Der Lech und seine Farben
Natur Der Fluss ist derzeit milchig-trüb. Schuld daran ist eine Baustelle am Forggensee
Landkreis Das Wasser des Lechs hat seit einigen Wochen eine milchigtrübe Farbe. Ungewöhnlich für den Abschnitt zwischen Kinsau im Süden und Prittriching im Norden, wo der Fluss, außer in Zeiten eines Hochwassers, dunkelgrün gefärbt ist. Der Grund für die Veränderung ist die Sanierung des über 60 Jahre alten Staudamms bei Roßhaupten im Ostallgäu. Denn für die Arbeiten musste der Forggensee trocken gelegt werden, in dem sich das Lechwasser normalerweise staut.
Wird das Wasser des Lechs in dem über 15 Quadratmeter großen Stausee nördlich von Füssen gestaut, setzen sich dort die Sedimente ab. Darunter versteht man Gesteine, Geröll und Sand, die der Fluss auf seinem Weg von den Alpen ins Flachland mitführt. Weil das Wasser zurzeit nicht aufgestaut wird, fließt es mit diesen Ablagerungen weiter und ist deshalb nicht so klar wie um diese Jahreszeit gewohnt.
Entstanden ist der Wildfluss durch den Lechgletscher, der das Gebiet zwischen dem heutigen Lech und der Iller bedeckte. Er entspringt nahe dem Formarinsee im österreichischen Vorarlberg, prägt dann eine der letzten Wildflusslandschaften Europas – das Lechtal –, führt über den Lechfall in Füssen weiter nach Landsberg und mündet bei Rain schließlich in die Donau. Das Faszinierende dieses „letzten Wilden“ist vor allem seine Farbe: magisch hellblau-türkis, wo der Lech noch wild fließt, jadegrün, wo er zur Stromerzeugung aufgestaut wird. Das verdankt der Lech zwei Faktoren: Zum einen dem hohen Gehalt an Mineralien im Wasser, die der Lech aus seinen Steinen löst, und zum anderen der niedrigen Wassertemperatur. Sie beträgt im Jahresmittel nur sechs Grad Celsius.
Für den Hochwasserschutz der Orte entlang des Lechs und zur Erzeugung von Strom wurde der Lech an mehreren Stellen aufgestaut. Der Forggensee zählt dabei zu den größ- ten Stauseen in Deutschland. Derzeit ist er ziemlich leer, weil der Staudamm saniert wird. Der Wasserspiegel liegt laut Kraftwerksbetreiber Uniper gut 15 Meter unter dem Aufstauziel. Im Moment wird der Baugrund erkundet. Parallel dazu haben die Bohrungen für Zementinjektionen begonnen. Sie die-
Das Wasser hat den Zement im Damm herausgewaschen
nen dazu, Zement in den Rissen im felsigen Untergrund des Dammes zu verpressen. Das wurde bereits vor 64 Jahren beim Bau der Talsperre so gemacht. Allerdings hat das Wasser den Zement mit der Zeit herausgewaschen. Dadurch wurde der Damm über die Jahre undicht.
In der zweiten Bauphase, die jetzt im Juni beginnen soll, rückt ein Schlitzwandgerät an, das ähnlich einem Spaten abschnittsweise Kerben in die Dammkrone bohrt. Diese werden ebenfalls mit einer Art Beton verfüllt und bilden so ein neues Dichtungssystem. Ob und wann der Forggensee wieder aufgestaut wird, entscheidet sich nach Angaben der Uniper-Kraftwerke demnächst. Bis dahin behält der Lech zwischen Kinsau und Prittriching wohl seine milchig-trübe Farbe.