Kein Sommer ohne Erdbeeren
Süße Ernte Ob selbst gepflückt oder vorgepflückt, in jedem Fall aber frisch vom Feld. Ein Besuch in Landsberg
Landsberg Erdbeeren selbst zu pflücken, dient nicht nur der Nahrungsbeschaffung, sondern hat neben dem Aufenthalt in der Natur auch den angenehmen Effekt, nette Menschen zu treffen. Elke Jörgensen und Manuela Krössing sind zwei von ihnen. Die beiden Frauen pflücken an diesem Vormittag am gleichen Strang auf der Bio-Plantage, die eine links, die andere rechts, und unterhalten sich angeregt. „Wir haben uns hier kennengelernt und gleich festgestellt, dass wir auf der gleichen Linie liegen“, sagt Elke Jörgensen.
„Die Erdbeeren sind heuer besonders lecker“, sagt sie, „zum Reinlegen“. Am liebsten essen sie und ihre Familie die Beeren frisch. Sie friere und koche sie aber auch ein. Kürzlich habe sie ein ErdbeerJoghurt-Tiramisu ausprobiert – „sehr lecker“. Sie steht auf BioQualität: „Das ist der pure Erdbeergeschmack, ohne Beigeschmack.“Seit Jahren kommt sie über die Bergstraße zur Bio-Plantage am östlichen Stadtrand – meist mit dem Rad. So habe sie gleichzeitig trai- niert. Auf dem Feld zu sein, bedeutet für sie unmittelbare Erholung, erzählt Elke Jörgensen: „Man ist draußen, die Sonne scheint, die Vögel zwitschern.“Manuela Krössing ergänzt: „Es ist Lebensqualität, frische Bio-Ware vor Ort kaufen zu können.“
„Was man isst, das ist man“, sagt eine ältere Frau aus Landsberg. Sie ist Stammkundin bei Beatrix und Karl Wallner. Seit einer überstandenen Krebserkrankung ernährt sie sich ausschließlich von Bio-Lebensmitteln – nicht nur der Gesundheit, sondern auch des Geschmacks wegen, wie sie sagt.
Als Familienbetrieb bietet der Biohof von Karl Wallner ausschließlich Erdbeeren zum Selbstpflücken an. Den Verkauf managt Wallners Ehefrau Beatrix in diesem Jahr wegen Bauarbeiten auf dem Hof in der Jesuitengasse allein. „Da muss die Frau ihren Mann stehen“, sagt Karl Wallner und lacht.
„Die Erdbeere ist eine sehr emp- findliche Frucht“, erklärt Karl Wallner. Als Biolandwirt darf er keine chemischen Mittel verwenden, die konventionell gegen Unkraut sowie die gefürchteten Blattund Wurzelkrankheiten eingesetzt werden können. Der Aufwand sei daher größer, die Beeren etwas teurer. „Heuer mussten wir schon drei Mal Unkraut jäten“, berichtet er. Das Bio-Angebot ließen sich vor allem Familien mit Kindern – jährlich mehr – gern etwas kosten. Da es zum Erdbeerbrocken dazu gehöre, in den Mund ebenso wie in den Korb zu pflücken, könnten auch Kinder „unbesorgt von der Pflanze naschen“, sagt Wallner.
Im Ökolandbau werden die Reihen in größeren Abständen gepflanzt, um das Ausbreiten von Pilzinfektionen einzudämmen. Als Glücksfall bezeichnet der Landwirt das Wetter. Trockenheit und Wärme lassen die Beeren schnell reifen, Pilzkrankheiten haben kaum eine Chance. Damit die reifen Früchte nicht verderben, müssen sie auch schnell abgeerntet werden. Täglich pflückt Beatrix Wallner deshalb die vergessenen Erdbeeren und bietet sie in Schalen zum Kauf an. Ungewöhnlich früh, am 29. Mai, öffneten die Wallners die Plantage. Noch zwei Wochen könne gepflückt werden, schätzt Wallner. Durch den Anbau verschiedener Sorten – früh-, mittel- und spätreifende Erdbeeren – kann der Erntezeitraum verlängert werden.
Einer der großen Anbieter in der Region ist der Landsberger Herbert Storz. Er bewirtschaftet 30 Plantagen für Selbstpflücker vom Landkreis Landsberg über Starnberg bis in den Münchener Süden sowie im Allgäu. An den Verkaufshäusern auf den Feldern werden auch bereits gepflückte Erdbeeren verkauft. Seit den 1960er-Jahren befindet sich der Betrieb mit rund 150 Mitarbeitern in Familienhand. „Ich bin mit den Erdbeeren aufgewachsen“, sagt Storz, „und kenne keinen Sommer ohne Erdbeeren“. „Das Wetter kostet sehr viel Nerven und manchmal Geld“, sagt Storz. Eine normale Saison dauere bei konventionellem Anbau und durch den Einsatz verschiedener Sorten rund sechs Wochen. Zurzeit sei es sehr warm, und sollte es weiterhin so schön bleiben, „wird es im Juli keine Erdbeeren mehr geben“. Jedoch sei der Ertrag reichlich, da anders als im Vorjahr die Nachtfröste ausblieben. Die Kunden pflückten nicht mehr so große Mengen, sondern kämen lieber öfter aufs Feld, beobachtet Storz. Zunehmend würden gepflückte Früchte nachgefragt. Die Saison habe heuer ungewöhnlich früh begonnen, sagt auch er. Dank des warmen Aprils konnte er die ersten Felder bereits vor gut zwei Wochen öffnen. Da die Sträucher durch die hohen Temperaturen rasch abblühten, blieb für die Vorbereitungen wie Stroh streuen, Zäune aufbauen und Verkaufsstände aufstellen nur wenig Zeit.
Die Früchte sollten stets mit den grünen Blättern rund um den Stielansatz gepflückt werden, rät Beatrix Wallner. „So halten sie länger, und beim Waschen läuft oben kein Wasser hinein.“Ihr Tipp: einfach den Stängel mit dem Fingernagel abknipsen. Das Blattgrün wird erst kurz vor dem Verzehr oder der Weiterverarbeitung entfernt.
Unbesorgt vom Feld naschen