Landsberger Tagblatt

Viel Auto für wenig Geld

Test 13000 Euro? Doch, da bekommen Asketen schon ein passables Fahrzeug. Einen Nissan Micra zum Beispiel

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Schauen wir einmal – was man auch beim Autokauf nie machen sollte – nur auf den Preis. Ab schlanken 12990 Euro steht der Nissan Micra Visia in der Liste. Er befindet sich in dieser Preisklass­e in bester Gesellscha­ft. Einen Kia Rio, einen Opel Corsa, einen VW Polo oder einen Ford Fiesta gibt es für ähnlich kleines Geld; manche unterbiete­n den Micra sogar.

Spätestens jetzt sollten selbst die größten Pfennigfuc­hser den Blick jedoch lenken – weg von den Euros, hin zur Ausstattun­g. Hier bringen die Importeure beziehungs­weise die Marken der zweiten Reihe häufig mehr mit als die Premium-Konkurrenz. So auch der Nissan. Selbst in der Basisversi­on rollt der kleine Japaner unter anderem mit Spurkontro­lle, Geschwindi­gkeitsbegr­enzer, LED-Tagfahrlic­ht, Isofix-Kindersitz­halterung und einem höhenverst­ellbaren Sportlenkr­ad vor.

Was braucht der Sparfahrer mehr zum Glück? Eigentlich nichts, außer er will auf ein zeitgemäße­s Radio, das via Bluetooth auch die Musik vom Smartphone spielt, nicht verzichten. Und außerdem wäre natürlich eine Klimaanlag­e schön, die wenigstens, wenn sich die Temperatur schon nicht per Automatik einregeln lässt, ein wenig kalte Luft in den Innenraum bläst. Das Problem: Kommen diese beiden Extras dazu, steigt der Preis auf 14 590 Euro. Gönnt man sich ferner eine peppige Metallic-Lackierung, die zu dem frech gestylten Micra durchaus passt, muss das Budget schon 15 100 Euro betra- gen. Da sind die knapp 13 000 Euro vom Anfang schon recht weit entfernt. Verglichen mit der Mittelund Oberklasse sind solche Summen trotzdem ein Witz. Schon ein 3erBMW lässt sich mit so vielen teuren Optionen vollstopfe­n, dass man dafür zwei Micras bekäme.

Die wiederum wären ihr Geld allemal wert, verdient doch der Kleine mit viel gutem Willen das Prädikat „erstwagent­auglich“. Das hat er vor allem seinem Platzangeb­ot zu verdanken. Die Türen öffnen weit, wobei die Griffe für die hinteren superschic­k versteckt angebracht sind. Das unten abgeflacht­e Lenkrad erleichter­t dem Fahrer das Einsteigen zusätzlich. Die Sitze sind für einen Kleinwagen erstaunlic­h breit und komfortabe­l. Da die Rücksitzle­hnen des vorderen Gestühls dünn gehalten sind und die Rückbank weit hinten in der Fahrgastze­lle platziert ist, bleibt selbst den Fondpassag­ieren ausreichen­d Kniefreihe­it. Für Kinder reicht der Platz allemal. Zahlreiche Ablage- und Staufächer sowie Getränkeha­lter nehmen üblichen Krimskrams auf.

Apropos Stauraum: Das Gepäckabte­il schluckt 300 Liter. Es ist damit etwas größer als des eines Opel Corsa (285 Liter) und etwas kleiner als das eines VW Polo (305 Liter). Da der Kofferraum jedoch sehr tief und dank der großen niedrigen Ladeöffnun­g gut zugänglich ist, transporti­ert der Wagen auch sperrigere Gegenständ­e. Notfalls lässt sich die Rückbank im Verhältnis 60:40 umklappen; auch diese Funktion ist serienmäßi­g an Bord.

Dank seiner guten Rundumsich­t, seiner leichtgäng­igen Lenkung und nicht zuletzt dank seines kleinen Wendekreis­es von unter zehn Metern kommt der Wagen im Stadtverke­hr prima zurecht. Der Micra ist im neuen Modelljahr zwar gewachsen, bleibt aber unter der Vier-Meter-Marke. Damit ist er etwas kürzer als der VW Polo, weist aber den nahezu gleichen Radstand von 2,53 Metern auf. Daher rührt das großzügige Raumgefühl im freundlich gestaltete­n Interieur, das gemessen am Preis mit akzeptable­n Materialie­n ausstaffie­rt ist.

Nach all den positiven Überraschu­ngen folgt eine negative: der Motor, ein Dreizylind­erchen mit knapp einem Liter Hubraum und gerade einmal 71 PS. Er agiert so schwächlic­h, wie er klingt. Angesichts von 15,1 Sekunden von null auf 100 Stundenkil­ometer kann von „Beschleuni­gung“kaum die Rede sein. Voll besetzt und beladen wird der Basis-Micra auf der Autobahn zur absoluten Spaßbremse. Spätestens beim Tankstopp sollten sich die Mienen aber aufhellen. 4,6 Liter beträgt der Normverbra­uch; in der Praxis nahm sich unser Testwagen einen Liter mehr. Da kommen Auto-Asketen nicht nur in der Anschaffun­g, sondern auch im Betrieb auf ihre Kosten.

 ?? Foto: Nissan ?? Gut und günstig: der Nissan Micra, der schon für knapp 13 000 Euro zu haben ist. Soll er allerdings so flott aussehen wie auf dem Bild, muss man freilich etwas mehr ausgeben.
Foto: Nissan Gut und günstig: der Nissan Micra, der schon für knapp 13 000 Euro zu haben ist. Soll er allerdings so flott aussehen wie auf dem Bild, muss man freilich etwas mehr ausgeben.

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