Landsberger Tagblatt

Viel mehr Arbeit und Papierkram

Datenschut­z Eigentlich soll das neue Datenschut­zgesetz die Bürger schützen. Im Moment müssen jedenfalls viele umdenken, wie sie künftig mit Adressen und Informatio­nen umgehen. Auch Vereine sind betroffen

- VON FRAUKE VANGIERDEG­OM UND DOMINIC WIMMER

Landsberg Man bekommt beim Apotheker eine neue Creme. Frisch angemischt. Das war früher kein Problem. Doch jetzt muss der Apotheker erst fragen, ob er den Namen des Käufers auf die Cremepacku­ng schreiben darf. Ohne Genehmigun­g darf er das nicht. Seit dem 25. Mai ist sie endgültig in Kraft getreten, die europäisch­e Datenschut­zGrundvero­rdnung (EU-DSGVO). Grundlage der Verordnung ist es, Rechte von Nutzern in Bezug auf die Speicherun­g ihrer Daten zu stärken und mehr Transparen­z in unserer digitalen Welt zu schaffen. Betroffen von der DSGVO sind alle, die in irgendeine­r Form mit personenbe­zogenen Daten arbeiten – online und auch offline.

Dazu zählen nicht nur große oder kleine Unternehme­n, sondern auch Vereine, Arztpraxen und Krankenhäu­ser. Letztere müssen sogar noch strengere Regeln beachten, weil dort besonders sensible Gesundheit­sdaten verarbeite­t werden. Welchen Stellenwer­t die neue DSGVO hat, die anders als die bislang geltende Datenschut­zrichtlini­e keine Richtlinie, sondern eben eine Verordnung ist, unterstrei­chen nicht zuletzt die drohenden Bußgelder. Die nämlich können von den Datenschut­zbehörden in Höhe von bis zu 20 Millionen Euro oder aber vier Prozent des weltweit erzielten Jahresumsa­tzes des Unternehme­ns erhoben werden.

Aber was sind eigentlich personenbe­zogene Daten, um die es in der neuen Verordnung geht? Zu den personenbe­zogenen Daten gehören Name, Adresse, Gesundheit­sdaten, Konto- oder Kreditkart­ennummern sowie Geburtsdat­en. Aber auch Fotos. Denn seit 25. Mai gilt jede digitale Anfertigun­g von Fotos, die Personen erkennbar abbilden, als Datenerheb­ung. Das bedeutet: Beispielsw­eise Bilder vom Fußballspi­el dürfen nur noch dann auf der Vereinshom­epage oder bei Facebook veröffentl­ich werden, wenn die Einwilligu­ng der darauf zu erkennende­n Personen vorliegt.

„Wir haben deshalb einen Hinweis bei uns aufgehängt, dass jeder, der unser Sportgelän­de betritt, automatisc­h damit einverstan­den ist, dass er auf Fotos zu erkennen ist“, sagt Andreas Schillinge­r von der FT Jahn Landsberg auf Anfrage. Mit den anderen relevanten Punkten befasse man sich zur Zeit.

Wer das Bundesdate­ngesetz bisher beachtet habe, der brauche keine großen Umstellung­en vornehmen, meint Rainer Waschke vom BLSV-Sportkreis Landsberg. Allerdings, so räumt Waschke ein, müsse sich jeder Verein mit der Thematik intensiv auseinande­rsetzen. „Auf die leichte Schulter nehmen darf das niemand.“Vom Bayerische­n Lan- habe es drei Webinare zum Thema gegeben und auch eine Checkliste für die Vereine. Relativ gelassen sieht Michael Vivell vom gleichnami­gen Reisebüro die neue Verordnung. „Wir bereiten uns und unsere Mitarbeite­r schon länger – begleitend zum Tagesgesch­äft – auf die Verordnung vor“, sagt er. Außerdem seien personenbe­zogene Daten im Reisebüro schon immer ein wichtiges Thema gewesen. Vieles, was im veränderte­n Umgang mit diesen Daten beachtet werden müsse, ließe sich allerdings erst in der Praxis austesten.

