Parkplatz Raser muss seinen Führerschein abgeben
Prozess Ein Ehepaar kann nur durch einen Sprung auf die Seite einen Zusammenstoß verhindern. Jetzt stand der Fahrer vor Gericht
Landsberg Der Angeklagte sei völlig ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Gegen ihn sollte für ein Jahr ein Fahrverbot verhängt werden: Diese harschen Worte stammen von Staatsanwältin Melanie Ostermeier. Ähnlich sah Amtsrichter Michael Eberle die Situation: Etwas niedriger, auf neun Monate, setzte er das Fahrverbot für den Angeklagten, 27, wegen Nötigung in zwei Fällen im Straßenverkehr fest. Und er verhängte am Ende der Verhandlung im Amtsgericht eine Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen zu je 60 Euro. Ursprünglich sollte der Mann 90 Tagessätze zu je 70 Euro zahlen. Das tat er aber nicht, sondern erhob Einspruch gegen den Strafbefehl. Er streitet die ihm zur Last gelegten Taten ab. Und er ging wie sein Verteidiger Rechtsanwalt Hermann Jansen von einem Freispruch aus.
So war es auch in der Hauptverhandlung. Die beiden blieben bei ihrer Einschätzung, dass der 27-Jährige an dem „Beinahe-Crash“auf dem Parkplatz eines Supermarktes in Landsberg unschuldig sei.
Laut Anklage fuhr der Beschuldigte auf einer der drei Fahrbahnen zu schnell zwischen den parkenden Autos hindurch. Ein entgegenkommendes Ehepaar sei deswegen in höchste Gefahr geraten. Ein Zusammenstoß hätte nur durch ein reaktionsschnelles Ausweichmanöver
– einen Sprung zur Seite – verhindert werden können, so der Richter und die Vertreterin der Anklage. Die Eheleute befanden sich mit dem gefüllten Einkaufswagen auf dem Weg zum Auto. Der Mann, 33, schob den Wagen, die Frau, 35, ging neben ihm. Der Angeklagte wollte bei widrigen Wetterverhältnissen – Regen und Schnee – seine auf dem Parkplatz auf ihn wartende Freundin, 22, abholen. Er bestritt, zu schnell gefahren zu sein. Das sei gar nicht möglich gewesen, denn vor ihm soll ein anderer Pkw gefahren sein. Überhaupt: Vorwürfe, die ihn belastet hätten, ließ der 27-Jährige nicht gelten. Zum Beispiel den, dass er nach der Fast-Kollision stehen geblieben und sofort rückwärts auf die Geschädigten zugefahren sei, das wiederum so schnell, dass die „Geschädigten“erneut zur Seite gehen mussten, um einem Zusammenstoß zu entkommen. Der Angeklagte erklärte, er habe den Rückwärtsgang eingelegt, da ihm der Mann mit dem Einkaufswagen etwas nachgerufen habe. Er wollte von dem Mann wissen, „was das soll“. Nach einem verbalen Hickhack sei er schließlich weitergefahren.
Vor Gericht war der Mann mit dem Einkaufswagen Hauptbelastungszeuge. Seine Aussagen in der Beweisaufnahme waren identisch gewesen mit den Angaben, die er kurz nach dem Vorfall bei der Polizei gemacht hatte: „Sie waren klar und keinesfalls von einem Belastungseifer geprägt“, stellten Gericht und Staatsanwaltschaft übereinstimmend fest.
Bei der Einlassung der Freundin des Angeklagten war Richter Eberle überzeugt, dass es sich um eine abgesprochene Version handle, die dem Geschehen am 22. Dezember 2017 nicht gerecht werde. Dem Vorsitzenden zufolge habe die Frau „alles ausgeblendet“, was ihrem Freund zum Nachteil hätte gereichen können. Sie will erst im Mai von dem Zwischenfall erfahren haben.
Wäre es nach Rechtsanwalt Jansen gegangen, hätte sein Mandant freigesprochen werden müssen. „Denn was der Zeuge so gesagt hat, kann doch überhaupt nicht wahr sein“, meinte er. Für ihn stehe jedenfalls Aussage gegen Aussage. Offen blieb, ob das Urteil akzeptiert wird. Es hat noch keine Rechtskraft.
Der Angeklagte wollte wissen, was das soll