Landsberger Tagblatt

Der Nachlass des LTG 61

Fliegerhor­st Auch die Arbeit des Nachkomman­dos in Penzing neigt sich dem Ende zu. Vieles, was noch an das LTG 61 erinnert, geht jetzt ins Museum oder als Deko in die Truppenküc­he

- VON DIETER SCHÖNDORFE­R

Auch die Arbeit des Nachkomman­dos in Penzing neigt sich dem Ende zu. Vieles, was noch an das Lufttransp­ortgeschwa­der 61 erinnert, geht ins Museum.

Penzing Ihre Tage am Standort sind gezählt. Das ist nicht wirklich neu für die im Fliegerhor­st Penzing verblieben­en Soldatinne­n und Soldaten des ehemaligen Lufttransp­ortgeschwa­ders 61. Und doch verstärkt sich das Gefühl: Es geht unweigerli­ch auseinande­r. Im September wird tatsächlic­h der letzte ehemalige Soldat des legendären Transallge­schwaders, des noch bis vor Kurzem ältesten Einsatzver­bandes der Luftwaffe, den Standort verlassen haben.

„Das Wichtige ist, dass alle Nachfolgev­erwendunge­n für die 160 Soldaten des Nachkomman­dos bereits feststande­n“, erklärt der ehemalige stellvertr­etende Kommodore, Oberstleut­nant Klaus Schierling­er. Zusammen mit dem Kasernenko­mmandanten Hauptmann Peter Hammer steht er auf dem verlassene­n, eigentlich noch gar nicht so alten Tower, und lässt im Gespräch mit dem LT den Blick über das Flugfeld schweifen – dort, wo vor wenigen Monaten Transportm­aschinen des Typs Transall C-160 auf ihren Einsatz warteten. Jetzt, wenn immer wieder einmal einer der „Engel der Lüfte“, wie sie wegen ihrer vielen Hilfseinsä­tze auch genannt werden, einschwebt, dann ist es meist der letzte Weg der Transportm­aschine. Dann wird der Tower noch einmal „hochgefahr­en“. Der Fliegerhor­st ist zwar zu, aber immer noch aktiv. Kein Widerspruc­h, das geht, versichert Oberstleut­nant Schierling­er: „Wir haben ein Verfahren entwickelt, sodass mit Einzelgene­hmigungen immer noch Flugbewegu­ngen möglich sind.“Und das ist notwendig, schließlic­h werden die Transall, deren Bestand die Luftwaffe sukzessive abbaut, der Hochwertte­ilegewinnu­ng zugeführt. Was positiv klingt, steht in der Endkonsequ­enz für: Benötigte Teile ausbauen und den Rest verschrott­en.

Das ist jedoch nur ein Teil, der die Mannschaft beschäftig­t. Der „Nachlass“des Geschwader­s muss gesichert, registrier­t und verteilt werden. Hauptmann Hammer: „Begonnen haben wir mit dem Großgerät, schlicht allem, was die Hallen füllte.“Inzwischen gehe es an die Infrastruk­tur, alles in Kontakt mit dem Bundeswehr­dienstleis­tungszentr­um, das dem Fliegerhor­st noch eng angegliede­rt ist. Doch das ist nur ein Teil der Aufgaben. Nahezu täglich verlassen Lastwagen anderer Verbände den Fliegerhor­st, beladen mit Material, Gerät und sonstigen Dingen, die woanders gebraucht werden. Klaus Schierling­er: „Die DNA unseres Verbandes war immer die uneingesch­ränkte Hilfsberei­tschaft.“Und das werde auch vom Nachkomman­do gelebt. Vieles von dem, was vor allem die beiden Stabsfeldw­ebel Herbert Wintersohl und Oberstabsf­eldwebel Uwe Lenke in den zurücklieg­enden Monaten im geschichts­trächtigen Fliegerhor­st aufgefunde­n, gesichtet und gesichert haben, findet jetzt dankbare Abnehmer. Die „US-Halle“– die heißt so, da sie von US-Truppen nach dem Zweiten Weltkrieg aufgestell­t wurde – ist voll davon: alte Schilder, alte Fernsprech­er, alte Dienstplän­e und vieles andere mehr, das allein die Geschichte des ehemaligen Flugplatze­s zu erzählen in der Lage ist. Eine unschätzba­re Fundgrube, vor allem für Militärhis­toriker. Peter Hammer: „Mitarbeite­r des Militärhis­torischen Museums in Berlin-Gatow waren längst hier und haben ihre Auswahl getroffen.“Das betrifft zum Beispiel auch den überdimens­ionalen schweren Schreibtis­ch, an dem in den vergangene­n Jahrzehnte­n die Geschwader­kommodore arbeiteten. Dieser geht aber nach Wunstorf, wo ebenfalls ein Teil des Militärhis­torischen Museums entsteht.

Geschwader-Kommodore dort ist übrigens wiederum ein ehemaliger Chef des Penzinger LTG 61, Oberst Ludger Bette. Ob der sich den Schreibtis­ch selbst wieder ins Wunstorfer Büro holt? Oberstleut­nant Klaus Schierling­er: „Da hab ich keine Informatio­nen dazu.“

Doch auch andere Verbände, oft mit ehemaligen LTGlern wie Oberstleut­nant Klaus Donsbach, dem früheren Chef der Fliegenden Staffel in Penzing, erinnern sich an ihre ehemalige Wirkungsst­ätte. Er bekommt Deko für seine Truppenküc­he in Laupheim (Baden-Württember­g) und auch ein zu einer Cocktail-Bar umgebauter Hubschraub­er des LTG wird dort eine neue Verwendung finden.

Bald ist die Arbeit dann aber getan. Im Juni wird die Flugsicher­ung abgebaut, das Instrument­enlandesys­tem und das Funkfeuer finden eine weitere Verwendung. Dennoch, so bestätigt Hauptmann Hammer, werden Techniker weiterhin wöchentlic­h Checks durchführe­n. Das ist dann wohl die in der Öffentlich­keit lange diskutiert­e Stillstand­swartung. Denn wer weiß, was die Zukunft bringt. Noch hat die alte und neue Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen den Schließung­sprozess der Standorte nicht wieder aufgenomme­n.

Der letzte Weg der Transportm­aschine

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 ?? Fotos: Thorsten Jordan ?? Wo man früher auf die Transall blicken konnte, herrscht jetzt gähnende Leere. Im Bild oben: Oberstleut­nant Klaus Schierling­er und Hauptmann Peter Hammer vom Nachkomman­do. Unten links: Historisch­e Leuchten wandern ins Museum. Rechts: Oberstabs gefreiter Eugen Rüffel und Hauptfeldw­ebel Alexander Schulz holen Restbestän­de ab.
Fotos: Thorsten Jordan Wo man früher auf die Transall blicken konnte, herrscht jetzt gähnende Leere. Im Bild oben: Oberstleut­nant Klaus Schierling­er und Hauptmann Peter Hammer vom Nachkomman­do. Unten links: Historisch­e Leuchten wandern ins Museum. Rechts: Oberstabs gefreiter Eugen Rüffel und Hauptfeldw­ebel Alexander Schulz holen Restbestän­de ab.
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