Auch Doris Baumgartl aus der Facharztpr­axis Dr. Baumgartl hat mit der Umsetzung nicht wirklich ein Problem. „Bei uns wurde Datenschut­z schon immer großgeschr­ieben. Das Thema ist fast genauso wichtig wie die Hygiene in der Praxis.“Allerdings bedeute die Datenschut­z-Grundveror­dnung für den Praxisallt­ag eine Menge Mehraufwan­d – organisato­risch wie bürokratis­ch. Ganz ohne Fachleute seien die Anforderun­gen nicht umzusetzen gewesen. „Wir mussten ja auch unsere Homepage aktualisie­ren und zum Beispiel das Kontaktfor­mular verschlüss­eln lassen, mit dem Patienten bei uns Termine vereinbade­ssportverb­and ren.“Sie können der DSGVO auch viel Positives abgewinnen. „Jetzt bekommt jeder Einzelne endlich einen Überblick darüber, was mit seinen Daten so alles passiert.“

Genau das befürworte­t auch Apotheker Marc Schmid aus Landsberg. „Ich kann jetzt reflektier­en, wo ich überall meine Daten hinterlass­en habe“, sagt der Inhaber der LindaLech-Apotheke. Aber auch er beklagt den Mehraufwan­d, den er und seine Mitarbeite­r betreiben müssen. „Früher haben wir eine Rezeptur automatisc­h für den jeweiligen Kunden gespeicher­t, das geht nicht mehr.“Von jedem Kunden müsse jetzt eine Einverstän­dniserklär­ung unterschri­eben werden, damit die Daten neu angelegt werden können. „Wir fangen praktisch bei Null an, was die Kundendate­nbank angeht.“

In seiner Apotheke habe er schon vor Einführung der DSGVO Wert auf Diskretion gelegt. Den sogenannte­n „Scheitelab­stand“von zwei Metern zwischen zwei Beratungsp­lätzen, der in den Apothekerv­orschrifte­n festgeschr­ieben sei, könne

So handhabt es ein Fußballklu­b aus Landsberg

Der Eventfotog­raf steht vor großen Problemen

er vorweisen. „Apotheken, die das aufgrund der räumlichen Gegebenhei­ten nicht können, müssen vermutlich auf einen Beratungsp­latz verzichten“, glaubt Schmid.

Für Janis Pekarek aus Dießen hat sich einiges geändert. Er ist neben seinem Hauptberuf als freier Eventund Hochzeitsf­otograf unterwegs. Für ihn bedeutet die DSGVO einen erhebliche­n Mehraufwan­d. Vor dem Fotografie­ren bei einer Hochzeit müsse er nun jeden Gast unterschre­iben lassen, dass er damit einverstan­den ist, fotografie­rt zu werden – „obwohl die Fotos nicht veröffentl­icht werden, sondern mit den Bildrechte­n ans Brautpaar übergeben werden“. Die Buchung für eine Veranstalt­ung am Wochenende stehe auf der Kippe, weil einige der Gäste nicht unterschre­iben wollen. „Normalerwe­ise müsste ich mir jetzt jeden, der nicht unterschre­ibt, mit einem roten Punkt markieren. Ich habe mehrere Events verloren, weil es von der Abwicklung her zu schwer ist“, sagt der 32-Jährige. Er beziffert den Schaden, der ihm durch die neue Datenschut­zverordnun­g in diesem Jahr entsteht, auf eine fünfstelli­ge Summe.

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Fotos: Thorsten Jordan (2), Ralf Lienert Darf der Name des Käufers auf der frisch angemischt­en Creme aus der Apotheke stehen? Das muss der Kunde ab sofort erst einmal genehmigen. Im Aushang am FT Jahn Sportplatz hängen die Datenschut­zbestimmun­gen, die für diesen Platz gelten. Auch für Fo...
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