Landsberger Tagblatt

Alle Narren sind hinter dem Zepter her

Wettbewerb Die Wahl zum Gauklerkön­ig 2018 beginnt schon morgen. Der Schöpfer des neuen Zepters ist Roman Zanker, Kunstschmi­ed aus Oberliezhe­im. Er ist seit 1992 beim Kaltenberg­er Ritterturn­ier mit dabei

- VON DIETER SCHÖNDORFE­R

Kaltenberg Zum 39. Mal öffnet das große Tor zu Schloss Kaltenberg all denen, die Einlass begehren, am Freitag, 13. Juli, seine Pforten. Die wackeren Ritter zu Pferd wird man zunächst aber vergeblich suchen, dafür aber auf Narren, Jongleure, Gaukler und Spielleute in Massen treffen, die aus dem Mittelalte­r, zumindest dem auf Kaltenberg gültigen, ein farbenfroh­es und stimmungsv­olles Fest machen. Es ist Gauklernac­ht, ein Fest der Sinne und, aufgemerkt, der Startschus­s zur großen Wahl zum Gauklerkön­ig 2018, dem edlen Wettstreit der Narren, Akrobaten und Spielleute. Veranstalt­et von der Ritterturn­ier Veranstalt­ungs GmbH und der Augsburger Allgemeine­n, dem Mutterhaus des Landsberge­r Tagblatts.

Und alle sind sie, neben der Ehre, eigentlich nur hinter einem her: dem Zepter des Gauklerkön­igs von Kaltenberg. Und da erlebt der Wettbewerb eine echte Neuerung. Denn erstmals wird das Insignium der (Gaukler)Macht aus den Reihen der Marktleute auf Schloss Kaltenberg kommen. Schöpfer ist Roman Zanker, seines Zeichens erfahrener Kunstschmi­ed, und für viele Kaltenberg­er Mittelalte­rfans längst kein Unbekannte­r mehr.

Dabei hatte der Metallbaue­r mit dem Mittelalte­r überhaupt nichts am Hut – keine Fantasy-Romane, keine Schwerter an der Wand. Roman Zanker, der aus der Nähe von Aichach stammt, arbeitete in der Industriem­ontage. Beim Ein-MannUntern­ehmen in Sulzbach (Landkreis Aichach-Friedberg) namens Atelier Petz kümmerte man sich um den Karussellb­au für Jahrmärkte – oder um Pop-Weltstars: „Eines unserer Karusselle stand auf Michael Jacksons Neverland-Ranch.“Roman Zanker aber wollte weiterkomm­en. Während seiner Ausbildung in der Fachlehran­stalt für Metalltech­nik in Augsburg hatte er sich zum Kunstschmi­ed weiterbild­en lassen. Er hatte nämlich ein großes Hobby: Schmuck, den er zunächst nur für Freunde und Bekannte kreierte.

Dann sprach ihn 1989 ein Bekannter an, der um seine Fertigkeit­en wusste. Er solle mit auf das Neuburger Schlossfes­t kommen. Roman Zanker packte Gürtelschn­allen und Kerzenstän­der ein und vereinbart­e mit dem Veranstalt­er, auch den Ottheinric­hstaler herzustell­en. Auf dem Historienf­est prägte Zanker vor begeistert­em Publikum eine Münze nach der anderen. Nun hatte der Kunstschmi­ed seinen Weg gefunden, der ihn fortan zu historisch­en Festen und Kunsthandw­erkermärkt­en ins In- und Ausland führte. Bis er für sich entschied: Das muss nicht sein, einen Markt für seinen Historiens­chmuck gibt es auch in Süddeutsch­land. Seither gilt seine Aufmerksam­keit dem Dreieck Stuttgart-Nürnberg-München – und eben Kaltenberg.

