„Aristoteles war ein Frauenhasser“
Vortrag Die Kolumnistin Helma Sick spricht in Finning über das geschichtliche und das moderne Frauenbild
Finning 1200 Jahre Finning – wie hat sich in zwölf Jahrhunderten das Bild der Frau verändert? Dazu sprach auf Einladung des Katholischen Frauenbundes Finning die Kolumnistin und Finanzexpertin Helma Sick.
Bis heute, so Helma Sick, seien nicht alle Frauen selbstbestimmter als früher. „Rechtspopulistische Tendenzen lassen wieder einen Rückfall befürchten, und das Wenige, was Frauen erkämpft haben, ist in Gefahr.“Gerade Geld und Handel seien immer noch eine Männerdomäne. „Wer zahlt, schafft an. Ein Mann ist aber keine Altersvorsorge“, sagte Sick. Sie fordert, dass Frauen sich absichern und mit ihrem Partner frühzeitig die finanziellen Dinge regeln. Krippe, Kindergarten und Hort sollten in die Erziehung der Kinder einbezogen sein. „Den Kindern tut das gut, und Frauen können beruflich dranbleiben.“Das gefiel einigen Zuhörerinnen aber nicht: Erziehungszeit für die Kinder sei wichtig, der Staat solle das mehr anerkennen und dafür bezahlen, wenn möglich bis zu Einschulung. Das ließ Sick nicht ganz gelten. Zwar sei Erziehungsarbeit wichtig, aber eine lange berufliche Abwesenheit gefährde den Anschluss im Beruf. Männer und Frauen könnten sich die Erziehungsarbeit teilen („Ein Jahr sie, ein Jahr er“). Sie berichtete von einer Ärztin, die zehn Jahre lang Kinder erzogen hatte: „Sie hat keinen Anschluss mehr gefunden.“Gerade unter gut ausgebildeten Frauen in Städten sei in jüngster Zeit eine Tendenz zum freiwilligen Rückzug aus dem Beruf feststellbar. Und im deutschen Fernsehen werde ein Rollenbild „von vorgestern“vermittelt: „Aschenputtel lernt reichen Mann kennen und wird glücklich. Frauen sind meist passiv, schön und aus dem Niedriglohnbereich – der Traumprinz sorgt für den sozialen Aufstieg“, so die streitbare Kolumnistin Sick.
Eine Zuhörerin beklagte, dass das Erbrecht in der Landwirtschaft die Söhne bevorzuge. Dem widersprach Sick: „Das liegt nicht am Gesetzgeber.“Es seien vielmehr oft immer noch die Eltern, die Söhne den Töchtern vorziehen. Die Wurzeln dieser immer noch existenten Grundhaltung liege laut Sick weit zurück in der Geschichte, auch zum Beispiel im alten Griechenland, eigentlich der Wiege der Demokratie: „Dort hatten Frauen keinerlei Rechte, sie standen auf der Stufe eines Kindes oder eines Sklaven. Auch Aristoteles war ein Frauenhasser“, sagte Helma Sick. Eines seiner Argumente: Frauen hätten weniger Zähne. „Hätten Frauen damals den Mund aufgemacht, hätte er vielleicht verstanden, dass das nicht stimmt.“
1771 war auf einem Schild an der Wiener Aktienbörse zu lesen: Zutritt nur für Männer. Nicht für Bankrotteure, Schwachsinnige, Hunde, Straffällige und – Frauen. „Frauen haben aber zu allen Zeiten Geldgeschäfte gemacht und sind erfolgreich gewesen“, sagte Sick und nannte einige Beispiele: Gracia Nasi (1510-1569), geboren in Konstantinopel, die eine Bank führte und Finanzberaterin eines Sultans war.
Im 19. Jahrhundert änderten sich mit der Industrialisierung die Rollen in den Familien: Hatten Frauen und Männer sich bis dahin in Landwirtschaft und Handwerk die Arbeit geteilt, war nun der Mann oft zur Arbeit außer Haus, die Frau blieb daheim, versorgte die Familie und wurde wirtschaftlich immer abhängiger.
Das Bestimmungsrecht des Mannes hatte in Deutschland dann auch lange Bestand. Bis 1962 durften Frauen kein eigenes Bankkonto haben und bis 1977 konnten sie nur mit Zustimmung der Männer arbeiten.