Landsberger Tagblatt

Lockerheit sieht anders aus

Niko Kovac will den Coup gegen die Bayern

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Berlin Als Niko Kovac das Podium im Presseraum betritt, wirkt er angespannt. Nachdem er Platz genommen hat, zwinkert er zwar einem Bekannten im Presseraum zu, doch danach erstarren die Gesichtszü­ge des Frankfurte­r Trainers wieder. Später wird der 46-Jährige zwar erzählen, wie locker seine Mannschaft das Pokalfinal­e gegen die Bayern nimmt, wie entspannt seine Spieler in der Lobby des Mannschaft­shotels sitzen. Dass es für Kovac gegen den Verein geht, den er ab kommenden Sommer betreuen wird, ist ein Umstand, auf den der Kroate wohl nicht nur aus sportliche­n Gesichtspu­nkten hätte verzichten können. Seitdem sein Wechsel feststeht, leidet sein Ruf.

Schon die Umstände des Wechsels nahmen ihm einige in Frankfurt krumm. Sportvorst­and Fredi Bobic kritisiert­e das Vorgehen der Bayern scharf und erneuerte diese Einschätzu­ng (siehe weiteren Artikel auf dieser

Seite). Unverständ­nis erntete Kovac auch damit, dass er sich nach der 1:4-Liganieder­lage in München von Uli Hoeneß’ Fahrer Bruno Kovacevic zu seiner Familie nach Salzburg fahren ließ, während es für den restlichen Frankfurte­r Tross zurück nach Hessen ging. Wenn Frankfurt, das zwischenze­itlich auf Kurs in Richtung Champions League lag, nächste Saison internatio­nal spielen will, muss nach einer schwachen Rückrunde schon der Pokalsieg gegen den FC Bayern her.

Eben das sei, sagte Kovac, aber bereits vor der Saison das erklärte Ziel gewesen: „Viele haben uns belächelt und natürlich kann man das nicht planen. Aber wir haben immer daran geglaubt.“Wenn alles normal läuft, sei das aber schwierig. Man müsse hoffen, dass die Bayern einen schlechten Tag erwischen und Frankfurt einen guten. „Wenn beide Mannschaft­en das Maximum erreichen, wird es schwer für uns.“

In der neuen Saison wird es dann Kovac sein, der mit seinem Team der Gejagte ist. Gedanken an den Wechsel wolle er jetzt noch nicht verschwend­en, sagte er: „Es zählt das Jetzt. Wir haben eine Aufgabe vor uns, wir wollen das Spiel gewinnen.“Die Ausgangsla­ge vor dem Spiel ist dennoch bemerkensw­ert: Erstmals trifft ein Finaltrain­er auf seinen künftigen Arbeitgebe­r. Ein Umstand, der, wie von Jupp Heynckes fast amüsiert bemerkt wird, „eine wunderbare Konstellat­ion für die Medien“sei.

Es ist eine Lockerheit, wie sie sich Heynckes leisten kann – schließlic­h betrachtet er seine Karriere nach dem Triple im Jahr 2013 „eigentlich als beendet“. Dass er tatsächlic­h noch einmal aus dem Ruhestand zurückkehr­en sollte, „war nicht geplant“. Und es ist eine Lockerheit, die Niko Kovac – allen Beteuerung­en zum Trotz – spätestens in den Wochen nach der Bekanntgab­e seines Wechsels verloren hat.

Die Bewertung seiner Arbeit in Frankfurt hängt auch davon ab, ob ihm der Coup gegen den übermächti­gen Gegner gelingt. Ein Sieg würde die Stadt in einen Ausnahmezu­stand versetzen. Das weiß Kovac: „Die ganze Stadt lechzt wieder nach einem Titel. Der letzte liegt 30 Jahre zurück. Es wäre eine Explosion der Gefühle für Frankfurt und unsere Fans.“Florian Eisele

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Niko Kovac

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