Auf der (fast) autofreien Mühlstraße
Fußgängerzone Am Wochenende startete die kontrovers diskutierte Regelung in Dießen. Einige Geschäftsleute fürchten, Kunden zu verlieren. Viele Passanten finden die neue Situation aber „toll“
Dießen Dießen hat bis zum September eine Fußgängerzone auf Probe – zumindest an den Wochenenden und Feiertagen. Das LT hat sich in der Mühlstraße umgesehen: Bei einigen Autofahrern ist die neue Regelung noch nicht angekommen, sie steuern auch am Samstagnachmittag noch durch die Mühlstraße und werden von der Polizei auf ihr Fehlverhalten aufmerksam gemacht. Geahndet wird das Verkehrsvergehen an diesem ersten Wochenende noch nicht. In den gesperrten Bereich vom Maibaumplatz bis zum Untermüllerplatz dürfen nur Anlieger, die Stellplatz oder Garage haben, einfahren. Fahrradfahrer müssen absteigen und ihren Drahtesel schieben – auch das beherzigt längst nicht jeder Radler.
Die Beschilderung gibt Anlass zu Irritationen, wie auch die Gemeinderäte Alexander Höring und Petra Sander, die sich die Sache ansehen, zugeben. Zwar ist klar, dass die Fußgängerzone von Samstag 14 bis Sonntag 20 Uhr gilt. Aber wie ist „feiertags“zu verstehen? Von 14 bis 20 Uhr? Oder von 0 bis 24 Uhr und damit länger als an einem normalen Sonntag? Neben dieser sachlichen
Die Schilder werfen noch Fragen auf
Fragestellung, gibt es grundsätzliche Differenzen, die bereits oft diskutiert wurden: Geschäftsleute fürchten um Kunden, Anwohner freuen sich über autofreie Flächen.
Die Befürchtungen sind nicht unbegründet, wie sich im Fischgeschäft der Gastls zeigt: Barbara Mastaller-Gastl berichtet, dass ein Augsburger Kunde, der eine Angelkarte kaufen wollte, jetzt nach Utting fahre. Am Wochenende wollten oft Wirte frische Fische kaufen. „Wir haben auch ältere Kundschaft“, kritisiert Fischer Simon Rauch die neue Regelung. Er hat außerdem die Befürchtung, dass sie ausgedehnt wird auf weitere Tage. Alexandra Bach verkauft Möbel und Wohnaccessoires: „Wie sieht es aus, wenn jemand einen schweren Tisch am Samstag abholen will?“Knapp außerhalb der Fußgängerzone befinden sich die Modeboutique von Lissi Rott und das Sportgeschäft von Werner Bernhard. Sie sehen die Problematik, dass für auswärtige Kunden die Orientierung schwierig wird, wenn die Mühlstraße gesperrt ist. Für sich selbst hat Anwohner Peter Barth kein Problem, glaubt aber, dass für viele der Weg vom Bahnhofsparkplatz bis in die Mühlstraße zu weit sei. „Ich glaub’, die Leut’ kommen dann nimmer.“
Diesen Befürchtungen widersprechen zumindest die Aussagen der Touristen, die am Samstag durch die Fußgängerzone laufen. „Es hat was Mediterranes“, so Christian Henckel aus Breitbrunn. und Petra Meir, die ihr Wochenende in Utting verbringen, finden die Fußgängerzone „ganz toll“. Die Dießenerin Betty Schmid würde Radfahren erlauben, wenn Fußgängern der Vorrang gewährt wird. Eine Gruppe von Senioren, ein Klassentreffen von Dießenern Jahrgang 1940, versteht gar nicht, warum so viel Aufhebens gemacht wird: „Man hat doch Füße, es ist doch nicht schlimm, ein paar Meter zu Fuß zu gehen“, sagt Hermann Mayr. Gekommen ist auch Franz Sanktjohanser, der als Mitinitiator einer Unterschriftensammlung die Fußgängerzone mitangestoßen hat. „Ich möchte sehen, wie sich’s entwickelt.“
Boutiqueninhaberin Petra Thurner freut sich über die neue Regelung und sieht es auch als Aufforderung an die Geschäftsleute, „etwas daraus zu machen“. Juwelier GerIris hard Lempik hat schon reagiert und öffnet nun auch Samstagnachmittag. Mitarbeiterin Lioba Baumbach spricht an, dass es bei der Haltung zur Fußgängerzone darauf ankommt, aus welchem Grund man sie betritt: „Muss ich schnell etwas einkaufen, möchte ich vors Geschäft fahren können. Wenn ich aber mit meiner fünfjährigen Tochter zu Fuß unterwegs bin, freue ich mich über die autofreie Zone.“