Reisch: „Wir arbeiten ehrenamtlich“
Seenotrettung Der Kapitän ist wieder in Landsberg. Er ist empört über die Unterstellungen
Landsberg Claus Peter Reisch ist wieder daheim. Zwei Wochen hat der Landsberger Zeit, bevor er sich am 30. Juli wieder auf der Insel Malta als Kapitän des Seenotrettungsschiffs Lifeline vor Gericht verantworten »Bayern muss. Seite 12
Mit dem Prozess wurde Reisch gewissermaßen zum Gesicht der zivilen Seenotrettung, die derzeit im Fokus kontroverser Diskussionen steht. Die einen kritisieren scharf, dass keine zivilen Schiffe mehr auslaufen dürfen, um Flüchtlinge zu retten und damit wissentlich in Kauf genommen werde, dass noch mehr Menschen ertrinken. Die Gegner ziviler Seenotretter sind dagegen der Überzeugung, dass durch deren Engagement das Schleusertum gefördert und Flüchtlinge dazu bewogen werden, auf unsicheren Booten den Weg übers Mittelmeer zu wagen. Damit seien die Seenotretter mit daran schuld, wenn Menschen dort zu Tode kämen, so eine Argumentation. In den sozialen Medien wird auch kolportiert, dass Seenotretter mit Schleusern zusammenarbeiten und sogar Geld damit verdienten.
Eine Unterstellung, die Reisch empört. „Wir finanzieren uns ausschließlich aus Spenden, wir verdienen daran nichts, wir arbeiten ehrenamtlich, unentgeltlich und zahlen sogar unseren Flug nach Malta.“Die Mission Lifeline sei ein gemeinnütziger Verein ebenso wie die Hilfsorganisationen Sea-Eye und Sea-Watch. Reisch verweist darauf, dass sich diese Nichtregierungsorganisationen (NGO) erst gebildet hätten, als im Herbst 2014 die Operation Mare Nostrum der italienischen Marine und Küstenwache zur Seenotrettung endete. Seither agiert die EU-Grenzagentur Frontex, die laut Wikipedia-Eintrag mit weniger Mitteln und einem anderen Ziel ausgestattet ist, nämlich der Sicherung der EU-Außengrenzen vor illegaler Einwanderung. Außerdem erläutert er im Zusammenhang mit den 234 Flüchtlingen, dass die Rettungsaktion an das zuständige Maritime Rescue Coordination Centre, also die nationale Leitstelle in Rom, gemeldet worden sei. Reisch würde zwar gerne die Rettung staatlichen Stellen überlassen, wenn sie die Aufgabe dann auch übernähmen. Er verweist aber darauf, dass auch die Seenotrettung an Nord- und Ostsee von einer zivilen Organisation, der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, geleistet werde. Wie begegnen ihm Bekannte oder die Menschen im Supermarkt vor dem Hintergrund dieser Diskussionen? Im Freundeskreis unterstützten alle bis auf einen sein Engagement, so Reisch. „Viele Freunde sind bei der Feuerwehr oder engagieren sich anderweitig ehrenamtlich. Die haben einen anderen Blick darauf.“Alltagserlebnisse hat er seit seiner Rückkehr noch keine gehabt, aber es sei in seinem Supermarkt bekannt, dass er als Seenotretter unterwegs sei. Es sei ja bereits seine sechste Mission, wie die etwas mehr als zwei Wochen dauernden Rettungstouren genannt werden. „Ich bekomme Zuspruch nach dem Motto, ’ich kannt’ des net, aber ich find’s guat, was Sie da machen’“.
Machen kann man dies nur mit Spendengeldern: „Wir brauchen ein neues Radargerät, das kostet 10 000 Euro, und ein Schiffsbetriebstag kommt auf 2000 bis 3000 Euro.“Auch wenn die Lifeline beschlagnahmt sei, laufe der Betrieb. „Wir reparieren, entrosten, streichen und hoffen, dass wir bald wieder auslaufen dürfen.“Reisch setzt auch auf Spendengelder aus dem Landkreis über die Homepage von Mission Lifeline.
Scharfe Kritik, aber auch große Unterstützung