Landsberger Tagblatt

Ein hässliches Ende

Fußball Bis kurz vor Spielende sieht es nach einem würdevolle­n Abschied des Hamburger SV aus der Bundesliga aus. Dann sorgen wenige Randaliere­r für verstörend­e Bilder

- VON WOLFGANG STEPHAN

Hamburg Das Wunder blieb diesmal aus: Mit einem Wechselbad der Gefühlte endete am Sonnabend um 17.35 Uhr die Ära des HSV in der Bundesliga. Erst Freude, dann Entsetzen, Trauer, Tränen und am Ende Randale – dieser Tag wird nicht nur wegen seiner Folgen in die Fußball-Geschichte eingehen. Der HSV hatte in seinem letzten erstklassi­gen Spiel erstklassi­g gespielt, am Ende reichte es nicht mehr zum Klassenerh­alt in letzter Minute.

Als Schiedsric­hter Felix Brych am Samstag nach einer durch Rauchbombe­n und Böller verursacht­en Spielunter­brechung den letzten Pfiff ansetzte, dauerte es einige Sekunden, bis aufmuntern­der Beifall von den 57000 Zuschauern im ausverkauf­ten Stadion zu hören war. Nach 54 Jahren in der Bundesliga muss der HSV erstmals absteigen. Auf dem Platz nahmen sich die Spieler in die Arme, viele heulten ebenso wie auf den Rängen die Fans. Es hatte nicht gereicht, obwohl der HSV in seinem spielerisc­h besten Saisonspie­l 2:1 gegen Gladbach gewonnen hatte. Aaron Hunt hatte mit dem Handelfmet­er in der elften Minute die schon vor dem Anpfiff in freudiger Erwartung gestimmten Fans in gute Laune versetzt, doch bei genauerem Hinsehen war auch schon Ernüchteru­ng zu erkennen, denn in Wolfsburg führten die Gastgeber bereits früh mit 1:0, am Ende stand ein 4:1, sodass es letztlich trotz des durch Lewis Holtby nach zwischenze­itlichem Ausgleich durch Drmic (28.) erzielten Siegtreffe­rs in der 63. Minute nicht mehr reichte, um die Wölfe vom Relegation­splatz zu verdrängen. Dass wenige Minuten vor Schluss rund 100 Chaoten dem HSV den stilvollen Abgang in die 2. Liga vermasselt­en, gehört zu den bitteren Ereignisse­n dieses Tages in Hamburg. „Tränen nützen jetzt auch nichts“, sagte ein niedergesc­hlagener Uwe Seeler, 81, im Kabinen- gang. „Das ist einer der bittersten Momente in meinem Leben“, bekannte die HSV-Legende.

„Die Enttäuschu­ng ist riesengroß, es tut mir für den Verein, die Fans und die Mitarbeite­r unglaublic­h leid“, sagte Kyriakos Papadopoul­os im Kabinengan­g mit Tränen in den Augen, neben ihm weinte Tatsuya Ito hemmungslo­s, Aaron Hunt sprach mit Tränen in den Augen von einem „ganz bitteren Augenblick“. Einer blickte derweil schon weiter: Kapitän Gotoku Sakai sagte nach Schlusspfi­ff: „Ich habe für mich entschiede­n, hier zu verlängern und in der 2. Liga zu spielen.“Ansonsten ist völlig offen, wer sonst mithelfen darf, den Wiederaufs­tieg zu schaffen. Der Brasiliane­r Walace und Mergim Mavraj werden von Trainer Christian Titz nicht mehr gebraucht, die Verträge von Sven Schipplock, Sejad Salihovic und Dennis Diekmeier laufen aus. Lewis Holtby, Bobby Wood, Filip Kostic, Albin Ekdal, Nicolai Müller und Aaron Hunt gelten als Großverdie­ner, sie könnten dem Sparkurs zum Opfer fallen. Aus seiner jungen Truppe bleiben Titz der zuletzt starke Tatsuya Ito, 20, sowie Matti Steinmann, 23, und Luca Waldschmid­t, 21, auch das Talent Stephan Ambrosius hat bis 2021 unterschri­eben. Aus Schottland kommt David Bates, 21, und aus München Manuel Wintzheime­r. Pierre-Michel Lasogga wird wohl nicht zurückkomm­en, auch den ausgeliehe­nen Kroaten Alen Halilovic, 21, will in Hamburg niemand wiederhabe­n.

Eine spannende Frage ist die Zukunft von Jann-Fiete Arp, das Talent soll im Fokus etlicher Bundesligi­sten stehen. Anderersei­ts gehört Christian Titz zu seinen größten Förderern. Einer bleibt dem Klub sicher erhalten: „Natürlich schaue ich mir den HSV in der 2. Liga an“, kündigte Uwe Seeler an.

Tore: 1:0 Hunt (11./Handelfmet­er), 1:1 Drmic (28.), 2:1 L. Holtby (63.) Zuschau er: 57000 (ausverkauf­t)

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Foto: Nordphoto, Kokenge Mit einem Großaufgeb­ot hat die Hamburger Polizei wohl einen Platzsturm einiger HSV Ultras verhindert. Nach dem feststehen­den Abstieg hatten einige Stadiongän­ger Rauchbombe­n und Böller auf das Spielfeld geworfen.

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