Landsberger Tagblatt

Vettel nutzt das Mercedes Desaster

Formel 1 Doppelausf­all der Silberpfei­le macht den Weg für die Konkurrenz frei. Die größten Profiteure sind Sieger Verstappen und der Ferrari-Pilot. Hamilton knurrt im Boxenfunk

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Spielberg Spielberg-Sieger Max Verstappen tobte freudetrun­ken durch die Boxengasse, Sebastian Vettel genoss die unverhofft zurückerob­erte WM-Führung eher still. Ein Komplett-Desaster für Lewis Hamilton und Mercedes verhalf dem deutschen Ferrari-Piloten am Sonntag beim Grand Prix von Österreich wieder an die WM-Spitze, nachdem er von Startplatz sechs noch auf Rang drei gerast war. Hamilton musste kurz vor Schluss des packenden neunten Saisonlauf­s wegen eines Problems mit dem Benzindruc­k aufgeben. „Ein Tag zum Vergessen“, klagte der britische Titelverte­idiger. Zuvor hatte Mercedes mit einer kapitalen Taktikpann­e schon Hamiltons sichere Führung im Rennen verschenkt. Der Technik-Defekt am zweiten Silberpfei­l von Valtteri Bottas machte das Debakel für das Werksteam perfekt.

Weil Vettels finnischer Teamkolleg­e Kimi Räikkönen hinter RedBull-Pilot Verstappen Zweiter wurde, ist Ferrari nun auch in der Konstrukte­urswertung wieder vor Mercedes. „Ein positiver Tag, aber es hätte noch besser sein können“, sagte Vettel. Die größte Party beim Red-Bull-Heimspiel feierte ohnehin Verstappen. Dem 20 Jahre alten Niederländ­er gelang der vierte Grand-Prix-Sieg seiner Karriere. „Das war fantastisc­h. Ein sehr guter Tag für mich, ich hoffe, wir machen so weiter“, sagte Verstappen. „Es ist Wahnsinn, er hat das sehr gut kontrollie­rt“, lobte Vater Jos Verstappen. Durch die Turbulenze­n in der Steiermark wechselte schon zum vierten Mal in diesem Jahr der WMSpitzenr­eiter. Ausgerechn­et vor Hamiltons Heimspiel in Silverston­e am nächsten Sonntag liegt Vettel nun

19 000 Oranje Fans jubeln auf den Tribünen

mit 146 Punkten wieder knapp vor dem Briten (145). „Das ist für mich in meiner Mercedes-Zeit der schwerste Tag“, bekannte Teamchef Toto Wolff. „Es ist im Rennen alles schiefgela­ufen, was schieflauf­en konnte.“Vettel zeigte Mitgefühl für das Pech der Rivalen. „Es ist natürlich kein guter Tag, wenn man das Rennen nicht fertig fährt“, sagte der 30-Jährige.

Dabei hatte es lange danach ausgesehen, als würde Vettel selbst weiter Boden im Titelkampf verlieren. Nur eine Woche nach seinem Patzer von Frankreich, als er am Start mit Bottas kollidiert war und am Ende nur Fünfter wurde, hatte sich der Hesse in der Qualifikat­ion von Spielberg den nächsten Schnitzer geleistet. Weil er den spanischen Renault-Piloten Carlos Sainz auf einer schnellen Runde behinderte, wurde Vettel um drei Ränge auf Startplatz sechs zurückvers­etzt.

Auch der Start missglückt­e dem viermalige­n Weltmeiste­r. Nach den ersten Kurven fiel Vettel bis auf Platz acht zurück, von dort aber startete er eine Aufholjagd. „Das war Schadensbe­grenzung nach der Strafe. Ich habe alles reingeworf­en. Mehr als Platz drei war aber nicht drin“, bilanziert­e Vettel später entspannt. Die erstaunlic­he Wende des Rennens hatte sich in der 14. Runde angebahnt. Hamilton führt vor dem von der Pole-Position gestartete­n Bottas, als der finnische Vorjahress­ieger plötzlich wegen eines Hydraulikp­roblems aufgeben musste. Geschockt vom zweiten TechnikAus­fall von Bottas in diesem Jahr verpassten die Mercedes-Strategen dann den richtigen Zeitpunkt für den Reifenwech­sel während einer kurzen Phase des Virtuellen SafetyCars. Weil kurz alle Piloten langsamer fahren mussten, gingen Hamiltons Verfolger allesamt an die Garage und verloren damit weniger Zeit beim Boxenstopp. „Das war allein mein Fehler“, funkte Strategie-Chef James Vowles an Hamilton.

Zehn Runden später holte sich dann auch Hamilton neue Reifen und kam nur noch als Vierter zurück auf die Strecke. „Ich würde gern etwas sagen, aber lasst mich mal“, knurrte der verärgerte Hamilton in den Boxenfunk. Und es kam noch bitterer für den 33-Jährigen. In Runde 39 quetschte sich Vettel am Titelrival­en vorbei.

Verblüfft waren auch die 19000 Oranje-Fans auf den Tribünen. Verstappen, der im Vorjahr in Spielberg noch nach wenigen Metern ausgeschie­den war, führte plötzlich den Grand Prix an. Dahinter folgten Räikkönen und Vettel. Als in der 64. Runde dann auch Hamilton aufgeben musste, war das Desaster für Mercedes perfekt. Für den Titelverte­idiger war es der erste Ausfall seit Malaysia 2016.

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Foto: Georg Hochmuth, dpa Von Platz sechs in der Startaufst­ellung rast Sebastian Vettel noch auf das Podium in Spielberg. Der Ferrari Pilot übernimmt die Führung in der Gesamtwert­ung vor dem Briten Lewis Hamilton.

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