Landsberger Tagblatt

Deutschlan­d als Staatsfein­d Nr. 1?

Hintergrun­d US-Präsident Trump will beim G7-Gipfel Druck in der Handelspol­itik machen. Ein geheimes Arbeitspap­ier zeigt: Er sieht inzwischen die Bundesrepu­blik als seinen Hauptgegne­r

- VON KARL DOEMENS

Washington Deutsche Wirtschaft­svertreter waren entsetzt, als ihnen kürzlich bei Gesprächen mit Ministeria­lbeamten in Washington ein Arbeitspap­ier zu ihrem Heimatland gezeigt wurde. Die Bundesrepu­blik sei ein „economic enemy“(wirtschaft­licher Feind), hieß es nach Informatio­nen unserer Zeitung in dem Ministeriu­mspapier. Es gibt keinen Zweifel: Die Exportnati­on Deutschlan­d befindet sich im Fadenkreuz des US-Präsidente­n: Donald Trump ärgern die erfolgreic­hen Autos, die muslimisch­en Einwandere­r und die geringen Verteidigu­ngsausgabe­n.

Auch mit der spröden Kanzlerin kann er nichts anfangen. Insofern stehen Angela Merkel beim G7-Gipfel keine vergnüglic­hen Stunden bevor. „Wir sind ins Kreuzfeuer der amerikanis­chen Kritik geraten“, räumen deutsche Regierungs­vertreter hinter vorgehalte­ner Hand ein. Ausgerechn­et bei Trumps Lieblingst­hemen gehen die Positionen weit auseinande­r: Hier eine rigide Migrations­politik und Protektion­ismus – dort ein liberales Asylrecht und ein mächtiger Exportüber­schuss. Zudem beruht der wirtschaft­liche Erfolg der Bundesrepu­blik aus Trumps Sicht nicht zu- auf dem militärisc­hen Schutz durch die USA. Doch Berlin ist von der in der Nato vereinbart­en Richtgröße der Verteidigu­ngsausgabe­n von zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s meilenweit entfernt.

Also grollt Trump. Er hat, wie die Washington Post berichtet, ohnehin keine große Lust, wenige Tage vor seinem möglicherw­eise historisch­en Treffen mit dem nordkorean­ischen Machthaber Kim Jong Un zum G7-Treffen nach Kanada zu reisen. Ernsthaft soll er erwogen haben, die Teilnahme abzusagen und seinen Stellvertr­eter Mike Pence zu schicken. Mit dem kanadische­n Premiermin­ister Justin Trudeau lieferte sich Trump einen Schlagabta­usch am Telefon. Und regelmäßig, so die Zeitung, beklage er sich intern über Kanzlerin Merkel.

Zu objektiven Gründen dürften psychologi­sche Motive hinzukomme­n. Trump ist besessen von Handelsbil­anzen. Vor jedem Treffen mit einem ausländisc­hen Regierungs­chef lässt er sich die Zahlen zeigen. Während die Einfuhren und Ausfuhren beispielsw­eise mit Frankreich halbwegs ausgeglich­en sind, fährt Deutschlan­d aus US-Sicht einen fetten Überschuss von 50 Milliarden Euro ein. Der verdeutlic­ht sich für Trump in den zahlreiche­n deutschen Autos auf amerikanis­chen Straßen. Und dann ist da noch Merkel: „Ich glaube, sein mangelnder Respekt vor Frauen spielt eine große Rolle“, erklärte jüngst der konservati­ve Publizist David Frum.

In der idyllische­n Einöde von Charlevoix hat Trump offenbar wenig Lust, über Geschlecht­ergerechti­gkeit und Umweltschu­tz zu reden, wie das der Gastgeber Kanada plante. Die Themen seien Wirtschaft­swachstum, der Handels-Konflikt und die gemeinsame Sicherheit, kündigte Trumps Wirtschaft­sberater Larry Kudlow an. Der ehemalige Fernsehmod­erator pries den USPräsiden­ten als „stärksten Handelsref­ormer seit vielen Jahrzehnte­n“.

Man solle nicht Trump die Schuld dafür geben, dass das Welthandel­ssystem zerbrochen sei: „Gebt den Ländern die Schuld, die aus dem System ausgebroch­en sind.“Das war ein klarer Seitenhieb gegen China, aber auch gegen Europa – und vor allem Deutschlan­d. In freundlich­em Ton kündigte Kudlow zwei bilaterale Treffen Trumps mit Trudeau und dem französisc­hen Präsiletzt denten Emmanuel Macron an. Kanzlerin Merkel erwähnte er mit keinem Wort.

Zwar treffen die neuen US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumi­mporte die Bundesrepu­blik vergleichs­weise glimpflich. Doch bei einer Eskalation des Konflikts steht für Deutschlan­d das Fundament seines Wohlstands auf dem Spiel: Jeder achte Arbeitspla­tz zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirc­hen hängt direkt oder indirekt von der Autoindust­rie ab. Trump scheint fest entschloss­en, diesen wunden Punkt zu nutzen, um den Druck für günstigere Handelskon­ditionen zu erhöhen.

So hat der Präsident seinen Wirtschaft­sminister Wilbur Ross vor zwei Wochen angewiesen, die Verhängung von Einfuhrzöl­len bis zu 25 Prozent auf Autos zu prüfen – angeblich, weil sie die amerikanis­che Sicherheit gefährden. Das passt zum Bild des ökonomisch­en Feindes. Und damit nicht genug: Nach einem Bericht der Wirtschaft­swoche soll Trump intern bereits erklärt haben, er werde seine Handelspol­itik so lange fortsetzen, bis keine Mercedes-Modelle mehr auf der 5th Avenue in New York zu sehen seien.

Das Zitat wurde zwar nicht bestätigt. Aber es klingt verdammt authentisc­h.

Trump wolle keinen Mercedes mehr in New York sehen

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Foto: Zoellner, epd Bei Streit entscheide­n die Gerichte, wer die Kinder bekommt.

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