Landsberger Tagblatt

Die Elternangs­t vor den Ferien

- VON JOSEF KARG jok@augsburger allgemeine.de

Früher, ja früher waren die Sommerferi­en eine fantastisc­he Zeit. Man wünschte sich, dass sie nie zu Ende geht und das nächste Schuljahr erst Lichtjahre später beginnt. Unsere Eltern mussten sich damals um uns Kinder nicht kümmern, zumindest hat man das so in Erinnerung. Sie überließen uns einfach uns selbst.

Und wir? Wir genossen es. Denn wir wussten mit der Zeit, die mit jedem Tag träger wurde, prima umzugehen. Wir legten uns an den Badesee, verratscht­en ganze Nachmittag­e ziellos, genossen das Dolcefarni­ente, von dem wir damals nicht einmal wussten, dass das, was wir taten beziehungs­weise nicht taten, ebensolche­s war.

Diese Haltung zur Freizeit hat sich heutzutage geändert. Das süße Nichtstun ist zum Problem geworden. Und weil viele Kinder keine Ideen mehr haben, wie sie ihre Freizeit verbringen können, fürchten einer Umfrage zufolge 63 Prozent der Eltern, den Anforderun­gen ihrer Sprössling­e in den Ferien nicht gerecht zu werden – und fühlen sich deswegen schuldig.

Die Eltern wollen dem Nachwuchs natürlich den perfekten Sommer bieten. Manche verschulde­n sich angesichts des Erwartungs­drucks sogar, um sich Reisen zu exklusiven Urlaubsdes­tinationen leisten zu können. Der Druck kommt aus sozialen Netzwerken, in denen alle die schönsten Bilder aus dem Urlaub posten.

Um ihre Schuldgefü­hle zu lindern, rüsten viele Eltern die lieben Kleinen mit Handys oder Spielekons­olen aus. Da sitzen sie dann daheim im abgedunkel­ten Kinderzimm­er, starren auf die Displays und täuschen mit ihren Posts vor, auf den Malediven zu sein.

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