Kunstflug beginnt am Boden
Geratshof Vinicius Zinkernagel und Leo Krebs wollen den Segelflieger in allen Lagen beherrschen. Zuerst steht aber Theorie auf dem Programm
Geratshof Lautlos durch die Lüfte segeln – das beherrschen Vinicius Zinkernagel (16) und Leo Krebs (20) bereits seit Jahren. Aber sie wollen mehr: nicht nur segelfliegen, sondern Kunstflug mit dem Segelflugzeug. Vor Kurzem haben die beiden ihre Ausbildung begonnen, das heißt erst mal Theorie, ehe es mit dem Ausbilder Janik Eggler zusammen ins Flugzeug geht.
Über einen Freund ist Vinicius Zinkernagel zum Segelfliegen gekommen. Fliegen habe den Prittrichinger schon immer fasziniert, mit 14 Jahren machte er seinen Flugschein und hat seitdem 40 bis 50 Flugstunden absolviert. „Kunstfliegen ist eine neue Facette“, sagt der 16-Jährige, und Leo Krebs aus Landsberg, der seit fünf Jahren im Segelflieger unterwegs ist, fügt an: „Man lernt, das Flugzeug in allen Lagen zu beherrschen.“
Extreme Lagen werden beim Kunstflug erreicht, das bestätigt Ausbilder Janik Eggler. Und das bedeutet nicht nur extreme Belastung für das Flugzeug, sondern auch für die Piloten. „Bei bestimmten Manövern kann es zu einem Blackout kommen, weil die G-Belastung so hoch ist“, erklärt er seinen Flugschülern. Dieser dauere nur zwei, drei Sekunden, die Gefahr bestünde aber. Und deshalb sei oberstes Gebot: sich an die Vorschriften zu halten.
Beim Kunstflug nähere man sich dem Limit, so Eggler, „aber man überschreitet es nicht. Es muss immer noch genügend Reserve bleiben“, betont er. So dürfen die Figuren zum Beispiel nur bis zu einer Höhe von 450 Metern geflogen werden, damit noch Reserven vorhanden sind. Auch gibt es einen bestimmten, angemeldeten Bereich, in dem Kunstflug gestattet ist.
Genau kennen müssen die Flieger auch die Grenzen ihrer Flugzeuge – nicht alle Figuren sind mit allen Seglern erlaubt. Sobald zum Beispiel die Höchstgeschwindigkeit, für die das Flugzeug zugelassen ist, überschritten wird, muss dies bei der Landung mitgeteilt werden. „Dann wird geprüft und wenn nötig, auch beim Hersteller nachgefragt, was zu machen ist“, sagt Eggler.
Die beiden Neulinge für Kunstflug zu begeistern, fällt Eggler nicht schwer: Er hatte dabei ein Schlüsselerlebnis. Bei einer Figur, die perfekt klappte, „hatte ich das Gefühl, ich hätte Flügel. Es gab kein Flugzeug mehr um mich herum“. Ein Erlebnis, das für ihn persönlich entscheidend war, nicht für irgendwelche Zuschauer. Und genau das fordert er auch von seinen Schülern: „Ihr müsst es für euch machen, nicht um anderen etwas beweisen zu wollen.“Sein Credo: Du machst Kunstflug nicht, damit die Welt eine besonders tolle Sicht auf dich hat, sondern damit du eine besonders tolle Sicht auf die Welt hast.“
Für Vinicius und Leo war in den ersten Theoriestunden viel Bekanntes, aber auch einiges Neues dabei: „Die Figuren sind komplexer, als ich es mir vorgestellt habe“, räumt Vinicius Zinkernagel ein. Und ob das „auf-dem-Kopf-fliegen“so schwierig ist, werden die beiden zu Hause schon mal ausprobieren: Eggler riet ihnen, mal im Kopfstand am Flugsimulator im Computer zu trainieren. „Das mache ich auf jeden Fall“, sagte Leo Krebs und schmunzelt dabei. (mm)
Je nach Wetterlage und Flugmöglichkeiten werden die beiden in den nächsten Wochen auch ihre ersten Kunstflugstunden in einem Zweisitzer mit ihrem Ausbilder Janik Eggler machen. Das Landsberger Tagblatt wird sie bei ihrer Ausbildung weiterhin begleiten.
Es müssen immer Reserven vorhanden sein