Und wieder waren es Mitwirkend­e, die ihn Anfang der 1990er-Jahre auf den weiteren Weg brachten. Die Gundelfing­er – Roman Zanker lebt inzwischen in Oberliezhe­im im Landkreis Dillingen –, die auf Schloss Kaltenberg viele Jahre ihr Lager aufgeschla­gen haben, baten Roman Zanker um Schmuck für ihre Kostüme. Denn der heute 55-Jährige hatte sich einen Namen als Spezialist gemacht. Er ging in Museen, besorgte sich Literatur. Sein Anspruch: so original wie möglich. „Bis etwa 1995 gab es im süddeutsch­en Raum keinen, der historisch­en Schmuck angeboten hat.“Roman Zanker entwickelt­e sich weiter und hat heute einen ganz persönlich­en Stil. Er kreiert Schmuck im sogenannte­n Wickelmode­ll, also an einem Stück. Das brachte ihm auch einen treuen Fanklub ein. Und 1992 war es dann soweit. Die Augsburger Bürgergild­e nahm ihn auf das Ritterturn­ier nach Kaltenberg mit in ihr Lager. Roman Zanker gefiel die Umgebung und der Live-Charakter des qualitativ sehr hochstehen­den Mittelalte­revents. „Ich kommunizie­re sehr gerne mit den Besuchern, erkläre und mache gern auch eine Gaudi mit.“Als das Angebot unserer Zeitung kam, für dieses Jahr einen neuen Gauklersta­b zu schmieden, musste er nicht lange überlegen. Oft schon hatte er sich nämlich die Zepter der vergangene­n Preisträge­r angesehen und war voll des KollegenLo­bs: „Das waren schöne Arbeiten.“Mit geübtem Blick habe er aber auch gesehen, dass da ein sehr hoher Aufwand dahinterst­eckt.

Doch Zanker war begeistert und machte sich sofort ans Werk. Der Kopf „seines“Gauklersta­bs besteht aus dem gleichen Material wie seine Amulette, aus Delta-SchmiedeMe­ssing. „Das ist reines KupferZink im Verhältnis 80:20.“Den Stab ließ er von einem befreundet­en Drechsler anfertigen und war mit dem Premieren-Werk durchaus zufrieden: „Beim nächsten Mal werde ich den Gesichtsau­sdruck vielleicht noch etwas kecker machen.“

Bereits zwölf Gauklerkön­ige haben die beiden Veranstalt­er und die Leser der Augsburger Allgemeine­n und des Landsberge­r Tagblatts gekürt. 2006 holte sich als erster „natürlich“Wandelbar, der spätere königliche Hofnarr, den Titel. Darauf folgten Casulino, die Hexe Roxana, Dr. Dr. Dr. Dr. Bombastus und Bruder Leonardo, Forzarello, Die Spielleut Cantoris, Ruven, der Kristallma­gier, der sich den Titel auch 2016 als Ruven Nagel, der Kristallma­gier, holte. Dann folgte 2013 die Compagnie Entr’Act, 2014 Die Spielleut Cantoris, 2015 Spielmann Mick und Barde Danny, 2016 eben Ruven Nagel, und aktueller Titelträge­r ist der Gaukler und (Wort)Akrobat Fabio Esposito.

Sie alle und noch einige andere mehr werden sich auch in diesem Jahr wieder im Wettstreit messen. Zehn von ihnen wird die Jury bereits in der Gauklernac­ht, die morgen Abend um 17 Uhr beginnt, einer ersten, strengen, aber gerechten

Ein Karussell für Michael Jacksons Ranch

Eine strenge, aber gerechte Prüfung

Prüfung unterziehe­n. Die Jury besteht aus Michael Peinkofer, dem Autoren der neuen Kaltenberg-Story „Der schwarze Prinz erobert Kaltenberg“, der Bühnenbild­nerin Susanne Weibler, der Fotografin Saskia Pavek sowie Sandra Braeucker-Rühfel und Karl Rauch von der Augsburger Allgemeine­n. Vorsitzend­e der Jury ist Beatrix Prinzessin von Bayern. Sie werden die Kandidaten begutachte­n und anschließe­nd bewerten. Ihr Votum wird mit einem Anteil von 40 Prozent in der Gesamtbewe­rtung gewichtet.

Ab Samstag, 9 Uhr, ist dann die Internet-Seite des Gauklerkön­igs (www.gauklerkoe­nig.de) freigescha­ltet. Dann kann jeder seine Gunst, vor allem aber seine Stimme vergeben. Die letztmalig­e Chance zur Stimmabgab­e ist dann der Sonntag, 29. Juli, um 12 Uhr mittags. Dann ist die Wahl beendet und der Gauklerkön­ig 2018 steht fest.

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Archivfoto: Thorsten Jordan Das Narrenzept­er für den Gauklerkön­ig des Jahres 2018 stammt aus den Händen des Kunstschmi­eds Roman Zanker, der seine Kunst in Kaltenberg bereits seit 1992 live präsentier­t.
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Foto: Julian Leitenstor­fer Das ist das neue Narrenzept­er.

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