Das „Weiße Rössl“am Ammersee
Seebühne Trotz drohendem Gewitter erleben die Gäste in Utting eine umjubelte Premiere
Utting „Die ganze Welt ist himmelblau, wenn ich in deine Augen schau…“So ganz traf das auf den Premierenabend der Uttinger Seebühne zwar nicht zu, aber der Begeisterung des Publikums für das Singspiel „Im Weißen Rössl“(Inszenierung: Florian Münzer) taten die Wolken am Himmel keinen Abbruch.
Die ersten Regentropfen fielen nämlich erst in der Schlussszene: Ein (be-)rauschendes Fest mit Musik und Freibier, zu dem ein „Rössl“-Gast, der spendable Trikotagenhersteller Giesecke (Holger Schmidt-Lutz) aus Berlin, das gesamte Bühnendorf samt Bürgermeister (Florian Münzer) in den Wirtsgarten des romantischen Seehotels geladen hatte. Doch wer will schon wegen ein paar Regentropfen eine wunderschöne Schlussszene, die Titelmelodie sowie den ersten Kuss zwischen Kellner Leopold (Ruben Hagspiel) und Rössl-Wirtin Josepha (Barbara Hölzl) verpassen? Schließlich kann man fast nicht genug bekommen vom feschen Kellner Leopold mit den verliebten „Kalbsaugen“und der kratzbürstigen, schönen Wirtin Josepha Vogelhuber und all ihren Mitspielern aus dem Singspiel von Ralph Benatzky, das derzeit frisch und munter und zugleich zünftig und dialektaffin über die Seebühne schnurrt.
Diese ist am Ammerseeufer als Schauplatz für das „Weiße Rössl“wie geschaffen. Bei all den Intrigen, Liebeleien und windigen Geschäften, die sich in dem romantischen Hotel abspielen, haben doch alle Protagonisten das Herz am rechten Fleck und die Liebe macht das Rennen. Auch der Zufall spielte am Premierenabend mit, und besonders waren vor allem jene Momente, in denen sich das Bühnengeschehen und die Wirklichkeit sanft berührten. Zum Beispiel wenn Josepha, die sehnsüchtig auf ihren Stammgast Dr. Siedler (Werner Högel) wartet, ruft, „Der Dampfer muss jeden Moment da sein“– und wie eben gerufen, dennoch zufällig, taucht der Schaufelraddampfer, die MS Dießen, am Horizont auf und lässt die Wellen ans Seeufer rollen. Der Dampfer, der tatsächlich am Bühnensteg anlegt, ist aber ein als Schaufelraddampfer verkleidetes Tretboot, aus dem die ankommenden „Rössl“-Gäste klettern.
Zu den vielen lustigen und großen Momenten der Inszenierung gehört auch ein volkstümliches Tänzchen, das der mürrisch polternde, urkomische Berliner Fabrikant Giesecke unfreiwillig und in Lederhosen mit Zimmermädchen Mirzl (Marie Seger)
Das Publikum sparte nicht mit Szenenapplaus
und Nachwuchskellner Gustl, großartig verkörpert vom jugendlichen Luis Graf, aufs Parkett legt, oder der Auftritt des lispelnden Klärchen (Lisa Bales) mit dem glatzköpfigen Sigismund Sülzheimer (Michael Schulz), beide in kesser Badebekleidung mit gelben Schwimmflossen. Einzigartig zwitschern sie, ausgerüstet mit einer himmelblauen Luftmatratze, ihr Liebesduett „Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist …“, um danach beherzt in den Ammersee einzutauchen. Das Premierenpublikum sparte nicht mit wohlverdientem Szenenapplaus. Kurzum: Man muss einfach wieder ins Schwärmen geraten.
Vorstellungen gibt es bis 11. August täglich, außer Montag, jeweils um 20 Uhr. Karten sind im Vorverkauf und an der Abendkasse erhältlich.