Landsberger Tagblatt

Asylskanda­l weitet sich aus

Flüchtling­samt Bremen ist offenbar kein Einzelfall. Auch in anderen Außenstell­en gab es Widersprüc­he, Ungereimth­eiten und jede Menge falscher Asylbesche­ide

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Die Affäre um die Vorgänge im Bundesamt für Migration und Flüchtling­e zieht immer weitere Kreise. In der skandalumw­itterten Bremer Außenstell­e der Behörde werden nun alle positiven Asylentsch­eidungen seit dem Jahr 2000 überprüft, das sind insgesamt rund 18 000 Fälle. Doch nicht nur in Bremen, auch in weiteren Städten ist es nach Angaben des Bundesamte­s zu einer Häufung von Unregelmäß­igkeiten bei Asylverfah­ren gekommen. Besonders betroffen sind nach Informatio­nen unserer Zeitung etwa die Außenstell­en in Karlsruhe, Gießen und Bingen am Rhein. Das Innenminis­terium wollte dies weder bestätigen noch dementiere­n.

Bislang waren es vor allem die Vorgänge in der Filiale in Bremen, die für Schlagzeil­en sorgten. Dort sollen zahlreiche Asylbewerb­er womöglich zu Unrecht Schutz erhalten haben. Darunter sollen sich auch notorische Kriminelle, Islamisten und Personen mit angebliche­n Verbindung­en zur Terrormili­z Islamische­r Staat befunden haben, so heißt es bei Kennern der Vorgänge. Gegen Ulrike B., die ehemalige Leiterin, und weitere Personen, darunter Rechtsanwä­lte und Dolmetsche­r, wird wegen des Verdachts der Bestechlic­hkeit und der „bandenmäßi­gen Verleitung zur missbräuch­lichen Asylantrag­stellung“ermittelt.

Nachdem sich Jutta Cordt, die Leiterin des Bundesamte­s, in den vier Wochen seit dem Bekanntwer­den des Bremer Skandals nur knapp zu den Vorgängen geäußert hat, trat sie am Freitag in Berlin vor die Presse und beteuerte, die Behörde un- ternehme größte Aufklärung­sanstrengu­ngen, die aber noch andauerten. Bis zum 11. Mai seien bereits rund 4600 positive Asylbesche­ide überprüft worden – darunter etwa 1500 aus Bremen. In mehr als 70 Prozent der Fälle dort seien „Implausibi­litäten“festgestel­lt worden, also Widersprüc­he, Ungereimth­eiten oder Unwahrsche­inlichkeit­en.

In 40 Prozent aller Verfahren muss nach den Worten von Cordt nun ein Widerruf beziehungs­weise eine Rücknahme der Entscheidu­ng eingeleite­t werden. Bei den übrigen untersucht­en Außenstell­en seien dagegen nur in 46 Prozent der positiven Bescheide Implausibi­litäten entdeckt worden. Hier habe die interne Revision nur in knapp sechs Prozent der Fälle festgestel­lt, dass Bescheide widerrufen oder zurückgeno­mmen werden müssen. Hinweise auf bewusste Manipulati­onen wie in Bremen habe es hier nicht gegeben. Offenbar aber gibt es Filialen, deren Anerkennun­gsquoten für Asylanträg­e deutlich von den Durchschni­ttswerten der Gesamtbehö­rde abweichen. Welche Außenstell­en dies sind, ließ Cordt offen.

Gleichzeit­ig wurde bekannt, dass es bei einer Vernehmung von Josefa Schmid, der Ex-Leiterin des Bremer Amts, offenbar zu einem Eklat gekommen ist. Schmid soll, so sagte eine eng mit dem Fall befasste Person unserer Zeitung, einem hochrangig­en Mitarbeite­r des Bundesamte­s auf die Finger geschlagen haben, als dieser bei einer Vernehmung nach privaten Unterlagen der Ex-Leiterin gegriffen habe.

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