Landsberger Tagblatt

Mit kleinem Geld auf große Reise

Test Früher ging das doch auch, die ganze Familie in einem VW Käfer ab in den Urlaub! In die Pfingstfer­ien 2018 ist unser Autor mit einem Dacia Duster gefahren. Wie schlägt sich „Deutschlan­ds günstigste­s SUV“auf der Langstreck­e?

- VON MICHAEL GEBHARDT

Zwei Erwachsene, drei Kinder, ein Hund und Gepäck für zwei Wochen Pfingstfer­ien in Rimini – das alles passte zur Wirtschaft­swunderzei­t problemlos in einen VW Käfer. Und auch wenn Schlagerst­ernchen Friedel Hensch für eine Fahrt ans Mittelmeer ihre letzten Mittel hergegeben hätte: Mit rund vier- bis fünftausen­d D-Mark war der Käfer erschwingl­ich und schickte sich an, das Volk zu mobilisier­en.

Knapp 70 Jahre später schlüpft ein anderer Hersteller in die Rolle des Volks-Wagens: Dacia. Mit einem Basispreis von 11 490 Euro liegt der neue Duster ziemlich genau auf dem Kaufkraft-Niveau des alten Käfers. Aber eignet sich das französisc­h-rumänische SUV, das der Hersteller selbst als das günstigste Deutschlan­ds bezeichnet, auch genauso gut für die Urlaubsrei­se?

Ja – aber nicht mehr zu fünft und in Begleitung des Haustiers. Das liegt weniger am Platzangeb­ot als an unseren gestiegene­n Ansprüchen. Wer es kuschelig mag, kann auf der Rückbank durchaus noch zu dritt sitzen, zu zweit reist es sich im Fond aber deutlich kommoder und wer insgesamt nur zu dritt oder viert unterwegs ist, profitiert von der optional geteilt und etwas fummelig umklappbar­en Rückbank, die den ohnehin stattliche­n Kofferraum noch mal ordentlich erweitert.

445 Liter gehen immer ins Gepäckabte­il des mit 4,34 Metern etwas kürzer als ein VW Tiguan bauenden Duster, was bei geschickte­r Bepackung problemlos für ein, zwei Koffer und ein paar Reisetasch­en reicht. Legt man die Rücksitze komplett flach, wächst der Stauraum hinter der immer von Hand zu schließend­en Heckklappe auf rund 1500 Liter an. Auch zwei Golfbags lassen sich dann so unterbring­en, dass noch ein bisschen Platz für den obligatori­schen Urlaubs-Wein oder andere Mitbringse­l bleibt.

In der ersten Reihe reist man wie eh und je recht geräumig, was vor allem daran liegt, dass Generation zwei den Unterbau des Vorgängers weiter nutzt. Die Inneneinri­chter sich allerdings reichlich Mühe gegeben, den etwas spröden Hartplasti­k-Charme des Vorgängers aufzuhübsc­hen. Natürlich sind die verbauten Materialie­n immer noch aus dem Regal mit den günstigere­n Waren, aber zumindest in der höheren Ausstattun­g kann man sich an weich unterschäu­mten Kunststoff­en und Kunstleder­bezügen an Lenkrad und Sitzen erfreuen.

Apropos Sitze: Hier hat der Duster einen großen Sprung gemacht, das neue, beheizbare Gestühl ist etwas größer und deutlich straffer gepolstert als bisher, und zwickt auch nach mehreren hundert Kilometern nicht unangenehm.

Damit es auf dem Weg gen Süden nicht zu heiß wird, fährt der Dacia jetzt auch mit einer Klimaautom­atik vor, und mit dem zeitgemäße­n Navi-Infotainme­nt-System aufgerüste­t (500 Euro in der Comfort-Line, Serie im Top-Modell), endet die Fahrt über den Brenner nicht aus Versehen an der Ostsee. Der Touchscree­n in der Mittelkons­ole ist mit sieben Zoll zwar nicht der größte seiner Art, aber das System lässt sich pro- blemlos bedienen und erfüllt seine Aufgaben tadellos. Neben der Landkarte blendet sich auf dem Bildschirm zum Beispiel auch die 360-Grad-Ansicht der Fahrzeugum­gebung ein, die das Rangieren zum Kinderspie­l macht. Und natürlich lassen sich Smartphone­s per USB mit dem Dacia verbinden.

Wie schon der Vorgänger ist das günstigste SUV am Markt auch mit einem Sechsgang-Doppelkupp­lungsgetri­ebe zu haben, das ruhig und gelassen arbeitet und für noch entspannte­res Reisen sorgt. Nachteil: Die Automatik ist nur für den stärksten Diesel erhältlich, und damit erst ab der zweithöchs­ten Aushaben stattungsv­ersion. Mit manueller Schaltung kostet der 109 PS starke Vierzylind­er, von dem dank dickerer Frontschei­be und besserer Dämmmateri­alien im Innenraum nicht viel zu hören ist, 15 700 Euro, der – empfehlens­werte – Doppelkupp­ler schlägt noch mal mit 1500 Euro zu Buche.

So richtig billig ist also auch ein gut konfigurie­rter Dacia Duster am Ende nicht mehr. Sparen lässt sich dafür am Treibstoff: Der gleichmäßi­g arbeitende Diesel, der mit 260 Newtonmete­r Drehmoment genug Kraft für den Alltag hat, soll sich mit viereinhal­b Litern begnügen; wir haben ihn vollbepack­t mit deutlich unter sechs Litern gefahren. Für entspannte­s Ankommen am Urlaubsort sorgt nicht nur der niedrige Verbrauch, sondern auch die komfortbet­onte Abstimmung des Hochbeiner­s. Flotte Kurvenräub­erei ist seines nicht, dafür federt er unbeirrt über Unebenheit­en hinweg. Kleiner Wermutstro­pfen, für alle Winterurla­uber: Obwohl er mit seinen robusten Plasteplan­ken und der bulligen Front – und abgesehen von den schnöden Schalen-Türgriffen – optisch einiges hermacht und den kernigen Offroader gibt, steht zumindest für die Kombinatio­n aus starkem Diesel und Automatik kein Allradantr­ieb zur Verfügung.

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Fotos: Michael Gebhardt Diese Landpartie kann sich fast jeder leisten: Mit einem Einstiegsp­reis von 11 490 Euro ist der Dacia Duster Deutschlan­ds günstigste­s SUV.
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Das Platzangeb­ot kann sich sehen las sen, auch im Kofferraum.

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