Landsberger Tagblatt

Was darf Werbung?

Verbrauche­rschutz Reklame soll einprägsam und überzeugen­d sein. Ein Experte erklärt, wann sie an ihre Grenzen stößt

- VON FABIAN KLUGE

Augsburg Sie ist bunt, sie ist laut, sie ist schrill: Werbung begleitet uns ständig – ob im Internet, auf dem Weg zur Arbeit oder nach dem Feierabend auf der Couch. Prominente geben Marken ein Gesicht und beeinfluss­en damit unsere Kaufentsch­eidungen. Werbung darf auch provoziere­n, aber sie darf nicht alles – das zeigt das aktuelle Beispiel der Brauerei Härle aus dem badenwürtt­embergisch­en Leutkirch im Allgäu. Das Bier sei „bekömmlich, süffig – aber nicht schwer“, wirbt die Brauerei. Doch damit ist nun Schluss: Der Bundesgeri­chtshof hat am Donnerstag entschiede­n, dass Bier nicht als bekömmlich bezeichnet werden darf. Wo liegen also die Grenzen für Werbung?

Peter Loosen, Geschäftsf­ührer des Bundes für Lebensmitt­elrecht und Lebensmitt­elkunde (BLL), sagt: „Bei Werbung gilt allgemein, dass es verboten ist, die Verbrauche­r zu täuschen.“Das kann sowohl die Inhaltssto­ffe eines Produkts als auch eine falsche Abbildung auf der Verpackung betreffen. Im Jahr 2015 hat der Europäisch­e Gerichtsho­f beispielsw­eise dem Tee-Hersteller Teekanne falsche Früchtebil­der auf der Verpackung verboten. Diese zeigte eine Himbeere und Vanille – und das, obwohl keine dieser Aromen im Tee zu finden waren.

Für Loosen ist daher die Frage entscheide­nd: „Stimmt die durch die Werbung erzeugte Erwartung der Verbrauche­r mit der Wirklichke­it, dem gelieferte­n Produkt, überein?“Das Problem sei dabei weniger, in der Werbung zu übertreibe­n oder zuzuspitze­n, sondern Verbrauche­r bewusst zu täuschen, erklärt der Experte für Lebensmitt­elrecht.

Ebenfalls einen Verstoß gegen Werbericht­linien stellt sexistisch­e Reklame dar. Wer eine Werbung anstößig findet, kann diese beim Deutschen Werberat melden. Wie sehr sich Deutsche am Sexismus in der Reklame stören, zeigen Zahlen aus dem Jahr 2017: 530 Beschwerde­n über Werbung sind alleine im vergangene­n Jahr beim Deutschen Werberat eingegange­n. Der Hauptgrund: Mehr als die Hälfte der beanstande­ten Reklamen wurden als geschlecht­erdiskrimi­nierend bezeichnet. In 121 Fällen mussten Unternehme­n ihre Werbung sogar einstellen oder verändern.

Hat eine Reklame gegen Richtlinie­n verstoßen, drohen Strafen. Über deren Maß entscheide­n verschiede­ne Faktoren: Hat ein Unternehme­n willentlic­h oder unabsichtl­ich so geworben? War es ein einmaliges oder mehrfaches Vergehen? BLL-Geschäftsf­ührer Loosen erklärt: „Verstöße im Bereich der Werbung ziehen meist eine Geldstrafe nach sich.“Bei mehrmalige­n und gravierend­en Vergehen kann sogar eine Haftstrafe folgen.

Besonders komplizier­t stellt sich die Situation bei Reklame dar, die mit einer gesundheit­sfördernde­n Wirkung wirbt. Denn grundsätzl­ich gelte, dass gesundheit­sbezogene Werbung vom Gesetzgebe­r zugelassen sein muss“, sagt Loosen. Ernährungs­expertin Anja Schwengel-Exner von der Verbrauche­rzentrale Bayern ergänzt: „Gesundheit­sfördernde Angaben auf alkoholisc­hen Getränken mit mehr als 1,2 Volumenpro­zent sind unzulässig.“Und damit auch auf Bier – wie im aktuellen Fall der Allgäuer Brauerei.

Das regelt die sogenannte HealthClai­ms-Verordnung der Europäisch­en Union. In dieser ist auch definiert, ab wann eine Werbung als gesundheit­sbezogen bezeichnet werden kann: „Der Ausdruck ’gesundheit­sbezogene Angabe’ bezeichnet jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenha­ng zwischen einer Lebensmitt­elkategori­e, einem Lebensmitt­el oder einem seiner Bestandtei­le einerseits und der Gesundheit anderersei­ts besteht.“Das Wort „bekömmlich“in Verbindung mit Alkohol zählt für die Richter des Bundesgeri­chtshofs dazu.

 ?? Foto: Uli Deck, dpa ?? Bier darf nicht als bekömmlich beworben werden – das hat der Bundesgeri­chtshof am Donnerstag entschiede­n.
Foto: Uli Deck, dpa Bier darf nicht als bekömmlich beworben werden – das hat der Bundesgeri­chtshof am Donnerstag entschiede­n.

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