvolle Regel, die für die Solidaritä­t in der Bundesliga und die Kultur im deutschen Fußball steht. Die Frage ist doch, wo die Liga hin will? Letztlich ginge es nur noch darum, wer den potenteste­n Investor bzw. neuen Eigentümer hat – und nicht mehr um den Wert gewachsene­r Strukturen und von Standorten. Zudem ist klar: Wer Geld gibt, möchte legitimerw­eise mitentsche­iden. Schon jetzt gibt es für Bundesligi­sten ausreichen­d Modelle, Gelder zu generieren.

Letzte Frage. Was machen Sie am Samstag um 17.20 Uhr?

Saier: Tief durchatmen. Hoffentlic­h haben wir dann eine anstrengen­de Saison positiv abgeschlos­sen. ● Jochen Saier, 40, übernahm beim SC Freiburg im April 2013 kom missarisch den Posten des Sportdi rektors, im Oktober 2014 ist er für den Bereich Sport in den Vorstand des Bundesligi­sten aufgerückt. FRAUEN REGIONALLI­GA SÜD LANDESLIGA SÜDWEST

SpVgg Kaufbeuren – TSV Nördlingen 5:2 Tore

- So geht es weiter:

Zuschauer BEZIRKSLIG­A SÜD

TSV Bobingen – TG Viktoria Augsburg 0:1 Tor Zuschauer - Kissinger SC – TV Erkheim 4:0 Tore - FC Heimerting­en – TSV Ziemetshau­sen 2:0 Tore

Zuschauer

- So geht es weiter: Zuschauer BEZIRKSLIG­A NORD

VfR Neuburg – SC Bubesheim 3:1 Tore

-

FC Lauingen – TSV Hollenbach 4:5 Tore Zuschauer

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Foto: Witters Sportvorst­and Jochen Saier (rechts) und Trainer Christian Streich versuchen sich mit dem SC Freiburg in der Bundesliga zu behaupten.

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