Zirkus statt Schule
Die Mädchen und Buben der Grundschule in Lengenfeld bereiten sich akribisch auf drei Vorstellungen vor. Wie aus Erst- bis Viertklässlern Trapezkünstler, Seiltänzer, Fakire, Clowns und Zauberer werden
Lengenfeld Mucksmäuschenstill ist es in der Grundschule. Gähnende Leere herrscht in Klassenzimmern und Gängen, nur das Sekretariat ist besetzt. Um 8 Uhr sitzen alle 150 Kinder und ihre Lehrer statt in den Unterrichtsräumen im gelb-roten Zirkuszelt auf der Wiese neben der Sporthalle. Es ist Projektwoche, das Motto heißt Zirkus. Das Sagen hat heute Benjamin Hein vom Projektzirkus Bertolini, der mit Zelt und Equipment angereist ist und in der Manege seine neue Truppe begrüßt.
Bis Donnerstag werden die Grundschüler mit Heins Hilfe und der weiterer Zirkusprofis verschiedene artistische Nummern einüben. Dann werden aus Erst- und Zweitklässlern Trapezkünstler und Seiltänzerinnen, aus Dritt- und Viertklässlern Zauberer und Akrobaten. Für die Projektwoche arbeiten die Artisten in jahrgangsgemischten
Die Generalprobe fand am Mittwoch statt
Klassen zusammen, betreut von den Lehrkräften. Im Vorfeld durften die Buben und Mädchen zwei ArtistikKategorien ihrer Wahl angeben. Neben den bereits erwähnten möchten sie als Fakire, Orienttänzer, Ziegendresseure, Clowns oder Zauberer auftreten. Zwei Tage wird gruppenweise trainiert, am Mittwoch kamen kamen alle wieder zur Generalprobe im Zelt zusammen.
Schulleiter Clemens Bannert, der die Seiltänzerinnen und Moderatoren betreut, steht am Rand der Manege und beobachtet das Aufwärmen. „Was jetzt dort passiert, weiß ich selber nicht“, sagt er gespannt. Im bunten Rund üben die Akrobaten Kniepyramiden. Keine halbe Stunde später schwingt sich das erste Mädchen mit den Füßen voraus aufs Trapez. Bei den Seiltänzerinnen führt Teresa einen Spagat vor und erhält Lob von den Zirkusprofis. Sie und weitere Mädchen üben an der Hand von Clown und Trainer Pompom das Gehen auf dem Seil. „Nicht nach unten schauen und die Füße gerade halten“, rät er.
Schon im zweiten Durchgang verlangt er von den Mädchen, sich auf halber Strecke zu drehen und rückwärts zu balancieren. Lucy aus der zweiten Klasse wird für ihre perfekte Körperspannung gelobt. „Mehr geht gar nicht“, sagt Pompom. Seiltanzen war für die Projektwoche nur Lucys zweite Wahl, doch nun ist sie mit ihrer besten Freundin Flora zusammen. Mit ihr konnte sie vorab schon ein bisschen auf der Slackline üben. Teresa „wollte unbedingt seiltanzen“und sagt selbstbewusst: „Es wäre auch egal, wenn das Seil höher wäre.“Das reicht den Seiltänzerinnen je nach Körpergröße maximal bis zur Hüfte.
Mona und Nico aus der vierten werden die Vorstellungen moderieren. Mit seiner kräftigen Stimme sagt Nico: „Mir macht es Spaß, anderen etwas vorzuführen.“„Schon ganz oft“habe er Gedichte aufgesagt, auch bei einer Veranstaltung der Gemeinde, und beim Zirkusprojekt des Kreisjugendrings mitgemacht. Mona möchte einmal Theater spielen. „Hier will ich ein bisschen üben“, sagt sie. Ihre Texte können beide schon fast auswendig. „Aber ich werde mir den Text als Gedächtnisstütze mitnehmen“, sagt Nico. Mona wird eine Passage vorlesen. So steht es in ihrem Skript.
Während Trapezkünstler, Akrobaten und Seiltänzerinnen im Zelt trainieren, arbeitet die andere Hälfte der Schülerschaft an den Kostümtaschen. In ihrem „Gruppenzelt“, in das sich das Klassenzimmer von Lehrerin Stephanie Schiegg für die Projektwoche verwandelt, bemalen die Clowns Jutetaschen mit ClownGesichtern. Nebenan gestalten die Jongleure und Fakire aus der ersten und zweiten Jahrgangsstufe unter der Anleitung von Dagmar Hotter ihre Jutetaschen. Nachdem die Kinder die Beutel bemalt und mit ihrem Namen versehen haben, werden sie wieder eingesammelt. In ihnen werden die Kostüme verstaut und im Kostümwagen für die Vorstellungen bereitgehalten, sagt die Lehrerin.
Wer nicht im Zelt trainiert, arbeitet nach einem Wochenplan am MaKlasse the- oder Deutschstoff, vieles davon zum Thema Zirkus. „Um die Kinder wieder auf Normalmaß zurückzuholen“, sagt Clemens Bannert. sie kehren am Freitag wieder in ihre Klassen zurück. Dort werden die Erlebnisse der Zirkuswoche aufgearbeitet – und vor der abendlichen Abschlussvorstellung auch wieder in der „normalen“Umgebung gelernt.
Termine „Manege frei“heißt es im Zirkuszelt auf dem Schulgelände in Lengenfeld am heutigen Donnerstag um 15 und um 18 Uhr. Am Freitag, 20. Juli, beginnt die Vorstellung um 17 Uhr. Karten gibt es jeweils 30 Minuten vor den Vor stellungen an der Zirkuskasse, teilt die Grundschule mit.