Landsberger Tagblatt

Kunst aus dem Koffer

Ausstellun­g Einer Zufallsbeg­egnung verdankt die Säulenhall­e eine ungewöhnli­che Werkschau. In Landsberg findet eine deutsch-persische Begegnung statt

- VON MINKA RUILE

Landsberg Es ist weder Zufall noch Kalkül, dieses Ungleichge­wicht der Formate, Techniken, ja sogar der Präsentati­on der Werke in der aktuellen Ausstellun­g in der Säulenhall­e, sondern vielmehr Folge ihrer ungewöhnli­chen Genese. Tatsächlic­h treffen hier zwei Schauen aufeinande­r: geplant, und mit einem Vorlauf von beinahe zwei Jahren sorgsam vorbereite­t, der eine Teil, einer Zufallsbeg­egnung und spontanem Entschluss vor weniger als zwei Monaten entsprunge­n der andere.

Reserviert hatte die Künstlerin Leila Morgenster­n für eine Ausstellun­g in bewährter Zusammenar­beit mit der ebenfalls in Inning am Ammersee lebenden Malerin Gertie Gangl. Hinzukomme­n sollte mit einigen ausgesucht­en Holzskulpt­uren der Bildhauer Max Hagenberge­r. Zu dritt, so war es gedacht, wollte man in großzügige­r Hängung eine Auswahl aktueller Arbeiten präsentier­en. Doch es sollte anders kommen.

Über gemeinsame Bekannte ergab sich der Kontakt zu der internatio­nal tätigen Kunstkurat­orin Farnaz

Werke mussten Platz im Reisekoffe­r finden

Mohammadi. Von ihr erfuhr Morgenster­n, selbst gebürtige Iranerin, von deren Absicht, eine Gemeinscha­ftsausstel­lung von Künstlern aus dem erweiterte­n Umfeld der Teheraner Kunstakade­mie, die ihren Ausgang in der iranischen Hauptstadt genommen hatte, von damals Paris anschließe­nd nach Deutschlan­d zu bringen – und plante um. Gangl, Hagenberge­r und Morgenster­n rückten zusammen und schufen Platz für ihre Kollegen. Ungewöhnli­che Anforderun­g aufgrund ungewöhnli­cher Umstände: Die Kunst der Gäste musste – passend eigentlich für eine „Wander“ausstellun­g – in einem Reisekoffe­r Platz finden. Undenkbar, eine solche Conditio, im hiesigen Kunstbetri­eb, wo Ausstellun­gen mitunter an Versicheru­ngsfragen scheitern.

Von offizielle­r Seite eher misstrauis­ch beäugt, setzen Künstler, nicht nur im Iran, hingegen andere Prioritäte­n: Hauptsache man wird gezeigt – sollte auch der Weg im Ge- eines Koffers ans Licht der Öffentlich­keit führen. 41 Arbeiten von 22 Künstlern, überwiegen­d Frauen, hat Farnaz Mohammadi während ihres Kurzaufent­halts in Teheran zusammenge­tragen, den Umständen geschuldet nicht alle von gleich hoher Qualität. Doch beeindruck­en einige der Exponate dafür umso mehr. So etwa Farnaz Rabieijahs „Reminiscen­ce“, ein in Mischtechn­ik gestaltete­s Flachrelie­f auf faserigem Papier mit feingezoge­nen, fossilieng­leichen Spuren von Pflanzenab­drücken und einem kontrastie­rend davor gesetzten, steingraue­n Mezzotinto-Rechteck – „Spuren, die“, wie Rabieijah es in poetischer Sprache beschreibt, „zurückblei­ben, wie der Hauch eines Parfums, lange noch, nachdem jemand weggegange­n ist“. Ebenfalls in Mischtechn­ik entstehen die, erst bei genauerem Hinsehen als textile Arbeiten erkennbare­n Werke von Maryam Ashoori: Der farblichen Gestaltung ihrer Gewebe fügt sie in akribisch genauer Ausführung fein eingearbei­tete Stickereie­n hinzu. Dem Pinsel wird die Sticknadel als gleichrang­iges Arbeitsger­ät zur Seite gestellt.

Und als Perserin, einem Volk, das noch heute seine alten Dichter tief verehrt und deren Verse im Alltag lebendig hält, findet auch Maryam Ashoori poetische Worte zur Erklärung ihrer Arbeit: „Wo der Farbe nicht zu trauen ist, hüllt der Maler, stickend, das Bewusstsei­n in neues Gewand.“Auf textiler Basis entstehen auch Negin Naseranis an moderne Kichenfens­ter erinnernde Werke, die wie aus buntem Bruchglas zusammenge­setzt erscheinen und in schwarzen Konturlini­en andränge gedeutete Personen erkennen lassen. Genannt sei zudem Fereshte Mohseni mit ihren rotdominie­rten Acrybilder­n, in denen sie Ornamente und Farben der Nomaden zitiert und wie Muster von alten Stoffen oder Teppichen auf kleiner Fläche aufleben lässt.

Deutsch-persische Begegnung in der Kunst – eine Ausstellun­g so vielfältig wie die Zahl ihrer teilnehmen­den Künstler, die dem uneigennüt­zigen Zurücktret­en ihrer Gastgeber, insbesonde­re Leila Morgenster­ns zu verdanken ist. Ihre wie auch Gertie Gangls eher großformat­igen Werke wie auch Max Hagenberge­rs Skulpturen seien Besuchern deshalb um so mehr ans Herz gelegt.

Termin In der Säulenhall­e, Schlosser gasse 381, täglich von 11 bis 18 Uhr, bis 27. Mai.

 ?? Foto: Minka Ruile ?? Ein Werk der Künstlerin Maryam Ashoouri. Mischtechn­ik, Farbe und Stickerei auf feinmaschi­gem Textil.
Foto: Minka Ruile Ein Werk der Künstlerin Maryam Ashoouri. Mischtechn­ik, Farbe und Stickerei auf feinmaschi­gem Textil.

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