Von Landsberg und Israel
Jahrestag Ein Festakt im Landratsamt ruft die Staatsgründung vor 70 Jahren in Erinnerung und bildet gleichzeitig den Schlusspunkt der Jüdisch-Deutschen Festwoche. Und am Samstag gab es noch ein weiteres denkwürdiges Ereignis
Landsberg Weiß-blau war am Sonntag vor dem Landratsamt beflaggt – und zwar gleich doppelt: Neben dem bayerischen Weiß-Blau war auch die weiße und blaue Flagge Israels gehisst. Im großen Sitzungssaal wurde bei einem Festakt an die am heutigen Montag 70 Jahre zurückliegende Gründung des Staates Israel erinnert. Die Veranstaltung bildete den Schlusspunkt der JüdischDeutschen Festwoche.
Dieser wurde mit jüdischer FolkMusik (vom Duo Folkadu, Yael Gat, Trompete und Gesang, sowie Simon Japha, Akkordeon), Festreden und einem anschließenden Empfang im Foyer begangen. Er versammelte neben zahlreichen Vertretern des öffentlichen Lebens und der Politik in Landsberg und im Landkreis auch etliche Besucher, die als Nachkommen von Überlebenden der Kauferinger KZ-Außenlager zur Jüdisch-Deutschen Festwoche gekommen waren, unter anderem Angehörige der Familie Durmashkin, deren Onkel Wolf, der Namensgeber des erstmals abgehaltenen Wettbewerbs für Nachwuchskomponisten ist.
Zum Schluss der Festwoche wurde nun also an die wenige Tage nach dem Leonard-Bernstein-Konzert in Landsberg erfolgte Staatsgründung Israels erinnert. Diese war zwar der Anlass für den Festakt, weite Teile der Festrede des Geschäftsführers der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Dr. Jens-Christian Wagner, drehten sich aber um Landsberg. Denn, so der Vortragende, „die Beziehung zwischen den Deutschen und dem Nationalsozialismus lässt sich wie mit einem Brennglas am Beispiel Landsbergs erzählen“: Angefangen von der Festungshaft Adolf Hitlers in Landsberg über den Bau der Rüstungsfabriken gegen Ende des Zweiten Weltkriegs bis hin zur Auflösung des amerikanischen Kriegsverbrechergefängnisses in Landsberg am 9. Mai 1958, die sich dieser Tage zum 60. Mal jährte.
Mit Blick auf die Staatsgründung am 14. Mai 1948 betonte Wagner aber auch die Bedeutung der DPLager. Diese Camps, in denen die befreiten jüdischen Häftlinge zunächst lebten, bevor sie in der Regel nach Palästina auswanderten, seien nämlich die Keimzelle für den späteren Staat gewesen. In den Lagern entfaltete sich durch Zeitungen, Theater und Musik kulturelles Leben, das auch das jüdische Leben außerhalb Israels prägen sollte. Die in den Nachkriegsjahren in Landsberg, Deutschland aber etwa auch in Polen herrschende ablehnende Haltung gegenüber den DPs habe zudem die Auswanderung nach Palästina beschleunigt.
An dieser Stelle warnte Wagner aber auch davor, die Erfahrung des
Erkenntnis, nicht Bekenntnis
Holocausts mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt in Zusammenhang zu bringen oder die Opfer zu instrumentalisieren. Wagner appellierte, die künftige Erinnerungskultur solle weniger einen affirmativen als vielmehr einen reflektierenden Charakter haben: „Es geht nicht um Bekenntnis, sondern um Erkenntnis.“Erkenntnis darüber, was geschah, wer etwas getan hat, warum, welche Folge dies hatte und in welchem Zusammenhang dies passierte.
Den Blick in die Zukunft richteten Diana Goldberg und Arthur Poliakow von der Jüdischen Studierendenunion Deutschlands. Poliakow formulierte dabei auch den Anspruch junger Juden, aktiv die Politik und Gesellschaft in Deutschland mitzugestalten. Goldberg fügte an, dabei auch den weltoffenen und progressiven „Spirit“Israels in Deutschland vermitteln zu wollen.
Den Staat Israel repräsentierte die Generalkonsulin für Süddeutschland, Sandra Simovich. In ihrem Grußwort sprach sie davon, dass Landsberg ein besonderer Ort mit einer besonderen Geschichte sei, auch im Hinblick auf den Staat Israel. Dass man gemeinsam an dessen Gründung vor 70 Jahren erinnern könne, mache ihn froh, hatte zuvor Landrat Thomas Eichinger betont.
Ein denkwürdiges, nicht im Programm der Jüdisch-Deutschen Festwoche zu lesendes Ereignis hatte es auch noch am Tag vor dem Festakt gegeben. Zum ersten Mal seit Auflösung des Landsberger DPLagers wurde am Samstag in der Geschäftsstelle der KunstBauStelle (deren Leiter Wolfgang Hauck hatte die Festwoche gemeinsam mit der Journalistin Karla Schönebeck initiiert) wurde in Landsberg wieder ein Sabbat gefeiert. Der Sabbat begann bereits am Freitagabend mit dem traditionellen Entzünden des Lichts bei Sonnenuntergang, gemeinsamen Gebet und Gesang, denen noch ein langer Abend bei Essen und Geselligkeit folgte, wie Schönebeck berichtete. Der Rabbiner Steven Langnas war dazu eigens mit Thora, Gebetsschale und koscheren Speisen aus München angereist.