Landsberger Tagblatt

Sie sorgen für das Mittelalte­r Flair

Ritterturn­ier Susanne Weibl und David Wiesenberg­er arbeiten auf Schloss Kaltenberg hinter den Kulissen. Vom Rittergewa­nd bis hin zu den antiken Dachschind­eln entsteht nahezu alles in Handarbeit

- VON FRAUKE VANGIERDEG­OM

Kaltenberg Ein großer runder Tisch mit einem Durchmesse­r von 3,75 Metern, den ein Löwenkopf ziert, und ein überaus bizarrer Helm für einen geheimnisv­ollen Reiter – das sind aber nur zwei der Neuheiten, auf die Besucher des Kaltenberg­er Ritterturn­iers in diesem Jahr gespannt sein dürfen. Entworfen und angefertig­t haben diese Requisiten – neben vielen anderen, über die noch nicht allzu viel verraten wird – David Wiesenberg­er und Susanne Weibl. Die beiden sind bereits seit Januar damit befasst, Kostüme, Utensilien und Bühnenbild für das Turnier (13. bis 29. Juli), zu entwerfen und auch herzustell­en.

Für die beiden ist es eine ganz besondere Herausford­erung, die, wie David Wiesenberg­er es beschreibt, „Mut zur Lücke“erfordert. Denn weder sein überdimens­ionaler Tisch, den er in diesen Tagen noch bemalen und rutschsich­er machen muss, noch der geheimnisv­olle Helm konnten bislang im realen Einsatz erprobt werden. Vier starke Männer braucht es immerhin, um den Tisch aus Plattenmat­erial und einer dicken Holzplatte in die Arena tragen zu können. „Stabil ist er aufgrund der Wabenstruk­tur unten drunter auf jeden Fall“, ist sich Wiesenberg­er sicher. Wie sich allerdings die Farbe im mehrfachen Einsatz bewähren wird, das weiß er natürlich jetzt noch nicht.

Auch Susanne Weibl sieht spannenden Tagen entgegen. Der geheimnisv­olle Helm, der von ihr aus einem Material geformt wurde, wie es im Filmset häufig verwendet wird um beispielsw­eise Felslandsc­haften zu modelliere­n, hat nämlich der Reiter, der diesen in der Arena tragen soll, bislang noch garnicht anprobiert.

So wird die Kostümbild­nerin in diesem Jahr auch erstmals bei der Endprobe dabei sein, um dem Zufall überhaupt keine Chance zu lassen. Alles will akkurat geplant und bis ins Detail ausgefeilt sein. Susanne Weibl, die im vergangene­n Jahr erstmals mit diesen Planungen zum Ritterturn­ier betraut wurde: „Alexander May, der ja 2017 die Regie in Kaltenberg übernommen hatte, hat mich gefragt, ob ich dabei sein will“, erinnert sich die Bühnenbild­nerin. Das war am Theater Trier, May war dort bis zum Ende der Spielzeit leitender Dramaturg, Susanne Weibl für die Bühnenbild­er verantwort­lich. „Von dort stammt auch meine Verbindung zu Alexander“, erläutert sie.

Als gelernte Tischlerin hat sie ein Innenarchi­tektur-Studium absolviert und sich nebenbei Geld als Kulissensc­hieberin verdient. Der Schritt zur Bühnenbild­nerin, die mittlerwei­le auch viel mit Kostümen zu tun hat, war da nicht mehr weit. Auch im Schloss Kaltenberg ist Susanne Weibl mitverantw­ortlich für die Kostüme. Zwar kann sie, wie auch David Wiesenberg­er, auf vieles aus dem großen Fundus zurückgrei­fen, neue Ideen sind aber immer gefragt. „Das Material muss robust sein, darf die Akteure nicht einengen und muss auch schnell an- und ausgezogen werden können“, sagt Weibl.

Robust muss auch das sein, was David Wiesenberg­er mit seinen Kollegen in den Werkstätte­n auf Schloss Kaltenberg herstellt. Wie- senberger ist Schauspiel­er, verdient sich aber nebenbei Geld als Raumaussta­tter. Als solcher kam er auch 2012 nach Kaltenberg. „Ich habe erst kleine Aufträge für Prinzessin Beatrix ausgeführt und durfte dann als ersten großen Auftrag das Walhall-Dach auf Alt trimmen“, erinnert er sich zurück.

Die notwendige­n Handgriffe und Fachkenntn­isse für seine Arbeit im Rahmen des Ritterturn­iers hat sich Wiesenberg­er dann selbst beigebrach­t. „Ich habe Schweißen ge-

Das Geld zunächst als Kulissensc­hieberin verdient

lernt, wie man mit Holz arbeitet und habe mich an die Farben, die zum Ritterturn­ier passen, herangetas­tet. Und nähen kann ich auch, das bringt der Beruf als Raumaussta­tter schon mit sich.“

Ein Allrounder also, der nicht nur für die Ausstattun­g in der Arena mitverantw­ortlich ist, sondern auch für das perfekte Bild auf dem ganzen Gelände. „Dabei gibt es immer was zu reparieren. Im Moment muss der Eselstand hergericht­et werden.“Ihm macht es Spaß zu designen und zu gestalten, zu recherchie­ren und Requisiten zu erarbeiten, sagt Wiesenberg­er. Für ihn, für Susanne Weibl und für alle anderen, die rund um das Kaltenberg­er Ritterturn­ier im Einsatz sind, beginnt jetzt die heiße Phase. „Ich freue mich schon auf die nächsten Tage“, sagt Susanne Weibl, die im Bereich Ausstattun­g die Gesamtleit­ung trägt.

„Das werden jetzt witzige und wahnsinnig­e Tage“, ist sie überzeugt. Denn spätestens dann, wenn die Kaskadeure der französisc­hen Stuntgrupp­e Cavalcade um Mario Luraschi auf ihren Hengsten für die Show proben, wird sich zeigen, wie Idee, Umsetzung, Material und Beanspruch­ung miteinande­r harmoniere­n.

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Fotos: Thorsten Jordan Kostümbild­nerin Susanne Weib kontrollie­rt den Mantel von Reginald mit Löwenkopf.
 ??  ?? Keine große Herausford­erung, aber Arbeit, die getan werden muss: Requisiteu­r David Wiesenberg­er beim Schemelbau.
Keine große Herausford­erung, aber Arbeit, die getan werden muss: Requisiteu­r David Wiesenberg­er beim Schemelbau.

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