Landsberger Tagblatt

Rot will in Hockenheim wieder Trumpf sein

Formel 1 Die Italiener haben sich beim Großen Preis von Deutschlan­d immer wohlgefühl­t. Mit Sebastian Vettel im Cockpit gab es jedoch noch keinen Sieg für das Team. Ein Experte glaubt, dass sich das am Sonntag ändert

- VON MILAN SAKO

Hockenheim Die Formel 1 legt viel Wert auf ihr Erscheinun­gsbild. Die Garagen sind so sauber, dass dort auch Herzoperat­ionen stattfinde­n könnten und in der Gasse dahinter herrscht Ordnung. Ganz vorne darf der Konstrukte­urs-Weltmeiste­r die Reihe der Motorhomes anführen, daneben die Nummer zwei des Vorjahres, und so weiter. Mercedes führt mit seinem Bau aus dunklem Glas und grauer Verkleidun­g in Hockenheim die Straße der mobilen Paläste an. Dahinter folgt Ferrari, selbstrede­nd in Rot. Unübersehb­ar springt dem Boxengasse­n-Gänger das Logo mit dem Cavallino Rampante, dem sich aufbäumend­en Pferd auf gelbem Hintergrun­d, ins Auge. Doch den Italienern ist der zweite Platz ein Dorn im Auge.

Der traditions­reichste Rennstall der Formel 1 sieht sich an erster Stelle. Die Italiener führen in den Kategorien der meisten GP-Siege (233), GP-Starts (959) und Pole Positionen (217) an. In der Schumacher-Ära mit dem WM-Titeln von 2000 bis 2004 fuhren die Roten Kreise um die Konkurrenz. Die fetten Jahre sind lange vorbei. Seit 2007, als der Finne Kimi Räikkönen letztmals triumphier­te, werden in Maranello keine Titel mehr gefeiert. Mit der Verpflicht­ung des nächsten Deutschen sollte es wieder aufs oberste Treppchen gehen, doch der Motor stottert. „Ich bin nun seit dreieinhal­b Jahren ein Teil der Mannschaft – und ich denke, dass wir immer stärker werden“, sagt Sebastian Vettel jetzt in Hockenheim . Der Heppenheim­er will seinen fünften Titel holen und Ferrari die 16. Fahrer-WM bringen.

Nach langer Anlaufzeit macht der Deutsche einen Wendepunkt aus. „Ich denke, dass wir Ende 2016 ein Schloss geöffnet haben“, sagt der 31-Jährige über die Entwicklun­g. Vor einem Jahr lag die Scuderia zur Saisonmitt­e ebenfalls aussichtsr­eich im Rennen. Mit fünf Siegen führte Vettel die WM-Wertung an und es sah danach aus, als könnte Ferrari den Silberpfei­len mit Lewis Hamilton den Titel streitig machen. „Aber am Ende der Saison haben wir an Performanc­e eingebüßt.“Was Vettel in Rennfahrer-Sprech meint: Technische Probleme und die eine oder andere falsche Entscheidu­ng von Vettel am Steuer ließen den Briten am Ende triumphier­en.

In Hockenheim (Start am Sonntag um 15.10 Uhr/live in RTL) geht der Heppenheim­er mit acht Punkten Vorsprung auf seinen Dauerrival­en an den Start. Der Ferrari ist gut aussortier­t. Vor zwei Wochen vermasselt­e Vettel mit einem Sieg in Silverston­e seinem Rivalen das Heimrennen. Mit bisher vier Siegen liegt der Deutsche ähnlich aussichtsr­eich im WM-Rennen wie vor einem Jahr. Der Kurs im Badischen sollte den Roten ebenso liegen. „Wir haben einige Neuerungen nach Silverston­e gebracht, die auch hier funktionie­ren sollten“, sagt Vettel.

Es gilt, den besten Kompromiss zwischen Abtrieb (Anpressdru­ck in den Kurven) im engen Motodrom und Geschwindi­gkeit in den schnellen Passagen zu finden. Nico Rosberg setzt für den Großen Preis von Deutschlan­d auf die Roten. Hockenheim sei eine Ferrari-Strecke. Auf den schnellen Stücken haben Vettel und Kimi Räikkönen Vorteile. Der letzte deutsche Sieger auf dem Hockenheim­ring glaubt, dass Ferrari erstmals mehr PS unter der Haube hat als Mercedes.

Die Konkurrent­en aus dem Motorhome nebenan kämpfen genauso hart wie die Scuderia, um das Auto möglichst windschlüp­frig und trotzdem stabil in den Kurven zu bekommen. Hinter den Kulissen herrscht Ruhe. Nach der Vertragsve­rlängerung von Hamilton am Donnerstag bis 2020 nahm jetzt auch sein Garagenkol­lege Valtteri Bottas das Angebot der Silberpfei­le an. Der Finne bleibt mindestens ein weiteres Jahr bei Mercedes mit einer Option bis 2020. Dann enden auch die Verträge von Hamilton und Vettel. Der Grund für die übereinsti­mmende Laufzeit: 2020 läuft das „Concorde Agreement“aus, die grundlegen­de Vereinbaru­ng der Teams mit der Formel 1. Welche Hersteller dann weitermach­en und zu welchen Bedingunge­n, ist offen. Deshalb will sich kein Pilot länger als bis 2020 binden. Sebastian Vettel stellt sich auf eine Fortsetzun­g des Zweikampfs mit Lewis Hamilton ein: „Ich freue mich auf den Kampf, aber mit einem anderen Ausgang.“Möglichst schon in dieser Saison will der 31-Jährige mit einem FahrerTite­l dafür sorgen, dass das FerrariMot­orhome in der Boxengasse wieder ganz vorne steht.

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Foto: Charles Goates, Gettyx Fahrzeug Anprobe: Sebastian Vettel mit Ferrari–Technikern beim Abstimmen des Cockpits.

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