Ballett in der Kirche
Zusammenspiel Das Vocalensemble und die Ballettschule Klein inszenieren geistliche Musik als Gesamtkunstwerk
Landsberg/St. Ottilien Es ist für alle Beteiligten ein Abenteuer, ein Betreten von ungewohntem Boden – im konkreten wie im übertragenen Sinn. Matthias Utz, Dirigent des Vocalensembles Landsberg, und Beatrix Klein, Leiterin der Landsberger Ballettschule Klein, haben sich zu einem Crossover-Projekt zusammengetan: Geistliche Chormusik, Bach und Britten, gesungen und getanzt, ein Erlebnis für alle Sinne. Im spirituellen Raum der Klosterkirche von St. Ottilien wird das Ganze zum erfahrbaren Gesamtkunstwerk.
Ungewohnten Boden betrat in der ersten gemeinsamen Probe der beiden Ensembles das Vocalensemble. Schuhe aus, hieß es erst mal, bevor man den Holzboden des puristisch weißen Ballettprobenraumes betreten durfte, dessen eine Wand komplett verspiegelt ist. Im Halbkreis aufgestellt stimmt das Vocalensemble die Bach-Kantate „Jesu, meine Freude“an, und mancher Sänger verpasst seinen Einsatz, weil er fasziniert die fließenden Bewegungen der Tänzerinnen verfolgt.
Chorleiter Matthias Utz winkt nach einigen Takten ab, die Tänzerinnen blicken ratsuchend zu ihrer Choreografin. „Wir haben das mit einer Aufnahme geübt, die viel schneller ist“, erklärt Ballettlehrerin Beatrix Klein. Kein Problem für den Chor, Matthias Utz zieht das Tempo deutlich an. Die Tänzerinnen schweben durch den Raum und führen grazile Sprünge, Bewegungen und Formationen aus. Musik und Tanz verschmelzen schon stellenweise zu einem Ganzen. Die Ensembleleiter sind beide begeistert.
„Ich habe fünf Jahre lang versucht, eine Kirche zu finden, wo ich dieses Konzept verwirklichen konnte“, verkündet Dirigent Matthias Utz. „Überall wurde ich abgewiesen – Tanz in der Kirche, das gehe gar nicht.“Nur in St. Ottilien, bei den Missionsbenediktinern, da habe man den Tanz als Form des Gotteslobs in der Kirche sogar als Teil des Auftrags gesehen und sofort mit Freuden zugesagt.
Auch Beatrix Klein ist fasziniert von dem Crossover-Projekt. „Es ist etwas sehr Spannendes. Die jungen Frauen machen das großartig, denn es ist für sie schon sehr ungewohnt, zu live gesungener Chormusik zu tanzen, noch dazu auf dem harten Marmorboden einer Kirche.“Spitzentanz in Ballettschuhen sei auf solchem Boden nicht möglich. Deshalb tragen die Tänzerinnen an den Füßen nur einen Stoffstreifen, damit sie auf dem Ballen drehen können, ansonsten tanzen sie barfuß.
Getanzt wird im Konzert auf zwei Stücke: Auf „Jesu, meine Freude“von Johann Sebastian Bach (Choreografie Christine Steininger) und auf Benjamin Brittens „Hymn to St Cecilia“, einem Lobgesang auf die Heilige Cäcilie, der Patronin der Kirchenmusik, der die Erfindung der Orgel zugeschrieben wird. Die Choreografie dazu stammt von Beatrix Klein. An der Orgel wird Hannes Ritschel aus Augsburg das Konzert ergänzen, er ist unter anderem Träger des Kulturpreises Oberallgäu 2012.
Aufführungstermin Das gemeinsa me Konzert von Vocalensemble und Ballettschule Beatrix Klein findet am Sonntag, 22. Juli, um 15.30 Uhr in der Klosterkirche St. Ottilien statt. Der Eintritt ist wie bei allen Ottilianer Konzerten frei, Spenden sind jedoch willkommen.
Die Suche nach einer Kirche dauerte fünf Jahre