Landsberger Tagblatt

Freundscha­ft mit Hinderniss­en

USA Präsident Donald Trump lädt seinen russischen Amtskolleg­en Putin nach Washington ein. Parteifreu­nde und der Sicherheit­sapparat fühlen sich überrumpel­t

- VON THOMAS SPANG

Washington/Moskau Dan Coats eilt der Ruf eines Gentleman voraus. Der Senator aus Indiana fällt immer wieder wegen seiner ausgewählt­en Höflichkei­t auf. Auch in seiner neuen Rolle als Donald Trumps Direktor der nationalen Geheimdien­ste ist die vornehme Zurückhalt­ung eines seiner Markenzeic­hen. Das hat sich seit dem Gipfel Trumps mit Wladimir Putin in Helsinki geändert. Coats nimmt kein Blatt mehr vor den Mund. Er gibt sich nicht einmal Mühe, seine Verachtung über das Anbiedern des Präsidente­n an den ehemaligen KGB-Chef zu verstecken. Nachdem die Einladung für Russlands Präsidente­n Wladimir Putin im Herbst nach Washington publik wurde, fiel ihm förmlich der Kiefer herunter. „Sag das noch einmal“, wandte er sich an eine Reporterin. Nach einem ungläubige­n Lachen fängt sich Coats auf einem Forum in Aspen wieder: „Okaaaaaaaa­y…das wird ja was Besonderes.“Es wäre Putins erster Besuch im Weißen Haus seit 2005, als George W. Bush noch Präsident war.

Wenn Trump das spöttische Schmunzeln seines Geheimdien­stchefs, begleitet vom herzhaften Gelächter der Versammelt­en, sieht, dürfte dem Präsidente­n das Lachen vergehen. Zumal dies nicht der erste Widerspruc­h des Republikan­ers aus dem Mittleren Westen war. Am Montag nahm Coats in einer Stellungna­hme seine Analysten vor der Kritik Trumps an der Seite Putins in Schutz. Die Geheimdien­ste hätten ihre Befunde „überprüft und überprüft und überprüft“. Sie bleiben bei ihrer Einschätzu­ng. Die Einmischun­gen seien darüber hinaus nicht abgeschlos­sen, wie Trump suggeriert, sie gingen weiter. Es gebe mit Blick auf die Zwischenwa­hlen im November allen Anlass, alarmiert zu sein. Coats wurde deutlich gegenüber den Russen: „Sie sind es, die versuchen, unsere Grundwerte zu untergrabe­n, uns von unseren Alliierten zu entzweien, bei unserem Wahlprozes­s Chaos anzurichte­n.“Der Direktor der Bundespoli­zei FBI, Christophe­r A. Wray, sprang Coats zur Seite. Die Ermittlung­en in der Russland-Affäre seien keine Hexenjagd, wie Trump behauptet. „Russland versuchte, sich in unsere vergangene­n Wahlen einzumisch­en“, sagte Wray. „Es setzt seine böswillige­n Einfluss-Operatione­n bis zu diesem Tag fort.“

In einem Interview mit CNBC wies der Präsident am Freitag Fra- gen nach Abhängigke­iten von Putin zurück. Fremd- und Selbstwahr­nehmung gehen wie gewohnt weit auseinande­r: „Ich hatte ein unglaublic­hes Treffen mit Präsident Putin. Ich glaube, ich habe mich sehr gut geschlagen auf der Pressekonf­erenz, außer natürlich für die Fake-News-Medien.“Der wahre „Einfaltspi­nsel“im Verhältnis zu Russland sei ohnehin sein Vorgänger Barack Obama gewesen.

„Wir haben es fast mit so etwas wie Parallel-Regierunge­n zu tun“, analysiert der ehemalige CIA-Chef John McLaughlin die Spaltung zwischen Weißem Haus und großen Teilen der Diplomatie und des Sicherheit­sapparats der USA. Der Washington-Post-Kolumnist David Ignatius meint zu wissen, dass viele Geheimdien­stler versuchen, ihre Pflicht gegenüber dem Präsidente­n mit dem Eid auf die Verfassung auszubalan­cieren.

Im Fall Trump scheint die Russland-Politik sogar eine reine OneMan-Show zu sein. Senator Lindsey Graham, wichtiges Mitglied im Verteidigu­ngsausschu­ss und wie Trump ein Republikan­er, sagte nach dem jüngsten Treffen zwischen Trump und Putin in Helsinki frustriert: „Ich habe keine Ahnung, ob irgendwelc­he Vereinbaru­ngen getroffen wurden. Ich möchte das wissen.“

Die Stimmung in Washington dürfte sich nicht aufhellen, nachdem nun ausgerechn­et von russischer Seite Stück für Stück Einzelheit­en durchsicke­rn. Moskau habe bei dem Treffen eine Reihe von Vorschläge­n gemacht, wie man den Konflikt in der Ostukraine beenden könne, sagte der russische Botschafte­r in den USA, Anatoli Antonow. Putin und Trump hätten die Möglichkei­t eines Referendum­s besprochen, sagte der Diplomat der Agentur Tass zufolge. Allerdings hat ein Sprecher des Nationalen Sicherheit­srats der USA am Freitag ein solches Referendum in der Ostukraine mit Hinweis auf das Minsker Abkommen abgelehnt.

Von anderer Seite droht Trump derweil neuer Ärger. Einem Medienberi­cht zufolge hat der Ex-Anwalt des US-Präsidente­n heimlich ein Gespräch über eine Schweigege­ldzahlung an ein Playboy-Model aufgezeich­net. Wie die New York Times berichtet, hat das FBI den Mitschnitt bei einer Durchsuchu­ng des Büros des Anwalts Cohen sichergest­ellt. Trumps Anwalt Giuliani bestätigte, dass Trump mit Cohen über Zahlungen gesprochen habe – aber letztendli­ch sei kein Geld geflossen.

 ?? Foto: Alexander Zemlianich­enko, dpa ?? Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel: Im Herbst wollen sich Donald Trump und Wladi mir Putin in Washington treffen.
Foto: Alexander Zemlianich­enko, dpa Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel: Im Herbst wollen sich Donald Trump und Wladi mir Putin in Washington treffen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany