Teurer Hausbau
Friedhof Die Funde auf dem alten Friedhof bei der Johanniskirche sind erste archäologische Nachweise für eine Pestepidemie im 17. Jahrhundert. Zahlen muss die Ausgrabungen der Bauträger. Aber nicht immer alleine
800000 Euro für den Denkmalschutz. Das soll ein Landsberger Bauträger zahlen, der in der Brudergasse über einem ehemaligen Friedhof Häuser baute.
Landsberg/München 800000 Euro für den Denkmalschutz. Das musste ein Landsberger Bauträger zahlen, der in der Brudergasse, über einem ehemaligen Friedhof, Häuser baute. Das LT fragte beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege nach, ob es sein kann, dass ein Bauunternehmen so hohe Kosten alleine zu tragen hat, oder ob es auch Zuschüsse gibt.
Die Antwort gab Pressesprecherin Dorothee Ott. „Eine staatliche Förderung ist generell dann möglich, wenn die Kosten der Maßnahme die Grenzen der Zumutbarkeit überschreiten. Diese Grenze liegt bei 15 Prozent der Baukosten.“Allerdings zahlt der Staat meist nur dann, wenn der Bauherr nichts von dem Bodendenkmal wusste. „Die Projektgesellschaft Vorderer Anger-Brudergasse
Der Friedhof war in der Denkmalliste erfasst
hat 2013 das Grundstück gekauft und bei Vertragsschluss nicht von dem Bodendenkmal gewusst“, sagt Anwalt Joachim Feller. Er vertritt den Käufer und hat den Verkäufer auf Zahlung der Ausgrabungskosten vor dem Landgericht Augsburg verklagt.
Der Grund: Bei Vertragsschluss 2013 sei dem Käufer vom Verkäufer folgendes schriftlich zugesichert worden: „Der Verkäufer versichert, dass ihm bei einer Besichtigung nicht erkennbare Mängel am Grundstück und Gebäude, wie zum Beispiel schädliche Bodenverunreinigungen und Altlasten nicht bekannt sind.“Feller weiter: „Dass Skelette zu solchen Altlasten gehören, wurde dem Grunde nach vom Landgericht Augsburg bereits bejaht.“Ein Urteil sei noch nicht ergangen.
Unabhängig davon gehen derzeit die Verhandlungen weiter, wann die Gebäude fertiggestellt werden. Denn die Gebäude und die Wohnungen am Haus im Vorderanger sind längst weiterverkauft, aber nicht fertiggestellt. „Es gibt einen finanziellen Engpass. Alle Beteiligten, die Bank, die Eigentümer der Wohnungen und Häuser sowie die Vertreter der Projektgesellschaft trafen sich am Dienstag und es wurden verschiedene Lösungansätze diskutiert“, informiert Feller. Auch ein neuer Investor steht in Aussicht. „Wir klären jetzt mit den Beteilig- ten, für wen, welche Lösung infrage kommt. Ein weiteres Treffen ist für nächste Woche geplant.“
Zur Vorgeschichte der neuen Bebauung in der Brudergasse: Die Grabung fand im Bereich des um 1810 aufgelassenen Friedhofs der Johanniskirche in einem Bereich statt, der als Bodendenkmal in der Bayerischen Denkmalliste erfasst war. „Alle bekannten Bodendenkmäler im Freistaat Bayern werden vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege erfasst.
Die Informationen zu allen Bauund Bodendenkmälern in Bayern sind online in stets tagesaktueller Fassung im Bayerischen DenkmalAtlas unter www.denkmal.bayern.de abrufbar“, schreibt Ott vom Landesamt. „2015 fanden intensive Beratungsgespräche statt, denn der Bauherr benötigte eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung von der unteren Denkmalschutzehörde. Der Bauherr wurde über die Lage des Grundstücks im Bereich des ehemaligen Friedhofs und den zu erwartenden Umfang der notwendigen Grabung aufgeklärt. Auch darüber, dass es teuer werden kann.“
Inzwischen ist die Grabung abgeschlossen: Auf einer relativ kleinen Fläche wurden über 900 Gräber dokumentiert, und es konnte hier der erste archäologische Nachweis für eine Pestepidemie des 17. Jahrhunderts erbracht werden. „Dass der Beginn einer Epidemie in einer Grabung greifbar wird, ist hier erstmals in Deutschland gelungen“, so Ott zu der Bedeutung der Grabungsergebnisse.
Die Bodendenkmalpflege sei eine staatliche Aufgabe und eine gesetzliche Forderung nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz. Bodendenkmäler seien die einzigen Quellen für weit über 100 000 Jahre bayerischer Geschichte. „Sie überliefern wichtige Informationen für das Verständnis historischer Prozesse bis in die jüngste Vergangenheit, auch aus Zeiten, aus denen es keine schriftlichen Zeugnisse gibt“, so Ott. Der Schutz dieses „Archivs im Boden“habe daher große wissenschaftliche und geschichtliche Bedeutung. Die grundsätzlichen Regeln für einen Bauherren, der auf so einem Bodendenkmal baut, sind:
● Zerstörung Soll eine Baumaßnahme im Bereich eines Bodendenkmals stattfinden, ist der Bauherr gegenüber dem Freistaat Bayern gesetzlich verpflichtet, das Bodendenkmal vor einer Zerstörung zu bewahren oder es gegebenenfalls vor einer nicht abzuwendenden Zerstörung zu dokumentieren.
● Ausgrabungen Archäologische Ausgrabungen stellen dabei die Dokumentation vor der endgültigen Zerstörung eines Bodendenkmals dar. Entscheidet sich der Bauherr für die Grabung im Bereich eines Bodendenkmals, muss er eine denkmalrechtliche Erlaubnis bei der jeweils zuständigen Unteren Denkmalschutzbehörde beantragen.
● Kosten Wer trägt die Kosten einer archäologischen Untersuchung (Ausgrabung)? Der Inhaber der denkmalrechtlichen Erlaubnis trägt nach der ständigen Rechtsprechung auch die Kosten für die archäologische Untersuchung. Eine Förderung sei möglich, wenn die Kosten der Maßnahme die Grenzen der Zumutbarkeit überschreiten – diese Grenze liege bei 15 Prozent der Baukosten.
Das heißt, bei einer Baumaßnahme, die eine Million Euro kostet, müssten die Ausgrabungskosten 150000 Euro betragen, und zwar nur die reinen Grabungskosten. Zudem gebe es diese Zuschüsse nicht, wenn man von dem Bodendenkmal gewusst habe. Ott sagt: „Hier wird ja nichts erhalten, sondern der Bauherr zerstört ein Denkmal, und das kann dann nicht vom Staat mit Steuergeldern subventioniert werden.“
Bedeutende Ergebnisse bei der Grabung