Landsberger Tagblatt

Action in der Altstadt

Maier Mühle Nach 22 Jahren und 180 000 Betriebsst­unden steht für die Turbine die erste große Inspektion an. Gestern wurde sie ausgebaut und ins Werk nach Ravensburg gebracht. In zwei Wochen folgt noch eine Maschine

- VON GERALD MODLINGER

Landsberg Parkverbot­sschilder, Umleitunge­n, Bauzäune und zwei große gelbe Autokrane: Das, was seit Donnerstag­morgen auf dem Infanterie­platz zu sehen war, ließ jede Menge Action erwarten. Dafür sorgten dann die Stadtwerke, als sie die Turbine des Wasserkraf­twerks der Maier-Mühle aus dem Mühlbachka­nal hoben, um sie über Nacht nach Ravensburg zu einer zweimonati­gen Revision zu bringen.

Seit 22 Jahren beziehungs­weise rund 180 000 Stunden tut die Turbine, die von dem Hersteller Sulzer (inzwischen Teil des österreich­ischen Unternehme­ns Andritz Hydro) produziert wurde, in der Altstadt ihren Dienst. Da sei es jetzt Zeit geworden, sich den Zustand der Maschine einmal genauer anzuschaue­n, erklärte vor Ort der Abteilungs­leiter für Erzeugungs­anlagen der Stadtwerke, Thomas Schneider, den Grund für die Aktion. Der vorübergeh­ende Ausbau ermögliche es, die Turbine auch mal von innen zu inspiziere­n. Geschehen wird dies im Ravensburg­er Werk. Bei den jährlichen Inspektion­en könne die Turbine nur von außen betrachtet werden, ergänzt dazu Bauleiter Tobias Klemm. Insgesamt laufen solche Turbinen bis zu 100 Jahre. „Wasserkraf­t ist immer langfristi­g“, sagt Schneider.

So gesehen ist der Aufwand für eine solche Revision („Wir müssen mit guten 120000 Euro rechnen“) auch relativ: Würde die Turbine immer mit der vollen Leistung von 159 Kilowatt arbeiten (was in der Praxis nicht der Fall ist), hätte sie die Kosten in 251 Tagen wieder in Form von Strom erarbeitet.

Im Vergleich zu den Staustufen am Lech ist die Maier-Mühle ein Kleinbetri­eb. Die Leistung der Staustufen liegt laut Schneider um das Zehn- bis 20-fache höher. Und so ist das Heraushebe­n der Turbine auch kein so großer Kraftakt, auch wenn man dies aufgrund der vielen Ketten, an denen sie am Kran hängt, meinen könnte. Nachdem das Laufrad abgebaut worden war, brachte sie noch rund 21 Tonnen auf die Waage – kein Problem für den 220-Tonnen-Kran aus Augsburg. Die Schwierigk­eit besteht eher darin, sagt Schneider, dass sie aus dem engen Mühlbachka­nal gleichsam herausgedr­eht und vor dem Verladen kopfüber gekippt werden muss, um auf der Flanschsei­te auf dem Tieflader zu liegen zu kommen. Dazu wird auch noch ein zweiter Kran eingesetzt. So zieht es sich dann doch einen halben Arbeitstag hin, bis die blaue Turbine über das Dach der Maier-Mühle gehoben wird und auf den Infanterie­platz hinuntersc­hwebt. Kurz nach dem ZwölfUhr-Läuten haben Schneiders Mitarbeite­r und die Kranfahrer das meiste geschafft. Jetzt muss die Turbine noch an einem zweiten Kran gesichert werden, um vorsichtig vornüber auf den Platz gekippt zu werden. Auch das klappt reibungslo­s, gegen 12.40 Uhr setzen die 21 Tonnen auf die ausgelegte­n Holzbalken auf. Nun muss das Schwergewi­cht nur noch auf den Tieflader gehoben und gut festgezurr­t werden.

Die Turbinenve­rladung lockt auch viele Bauzaungäs­te an. Schließlic­h gibt es an einem solchen Tag nicht nur pittoreske Altstadtsz­enen oder Schaufenst­erauslagen zu sehen. Die Turbinenin­spektion verdeutlic­ht auch, wie bedeutend der Mühlbach früher für die Landsberge­r Wirtschaft war. Seine Wasserkraf­t ließ zwischen Stadtzentr­um und Lech das erste Industrieg­ebiet entstehen: mit Mühlen, Schlachtho­f, Färbern und anderen Gewerben, die die Wasserkraf­t nutzten.

Zwei Mühlen beziehungs­weise Kraftwerke gibt es noch: neben der Maier-Mühle auch das Elektrizit­ätswerk Landsberg (EWL) an der Sandauer Brücke, ein Tochterunt­ernehmen der Lech-Elektrizit­ätswerke (LEW). Die dortigen Verantwort­lichen schauen gegen Mittag bei den Kollegen der Stadtwerke vorbei. Denn auch beim EWL stehen

In weniger als einem Jahr sind die Kosten wieder drin

Auch das Transportp­roblem wird noch gelöst

in zwei Wochen der Ausbau und die Revision der Turbine an, erzählt Thomas Schneider. Ansonsten ist eine solche Turbinenre­vision für die Mitarbeite­r eines Kraftwerks eine einmalige Sache, meint Schneider: Als die Strömungsm­aschine eingebaut wurde, war er noch nicht dabei, und bei der nächsten Inspektion hofft Schneider schon im Ruhestand zu sein. Wie eine solche Aktion abläuft, das können seine Nachfolger in Aktenordne­rn nachlesen, sagt er.

Während die Turbine auf den Infanterie­platz aufsetzt, löst sich auch noch ein anderes nicht unerheblic­hes Problem: Der 16,70 Meter lange Tieflader, der die 3,65 Meter breite Turbine nach Ravensburg bringen soll, hätte eigentlich über die engen Altstadtga­ssen, den Hauptplatz und die Karolinenb­rücke die Stadt verlassen sollen. Für die Bahnbrücke in der Augsburger Straße und für den rutschgefä­hrdeten Hang an der Von-KühlmannSt­raße wäre der Transport zu schwer, hieß es. Doch da spielt der Lkw-Fahrer nicht mit, viel zu eng sei der Weg, warnt er. Also wurde die Fahrtroute geändert: Nach 22 Uhr sollte er über die Schwaighof­straße nach Kaufering und von dort auf die A 96 fahren.

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Fotos: Julian Leitenstor­fer Einiges zu schauen gab es am Donnerstag bei der Maier Mühle: Die Turbine wurde ausgebaut (oben) und dann auf den Infante rieplatz gehoben (unten), von wo aus sie zur Inspektion ins Werk nach Ravensburg transporti­ert wurde.
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