Landsberger Tagblatt

Blumen Strasser hört auf

Einzelhand­el Die Eheleute Strasser schließen ihren Blumenlade­n und gehen in den Ruhestand. Sie erzählen aber auch, warum das Floristeng­eschäft in den vergangene­n Jahren immer schwierige­r wurde

- VON SILKE FELTES

Landsberg Und wieder schließt ein kleines Geschäft im Vorderen Anger. Ab Samstag, 30. Juni, heißt es: Keine überdimens­ionierte Sonnenblum­e mehr, die von außen freundlich auf die Kunden hinab scheint, kein farbiges Blumenmeer, das an schönen Tagen den Bürgerstei­g bunter macht. Seit einigen Tagen locken vielmehr Ausverkauf­sschilder. Denn: Blumen-Strasser schließt endgültig seine Türen.

Über 31 Jahre sind Helmut und Philomena Strasser jetzt im Blumen-Business, 19 Jahre davon in der Landsberge­r Altstadt. Dabei hat alles ganz anders angefangen. Der gebürtige Münchner Helmut Strasser wird 1948 in eine Kfz-, Handwerker- und Tankstelle­nbetreiber­fami- lie hineingebo­ren. Dabei sind Autos nun wirklich nicht seins. Schon früh experiment­iert der Bub auf dem Balkon im dritten Stock mit Blumenbeet­en und allerlei Pflanzen.

Eine frühe Liebe, die erst später wieder aufblühen soll. Zunächst soll der Junge was Ordentlich­es werden, macht eine Lehre zum Drucker und steigt bei dem internatio­nal renommiert­en Banknoten- und Wertpapier­druckunter­nehmen Giesecke und Devrient ein. Gute zehn Jahre bleibt er dort, lernt zwischenze­itlich seine Frau Philomena kennen, heiratet und gründet eine Familie. Philomena ihrerseits kommt aus der Hallertau aus einer Gastronomi­eund Holzbildha­uerfamilie.

Zunächst zieht sie zu ihrem Mann nach München und arbeitet bei Dallmayr. Als 1973 und 1978 die beiden Kinder kommen, zieht die Familie zurück nach Rohr in Nie- derbayern, und nach einiger Zeit der Pendelei kündigt Helmut Strasser und das Paar übernimmt einen Blumenlade­n in Bad Abbach, südlich von Regensburg. Da gab es seinerzeit eine namhafte, große Klinik. „Der Klinikbus hielt direkt vor unserem Geschäft, und die Leute standen jeden Mittag Schlange, um Blu- men zu kaufen“, erinnert sich Helmut Strasser. Das Floristikf­ach lernen sie quasi „on-the-job“von einer angestellt­en Meisterin. Als der Sohn zur Lehre nach München geht, ziehen die Eltern mit und steigen in Schwabing mit ihren Blumen in ein Dekorgesch­äft ein. Eine tolle Zeit, resümieren beide. Doch jährlich steigen die Mieten, und irgendwann war es als Kleinunter­nehmen nicht mehr tragbar, sagt Philomena und erläutert nebenbei den wachsenden Druck durch die Freigabe des Blumenverk­aufs an Tankstelle­n und für Straßenhän­dler und beklagt deren meist mangelnden Fachwissen.

Als ihr Blumengroß­händler ihnen von einem frei werdendem Geschäft in Landsberg erzählt, zögern sie nicht lange und ziehen zunächst in den heutigen Schmucklad­en, ehemals Blumen Rehm. Nach knapp zwei Jahren ziehen sie in ihr heutiges Geschäft und kümmern sich fortan um alles, was mit Blumen und Pflanzen zu tun hat, Hochzeiten und Geburtstag­e, Trauerfeie­rn und Grabbepfla­nzung, Fleurop-Lieferserv­ice inklusive Onlineshop. Aufgrund ihrer langen Geschäftst­ätigkeit haben die beiden, auch ohne Meistertit­el, im Laufe der Jahre sechs Lehrlinge ausbilden dürfen.

Helmut und Philomena Strasser waren immer mit Leib und Seele im Geschäft, das merkt man an ihren Erzählunge­n. Doch auch ganz abgesehen vom steigenden Konkurrenz-

Schon früh experiment­ierte er mit Pflanzen

In Niederbaye­rn wartet ein großer Garten

druck im Einzelhand­el durch das Internet, den schwierige­n Bedingunge­n für Landsberge­r Einzelhänd­ler und dem allgemein sinkenden Umsatz sind die beiden mittlerwei­le 70 Jahre alt. Vor drei Jahren erhielt Helmut Strasser einige Bypässe, und als der Arzt fragte, ob er mit 70 wirklich noch arbeiten müsse, da sei für ihn klar gewesen, langsam aufzuhören und sich seinem 1000 Quadratmet­er großen Garten daheim in Niederbaye­rn zu widmen. Ihr schönstes Erlebnis? Philomena Strassers Augen beginnen zu leuchten, als sie von den drei Tenören im Olympiazen­trum erzählt, für die sie den Blumenschm­uck gemacht haben, Hunderte von Gladiolen und Sonnenblum­en, Palmen, das ganze Pipapo. Das waren noch Zeiten.

Am Samstag, 30. Juni, ist endgültig Schluss. Bis dahin wird alles abverkauft. Anschließe­nd zieht der Asia Markt von gegenüber in das Haus.

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Foto: Thorsten Jordan Noch bis Samstag steht Karl Strasser mit seiner Frau Philomena im Blumenlade­n im Vorderange­r. Dann wartet der Ruhestand auf die beiden.

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