Drei Orte, drei gleiche Straßennamen
Verkehr Wer in der Gemeinde Pürgen in der Landsberger, der Weilheimer oder der Pitzlinger Straße wohnt, der wartet manchmal lange oder vergeblich auf seine Post. Für die Rettungsdienste gibt es aber keine großen Probleme
Pürgen Gleich dreimal gibt es in Pürgen eine Landsberger Straße – im Hauptort, in Lengenfeld und in Ummendorf. Auch die Pitzlinger Straße findet man dreimal und die Weilheimer Straße zweimal. Kein Wunder, dass das immer wieder zu Problemen bei der Zustellung von Post oder anderen Lieferungen führt. Gravierende Schwierigkeiten in Notfällen, beispielsweise wenn ein Rettungswagen oder die Feuerwehr zum Einsatz kommen, hat es aber nach Angaben der Integrierten Rettungsleitstelle in Fürstenfeldbruck noch nicht gegeben.
„In unserem System erscheint nach Eingabe des Straßennamens eine Liste mit den Ortsteilen, in denen es diese Straße gibt“, sagt Referatsleiterin Heidi Harnisch. „Dann müssen die Kollegen den Ort und den Ortsteil erfragen.“Schwierig würde es nur, wenn der Anrufer aus Unkenntnis nicht sagen kann, in welchem Ortsteil er sich befindet. „Dann lassen wir uns die Umgebung beschreiben, das hilft zusätzlich.“
Dass aber ein Gefrierschrank, der laut Zulieferer seinen Adressaten gefunden hat, in Wirklichkeit nie angekommen ist oder eine ganze Lkw-Ladung sperriger Metallteile falsch abgeladen wurde, das gehört bei einigen Bewohnern eben dieser Straßen fast zum Alltag. Denn, so erzählt uns eine Anwohnerin, „manche Navigationsgeräte in den Autos führen, wenn man die Landsberger Straße in Pürgen eingibt, automatisch nach Lengenfeld. Auch das Navi ihres eigenen Fahrzeugs würde sie nicht nach Hause, sondern nach Lengenfeld führen. In das Haus einer Bekannten, mit der sie, der Adressengleichheit sei Dank, regen Whats-App-Austausch hat. Mit oft dem gleichen Inhalt: „Paket steht bei uns“. „Das ist aber alles halb so schlimm, solange nicht wirklich mal etwas Schlimmes passiert.“
Und für diesen Fall hat sich die Familie eine Strategie zurechtgelegt. „Wir würden den Rettungswagen an die Ecke Alpenstraße/Landsberger Straße bestellen und dort jemanden warten lassen. Dann sind es ja nur noch ein paar wenige Schritte bis zu uns.“Auch die Kinder der Familie seien bestens vorbereitet und wüssten im Ernstfall, was zu sa- gen ist. „Nicht nach dem Navi fahren, sondern wirklich nach Pürgen in die Landsberger Straße.“
Seit etwa zehn Jahren lebt die Familie in der Landsberger Straße. „Anfangs habe ich mich wirklich gewundert, warum erwartete Lieferungen wie der Gefrierschrank nicht ankamen oder wir Mahnungen für Rechnungen bekamen, die ich nie erhalten habe“, sagt die Anwohnerin. „Bis wir dann festgestellt haben, dass es unsere Adresse mit identischer Hausnummer tatsächlich noch einmal in der Gemeinde gibt.“Mitleid hat sie mit den Postzustellern oder Lieferanten. „Wenn ich sehe, dass mal wieder ein Lieferwagen versucht, rückwärts in unsere Einfahrt zu fahren und ich weiß, ich habe nichts bestellt, laufe ich dem Fahrer entgegen, damit er sich die Mühe nicht umsonst macht.“
Die Adressen-Doppelung betrifft auch Rudolf Bogner. Er betreibt in der Landsberger Straße 28 in Pürgen ein Motorrad-Geschäft mit Werkstatt. Eines Morgens entdeckte er vor seinem Betrieb eine „riesige Ladung Metall-Teile, die ganz sicher nicht mir gehörten.“Auf die Teile wartete die Firma Schrott in der Landsberger Straße 28 in Lengenfeld. „Ich lebe seit 14 Jahren mit der Problematik. Manchmal ist das eine Katastrophe, weil Teile, die falsch geliefert wurden oder weil der Empfänger nicht ausfindig gemacht werden konnte, einfach verschwinden.“Kritisch empfindet er es auch, wenn mal wieder eine „falsche Express-Lieferung bei mir landet.“Mindestens einmal pro Woche schicke er große Lastwagen weiter.
Im Rahmen der Bürgerversammlung hatte Werner Schrott aus Lengenfeld angeregt, noch einmal über die Möglichkeit nachzudenken, das Problem auf Gemeindeebene zu lösen. „Man könnte ja zum Beispiel in der Landsberger Straße in Pürgen mit der Hausnummer eins anfangen und dann in Lengenfeld entsprechend weitermachen.“
Von einer Änderung ist Bürgermeister Klaus Flüß nicht begeistert. „Im Rahmen der Dorferneuerung wurde eine Umfrage gemacht, ob die Bürger andere Straßennamen wünschen. Das wollte die Mehrheit nicht.“Zumal es ja mit dem Aufstellen eines neuen Straßenschildes nicht getan sei. Nicht nur neues Briefpapier müsse beschafft, neue Visitenkarten gedruckt und der Personalausweis geändert werden. „Es muss ja auch für jeden Haus- und Grundbesitzer im Grundbuch ein neuer Eintrag erstellt werden“, sagt Flüß. Solange bei den Anwohnern dieser Straßen keine Einigkeit herrsche, werde die Gemeinde nichts unternehmen.
Aber warum hat die Gemeinde Pürgen eigentlich so viele Mehrfachnennungen bei Straßennamen? Das liegt in der Gebietsreform zwischen 1972 und 1978 begründet. Bis dahin waren Lengenfeld, Ummendorf, Stoffen und Pürgen jeweils eigenständige Gemeinden. Im Rahmen der Zusammenlegung zur Gesamtgemeinde wurde es versäumt, die Straßennamen zu ändern.
Eine Ladung Metallteile falsch abgeladen