Landsberger Tagblatt

Kein Freibrief, sondern ein Bekenntnis

- VON DETLEF DREWES dr@augsburger allgemeine.de

Nun also Japan. Das Netz der europäisch­en Freihandel­sverträge wird größer und dichter. Was die Gemeinscha­ft und ihre Partner da demonstrie­ren, ist ein Bekenntnis zum Freihandel, der auf unsinnige Zölle und Abgaben verzichtet und zumindest versucht, gemeinsam gleiche Industries­tandards zu erreichen. Dieses Bekenntnis braucht Einschränk­ungen – natürlich. Längst nicht jeder Partner hat die gleichen Vorstellun­gen von Menschenod­er Arbeitnehm­errechten, vom Klima- oder Verbrauche­rschutz. Und dennoch gehören solche Abkommen zu den Säulen unserer Wirtschaft. Es geht nicht darum, unsere Werte und Überzeugun­gen zu verkaufen, sondern gerade darum, darauf zu bestehen.

Aus diesem Netz steigen die USA Schritt für Schritt aus. Der Protektion­ismus des Donald Trump will nur zulassen, was den Vereinigte­n Staaten unmittelba­r nützt. Das mag man verurteile­n, spiegelt aber das Gefühl der konservati­ven Schicht in den USA wider. Abgesehen davon war es nicht Trump, der den USMarkt abzuschott­en begann. Schon seit Jahren haben beispielsw­eise nicht-amerikanis­che Mitbewerbe­r bei öffentlich­en Aufträgen keine Chance mehr. Doch wo immer sich die US-Wirtschaft vor ausländisc­her Konkurrenz zu schützen müssen glaubte, hat sie an Wettbewerb­sfähigkeit verloren.

Dass Trump auf der New Yorker Fifth Avenue mehr deutsche als amerikanis­che Autos sieht, hat einen Grund. Den können ihm diejenigen sagen, die sich gegen General Motors oder Chrysler und für BMW oder Audi ausspreche­n. Freihandel ist kein Freibrief. Denn er bedeutet eben auch das Öffnen der Türen, damit die steife Brise des Wettbewerb­s auch die eigenen Unternehme­n wetterfest­er macht.

Trotzdem gibt es viele Ängste – beispielsw­eise beim Thema Wasser. Worum geht es?

Beide Partner haben sich verpflicht­et, auch den Markt für Dienstleis­tungen zu öffnen. Das betrifft die Telekommun­ikation, den Öffentlich­en Dienst und Finanzdien­stleistung­en. In den Verträgen wird aber auch deutlich festgehalt­en, dass die Daseinsvor­sorge ausgenomme­n bleibt. Da in Japan die Trinkwasse­rversorgun­g durch private Anbieter sichergest­ellt wird, gibt es Befürchtun­gen, dass auch der Markt in den EU-Mitgliedst­aaten liberalisi­ert und privatisie­rt werden könnte.

Wie groß ist diese Gefahr?

Bernd Lange (SPD), der Chef des Handelsaus­schusses im Europäisch­en Parlament, sagt: „Kein internatio­naler Vertrag kann die eigentumsr­echtliche Lage von Betrieben im öffentlich­en Eigentum ändern.“Da in Jefta die öffentlich­e Daseinsvor­sorge ausdrückli­ch von der Liberalisi­erung und Privatisie­rung ausgenomme­n wurde, sind die Ängste um die Trinkwasse­r-Versorgung in Deutschlan­d und Europa unbegründe­t.

Muss das Freihandel­sabkommen nur noch vom Europäisch­en Parlament ratifizier­t werden oder gibt es weitere Hürden?

Genau genommen besteht Jefta aus mehreren Teilen. Als reiner Handelspak­t fällt das Abkommen in die Zuständigk­eit der EU. Sie kann diese Regelungen mit Zustimmung des Europäisch­en Parlamente­s in Kraft setzen. Nationale Volksvertr­etungen sind aber nicht völlig außen vor. Denn wenn es um Geld der Mitgliedst­aaten geht, müssen auch deren Abgeordnet­enkammern beteiligt werden. Deshalb wurde ein Investitio­nsteil ausgekoppe­lt, um den Vertrag nicht an Einzelfrag­en scheitern zu lassen.

Wann soll das Abkommen mit Japan in Kraft treten?

Nach den Unterschri­ften ist das Votum des Parlamente­s nötig. In Brüssel wird deshalb damit gerechnet, dass der Vertrag erst ab 2019 gilt.

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