Landsberger Tagblatt

Düstere Aussichten

Welthandel US-Präsident Donald Trump droht damit, alle Importe aus China mit Zöllen zu belegen. Das hätte gravierend­e Folgen

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Peking Ein Handelskri­eg zwischen den USA und China würde die Zusammenar­beit der beiden größten Volkswirts­chaften schwer treffen – mit Auswirkung­en auf den Rest der Welt. Nicht nur die globalen Lieferkett­en dürften darunter leiden, sondern vor allem die in China tätigen amerikanis­chen Unternehme­n. „Die Wolken am Horizont“, warnt die Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds, Christine Lagarde, „werden mit jedem Tag dunkler. Die größte und dunkelste Wolke, die wir sehen, ist die Verschlech­terung der Zuversicht“, meinte sie jüngst zu den Gefahren für die Weltwirtsc­haft.

Wenn US-Präsident Donald Trump seine Drohung wahr macht und weitere Strafzölle von zehn Prozent auf chinesisch­e Importe im Wert von rund 200 Milliarden Dollar verhängt, wird China nicht nur ähnliche Zölle auf Einfuhren aus den USA verhängen – sondern wohl auch auf andere Weise zurückschl­agen. Denn die USA exportiere­n mit 130 Milliarden US-Dollar (2017) gar nicht genug nach China, als dass Peking im gleichen Maße Zölle verhängen könnte.

Und dennoch legte Trump nach. Er warf Peking und der EU Trickserei mit Wechselkur­sen vor. „China, die Europäisch­e Union und andere haben ihre Währungen manipulier­t“, schrieb er auf Twitter. Außerdem erwähnte er die niedrigen Leitzinsen dort, während in den USA die Zinsen stiegen. Gegenüber dem Sender CNBC zeigte er sich entschloss­en, auf alle Importe aus China Zölle zu erheben. „Ich möchte ihnen keine Angst einjagen, ich möchte, dass es ihnen gut geht, ich mag Präsident Xi, aber das (der Handel) war sehr unfair.“

In China ansässige US-Firmen versetzt das in Aufruhr. Sie fürchten, Opfer des Streits zu werden – und rüsten sich fürs Schlimmste. „Unsere Mitglieder sind sehr besorgt, was in Zukunft passieren könnte“, sagt der Chef der US-Handelskam­mer in China, William Zarit. „Die wachsenden Spannungen zwischen beiden Seiten haben bereits negative Auswirkung­en auf die Arbeit vieler unserer Mitgliedsu­nternehmen.“

Noch laufe keine Kampagne gegen US-Unternehme­n in China. „Aber wenn der Handelskri­eg richtig ausbricht, ist es möglich“, sagt auch der Wirtschaft­sprofessor Huang Weiping von der Pekinger Volksunive­rsität. Die Behörden könnten strenge Inspektion­en zu Brandschut­z, Hygiene oder Arbeits- sicherheit veranlasse­n, einige Betriebe vorübergeh­end schließen oder Genehmigun­gen verweigern, um ihnen das Leben schwer zu machen. „Sie werden die Firmen etwas leiden lassen“, glaubt er.

Dass China in solchen Fällen Ernst macht, ist auch belegt. In der Diskussion wird gern der Feldzug gegen südkoreani­sche Unternehme­n 2017 als Beispiel angeführt. Als die Regierung in Seoul gegen den Widerstand Pekings ein US-Raketenabw­ehrsystem installier­t hatte, rächten sich die Chinesen. Das Abwehrsyst­em richtet sich zwar gegen Nordkorea, aber sein Frühwarnsy­stem lauscht auch nach China. Die Folge: Südkoreani­sche Kaufhäuser in China mussten wegen angebliche­r Brandschut­zprobleme schließen. Es gab Aufrufe zum Warenboyko­tt. Verkäufe südkoreani­scher Autos sackten ab. Reisen nach Südkorea wurden gestrichen. Die Tourismusi­ndustrie verlor sechs bis sieben Milliarden US-Dollar.

Schon jetzt ist klar: Jeder zweite Chinese würde im Falle eines Handelskri­eges „sicher“oder „möglicherw­eise“amerikanis­che Waren boykottier­en, ergab eine Umfrage der Financial Times. Ein Drittel ist sich unsicher oder kauft ohnehin keine US-Waren. Nur 13 Prozent lehnen einen Boykott ab.

„Populismus und Nationalis­mus werden überall in der Welt stärker“, sagt der Wirtschaft­sprofessor Zheng Chaoyu von der Volksunive­rsität zur Möglichkei­t eines Boykotts. Er sorgt sich aber auch um den reibungslo­sen Ablauf in den globalen Lieferkett­en. Und nennt ein Beispiel: Ein Intel-Prozessor wird aus den USA nach China verschifft, in Südwestchi­na von einem Subunterne­hmer für einen US-Computerhe­rsteller in einen Laptop gebaut, der wiederum in die USA geliefert wird. „Die besondere Position Chinas als individuel­les Land in den Lieferkett­en wird stark beeinfluss­t“, warnt Zheng Chaoyu.

Sein Kollege Huang Weiping stimmt zu: „Natürlich werden globale Lieferkett­en beschädigt. Die Grundlage ist Vertrauen, und Trump hat dieses Vertrauen bereits gebrochen.“Andreas Landwehr, dpa

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Foto: Vincent Yu, dpa Die Stimmung zwischen den USA und China wird langsam so trüb wie der Himmel über Hongkong in diesem Bild.

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