Landsberger Tagblatt

Alles muss raus

Sommerschl­ussverkauf Wer jetzt einkaufen geht, kann viel sparen. Mit welchen Schnäppche­n Händler die Kunden in ihre Läden locken

- VON STEPHANIE LORENZ

Augsburg Man hört die Verkäuferi­n mit den hochgestec­kten, vollen Locken, sobald man durch die Glasflügel­türen das Reich der Parfümflas­chen, Ohrringe und Uhren in dem Warenhaus betritt. „Ja genau, genau“, ruft sie, nickt und ihre Locken wippen mit. Seit 20 Jahren ist sie Mitarbeite­rin in dem großen Geschäft in Augsburg. Sie strahlt ihre Kundin an und deutet auf eine Uhr: „Auf reduzierte Ware gibt es nochmals 20 Prozent!“, sagt sie.

Ein großes gelbes Schild im Schaufenst­er hatte es bereits angekündig­t: „Schlussver­kauf. Finale. Letzte Chance auf viele tolle Angebote“, steht dort in roten Großbuchst­aben. In der Nebenstraß­e wirbt ein Schuhgesch­äft mit Lagerverka­uf bis zu 70 Prozent und eine Dessous-Boutique mit ihrem „Big Sexy Sale“.

Die Geschäfte in der Innenstadt stellen sich bereits auf das Saisonende ein – bei über 35 Grad in den Straßen. Ein Ende der Hitzewelle ist nicht in Sicht, ein Ende der Sommermode schon. Am Montag hat der Sommerschl­ussverkauf (SSV) begonnen. Wie jedes Jahr am letzten Montag im Juli. In der Regel dauert er zwei Wochen, bei manchen Händlern auch vier oder sechs.

75 Prozent der Geschäfte in Schwaben beteiligen sich laut Bernd Ohlmann, Sprecher des Handelsver­bandes Bayern (HBE), dieses Jahr am Ausverkauf ihrer Frühjahrsu­nd Sommerware­n. Ein konstanter Wert. Daran ändere der Online-Handel mit seinen vielen Rabatten nichts, auch wenn er den Druck erhöht habe. „Totgesagte leben länger“, kommentier­t Ohlmann. Das gelte auch für den Schlussver­kauf. Denn die Deutschen seien Schnäppche­njäger, viele hätten nach wie vor im Kopf: „SSV ist gleich Superschnä­ppchen“, sagt der Handelsexp­erte. Was in vielen Fällen stimmt.

Doch dieselbe Schlagkraf­t wie früher habe der Ausverkauf nicht mehr, seit das ganze Jahr über mit Prozent-Aktionen geworben werden dürfe, räumt Ohlmann ein. Aus diesem Grund sagt Peter Frank, Spezialist für den Bereich Mode bei der BBE Handelsber­atung, sogar: „Den Sommerschl­ussverkauf gibt es eigentlich nicht mehr.“Die Kunden bräuchten ihn im Grunde nicht.

Früher waren sowohl Sommerals auch Winterschl­ussverkauf auf zwei Wochen beschränkt. 2004 beschloss die Politik, die Regel aufzu- heben. Der Handel hält davon bis heute nicht viel: „Wir haben immer gesagt, das muss die Ausnahme bleiben“, sagt HBE-Sprecher Ohlmann. Klar: Mit Rabattakti­onen während des ganzen Jahres macht man sich das eigene Geschäft kaputt. Doch ständige Sales sind allein schon deshalb notwendig, weil „im Textilhand­el etwa 30 Prozent zu viel Ware auf dem Markt ist“, weiß Mode-Experte Peter Frank. Die Ware müsse weg, um jeden Preis. Sie werde schnell alt und unmodern.

Aber heuer, immerhin, „ist Petrus ein Freund des SSV“, sagt Bernd Ohlmann. Bei gutem Wetter kaufen viele noch einmal T-Shirts, Sandalen oder Bademode für den nächsten Urlaub. Wie Kundin Yasemin Sancak, die von der Verkäuferi­n mit den Locken gerade einen Bikini einscannen lässt. Am Sonntag fliegt sie in die Türkei. Die Verkäuferi­n zeigt das Preisschil­d: von 59,99 Euro reduziert auf 47,99 Euro, dann auf 29,99 Euro, und an der Kasse gibt es nochmals 20 Prozent.

All die bunten Schilder, großen Buchstaben und Prozentzei­chen locken Kunden also noch? „Auf jeden Fall“, sagt die Verkäuferi­n in dem Augsburger Warenhaus. Nicht nur die Kunden, sondern auch die Mitarbeite­r selbst, gesteht sie.

Das Hauptziel des Handels sei dabei nicht, mehr Umsatz zu machen, erklärt HBE-Sprecher Ohlmann. Es gehe darum, die Lager zu räumen. Die Devise laute: „Alles muss raus.“Denn Einlagern sei viel zu teuer und die Herbst- und Winterkoll­ektionen schon bestellt. Er empfiehlt Schnäppche­njägern deshalb: „Augen auf, auf die Pirsch gehen!“

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Fotos: Stephanie Lorenz Sowohl der stationäre Handel als auch Online Anbieter locken das ganze Jahr über mit Reduzierun­gen, gegen Saisonende sogar mit bis zu 70 Prozent. Ein Vergleich lohnt sich: Online Käufe sind nicht immer günstiger.
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Händler wollen derzeit ihre Lager leeren – eine gute Chance für Schnäppche­nfans.

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