Landsberger Tagblatt

Der Terror ist zurück in Paris

Frankreich Bei einem Angriff auf Passanten tötete ein gebürtiger Tschetsche­ne einen Mann. Dann erschoss ihn die Polizei

- VON BIRGIT HOLZER

Paris Der Terror kehrt nach Paris zurück: Ein mutmaßlich­er Islamist hat im Zentrum der Stadt einen Passanten getötet und vier Menschen verletzt. Der aus Tschetsche­nien stammende und mit einem Messer bewaffnete Angreifer wurde anschließe­nd von der Polizei erschossen. Präsident Emmanuel Macron erklärte, Frankreich habe erneut „den Preis des Blutes“bezahlt.

Die Terrormili­z Islamische­r Staat reklamiert­e den Angriff für sich. Der mutmaßlich­e Täter war den Behörden bekannt und stand auf einer Liste radikalisi­erter Personen. Er soll „Gott ist groß“auf Arabisch gerufen haben. Frankreich war in den vergangene­n Jahren mehrfach Ziel islamistis­cher Anschläge, seit 2015 wurden dabei mehr als 240 Menschen ermordet.

Paris Wenn François Molins vor die Kameras tritt, weiß man, dass es wieder passiert ist. Bei jedem Anschlag mit mutmaßlich terroristi­schem Hintergrun­d in Paris der vergangene­n Jahre war es stets der Staatsanwa­lt von Paris, der die ersten gesicherte­n Informatio­nen über Täter und Verlauf gab – auch wenn bis dahin schon viele Nachrichte­n im Internet zirkuliert waren.

Am Samstagabe­nd kurz vor Mitternach­t berichtete der 64-Jährige mit sorgenvoll­er Miene, dass ein Mann drei Stunden zuvor im Viertel um die Pariser Oper, einem besonders belebten im Zentrum der Stadt, vorbeigehe­nde Menschen mit einem Messer angegriffe­n hatte. Dabei tötete er einen 29-Jährigen und verletzte vier weitere Personen, zwei davon schwer. Sie befanden sich am gestrigen Sonntag außer Lebensgefa­hr. Molins ließ kaum einen Zweifel daran, dass die Tat als Terrorakt einzustufe­n sei. „Zum jetzigen Zeitpunkt und uns auf die Zeugenauss­agen stützend, denen zufolge der Angreifer ,Allahu Akbar‘ gerufen hat, während er Passanten mit dem Messer attackiert­e“, sagte der Staatsanwa­lt. Der Täter sei von der Polizei erschossen worden. Es handelte sich um einen in Tschetsche­nien geborenen 20-Jährigen, der 2010 in Frankreich eingebürge­rt wurde.

Hinter Molins hatten sich Polizisten und Notärzte aufgebaut, der Bereich war abgesperrt. Wieder war das quirlige Pariser Nachtleben getroffen worden, nachdem am 13. November 2015 bei mehreren parallel geführten Anschlägen auf Bars und Cafés, die Konzerthal­le Bataclan sowie das Fußballsta­dion in Saint-Denis nördlich der französisc­hen Metropole 130 Menschen ermordet worden waren.

Zeugen erzählten von plötzlich aufgekomme­ner Panik. In den Restaurant­s hatten sich die Menschen auf den Boden geworfen, ohne zu wissen, was passierte. „Wir tranken ein Glas mit Freundinne­n auf einer Terrasse, als wir plötzlich Schüsse hörten“, berichtete die 47-jährige Gloria in einem französisc­hen Fernsehsen­der. „Es gab Tumult auf der Straße, wir haben nichts verstanden, aber die Kellner sagten, wir sollten uns schnell in Schutz bringen.“Draußen habe sie einen Mann am Boden liegen gesehen, wenige Minuten später kam die Polizei. „Sie waren wahnsinnig viele. Wahnsinnig viele.“Premiermin­ister Édouard Philippe lobte später die „außergewöh­nliche Reaktionsf­ähigkeit der Polizeikrä­fte“, die eine „schlimmere Bilanz“verhindert habe: Nach fünf Minuten seien die Beamten zur Stelle gewesen, nach neun Minuten war der Angreifer tot.

Der Täter, dessen Eltern im Anschluss in Untersuchu­ngshaft kamen, war zwar zuvor nie wegen Straftaten aufgefalle­n. Allerdings führten ihn die Behörden aufgrund eines verdächtig­en Kontaktes in der „S-Liste“(„S“steht für „Staatssich­erheit“).

Erst im April war der 20-Jährige verhört worden, ohne dass Hinweise auf seine Absichten gefunden wurden. Die Terrormili­z „Islamische­r Staat“bekannte sich rasch zu dem Anschlag und ließ verkünden, es habe sich um eine „Vergeltung­smaßnahme“gegen die Staaten der internatio­nalen Koalition im Irak und in Syrien gehandelt. Frankreich beteiligte sich dort bereits an den von den USA geführten Luftschläg­en. Seit 2015 wurden 245 Menschen in Frankreich bei Terroransc­hlägen getötet, auch durch Messerangr­iffe.

Sein Land werde den „Feinden der Freiheit nicht einen Millimeter weichen“, versichert­e Präsident Emmanuel Macron. „Heute Abend wurde unsere Stadt verletzt“, reagierte Bürgermeis­terin Anne Hidalgo. Sie wiederholt­e das Pariser Stadt-Motto, das bei den Terroransc­hlägen 2015 Trost und Kraft geben sollte: „Fluctuat nec mergitur“– „Sie wankt, aber sie fällt nicht.“

 ?? Foto: Van der Hasselt, dpa ?? Forensiker sichern Spuren am Tatort in Paris.
Foto: Van der Hasselt, dpa Forensiker sichern Spuren am Tatort in Paris.

Newspapers in German

Newspapers from Germany