Ehrenring für Reisch?
Lifeline Der Skipper will sich um seine Mutter kümmern. Vor Gericht sollte seiner Meinung nach Innenminister Seehofer stehen. Die ÖDP beantragt unterdessen, den Seenotretter mit dem Landsberger Ehrenring auszuzeichnen
Der in Landsberg lebende Kapitän des Seenotrettungsschiffs „Lifeline“, Claus-Peter Reisch, soll mit dem Ehrenring der Stadt ausgezeichnet werden.
Landsberg In Malta muss sich der in Landsberg lebende Kapitän des Seenotrettungsschiffs „Lifeline“, Claus-Peter Reisch, vor Gericht verantworten, in Landsberg soll er nun mit dem Ehrenring der Stadt ausgezeichnet werden. Dies hat jedenfalls ÖDP-Stadtrat Stefan Meiser beantragt. Mit der Rettung von Schiffbrüchigen im Mittelmeer habe sich Reisch „hervorragende soziale Verdienste“erworben, begründet Meiser seinen Vorstoß.
Unterdessen ist Reisch am Montagmittag mit dem Flugzeug aus Malta am Münchner Flughafen gelandet. Mit dem Auto kam er anschließend nach Landsberg, um sich erst einmal um seine 92-jährige Mutter zu kümmern, wie der Lifeline-Kapitän gegenüber dem LT am Telefon erklärte. Auch einen Laptop müsse er sich kaufen, seine Technik habe den Geist aufgegeben. Abends war dann wieder ein Medientermin angesagt: Reisch wurde zur Abendschau im Bayerischen Fernsehen erwartet.
Auf einen Mitbürger wie Reisch könne die Stadt Landsberg stolz sein, heißt es in der Begründung der ÖDP für eine Verleihung des Ehrenrings weiter. Der Kapitän des privaten Seenotrettungsschiffs setze sich unerschrocken den Gefahren der jeweiligen Rettungsmissionen aus und lasse sich „auch von staatlichen Repressalien nicht von seinem barmherzigen und humanitären Wirken abbringen“.
Reisch sei aufgrund seiner Rettungsaktionen derzeit sicherlich das (deutschlandweit) bekannteste humanitäre Aushängeschild Landsberg. Mit der Verleihung des Ehrenrings würde die Stadt Reisch als den Landsberger Botschafter für Humanität im Rahmen der Flüchtlingskrise im Mittelmeer würdigen.
Oberbürgermeister Mathias Neuner (CSU) hat sich dieses Antrags angenommen und wird ihn prüfen die Sache nach der Sommerpause im Ältestenrat vorbesprechen.
In einer vor seiner Landung in München verbreiteten Stellungnahme hat Claus-Peter Reisch erneut schwere Vorwürfe gegen die Europäische Union und die Regierungen ihrer Mitgliedsländer erhoben: „Es ist beschämend, dass die EU mehr dafür tut, Seenotrettung zu verhinund dern, als gegen das Sterben im Mittelmeer“, erklärte der 57-Jährige darin.
Mindestens 277 Menschen seien ertrunken, seit die Rettungsschiffe auf Malta festgesetzt sind. „Wir diskutieren jetzt also ernsthaft, ob es legitim ist, Menschenleben zu retten? Hätten wir die Leute einfach ertrinken lassen, würde ich jetzt wohl nicht vor Gericht stehen, das ist schäbig und eine Gefahr für die Demokratie.“Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) warf er vor, er wolle Menschen auf dem Mittelmeer ertrinken lassen. „Er ist ein Täter, er gehört vor Gericht, er muss zurücktreten.“
Reisch steht als Kapitän des auf Malta liegenden Rettungsschiffs „Lifeline“vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, das Schiff ohne ordnungsgemäße Registrierung in maltesische Gewässer gesteuert zu haben. Das Schiff der in Dresden ansässigen Hilfsorganisation Mission Lifeline war zuvor fast eine Woche auf dem Meer blockiert, nachdem sie rund 230 Migranten vor Libyen gerettet hatte.
Reisch wurde es in der vergangenen Woche gegen eine Kaution in Höhe von 5000 Euro und ein Rückflugticket gestattet, einige Zeit aus Malta auszureisen. Zum nächsten Prozesstermin am 30. Juli wird er auf die Mittelmeerinsel zurückkehren. Für die anwaltliche Vertretung Reischs vor dem Gericht in Malta hatte der Moderator und Satiriker Jan Böhmermann rund 200000 Euro Spenden gesammelt.
Inzwischen formiert sich weiter Widerstand gegen die derzeitige Behandlung von Flüchtlingen im Mittelmeer. Bundesweit machen sich Menschen dafür stark, die private Seenotrettung fortzusetzen. Am Sonntag, 22. Juli, ist am Münchner Goetheplatz eine Demonstration der #Seebrücke-Bewegung angesetzt. Auch Claus-Peter Reisch wird dabei sein – und dabei auch, wie er sagt, Unterstützer wie den Kabarettisten Urban Priol treffen.
„Ein humanitäres Aushängeschild“